Wie ein erstarrter Dinosaurier aus Stahl
und Beton ragt der riesige Klotz am Eingang der Stadt in den
Himmel. Der gewaltige Baukörper scheint die dreispurige
Autobahnzufahrt nach Palma geradezu versperren zu wollen. Die Rede
ist vom künftigen Kongresspalast, der als Rohbau halbfertig ist und
sich nun zum neuen Meilenstein an Palmas erster Meereslinie zu
wandeln beginnt. So, wie früher das Gesa-Hochhaus und in noch
älteren Zeiten die Kathedrale, wächst sich der gezackte Entwurf des
spanischen Architekten Patxi Mangado zu einem neuen Wahrzeichen der
Stadt aus. Der Kongresspalast als emblematisches Erkennungsobjekt
der modernen Hightech-Tourismus-Metropole Mallorca.
Die Frage ist, ob diese hochfliegenden Pläne sich tatsächlich
werden rasch realisieren lassen können. Denn so, wie an der
Kathedrale einige Jahrhundert herumgewerkelt wurde, droht auch der
Bau des Kongresspalastes samt Tagungshotel zu einer langwierigen
Angelegenheit zu werden.
Wie mehrfach berichtet, sind sich der Auftraggeber des Bauwerks,
(die Balearen-Regierung und die Stadt Palma), der Konzessionär (der
mallorquinische Hotelkonzern Barceló) und die Baufirma (Acciona)
seit über einem Jahr uneins in der Fortführung des Projekts. In der
vergangenen Woche wurde die Zahl der auf der Baustelle
beschäftigten Arbeiter nach 120 Entlassungen ein weiteres Mal
heruntergefahren (siehe auch MM 32/2010), so dass dort nach
Gewerkschaftsangaben nur noch ein bis zwei Dutzend Menschen
beschäftigt sind. Die Arbeiten kommen demnach fast vollständig zum
Erliegen. Und dies auf einer Baustelle, die nach der Erstellung des
Rohbaus nun bis zu 500 Arbeiter gut auslasten würde.
Zu dem Streit rund ums Bauwerk gesellen sich politische
Dissonanzen. Der linke Sozialdezernent in Palma, Eberhard Grosske,
denkt laut darüber nach, Barceló mit Finanzsanktionen zu bestrafen.
Palmas Opposition, die konservative Partido Popular, bezichtigt die
sozialistische Bürgermeisterin Aina Calvo der Untätigkeit und
Unfähigkeit. Der Kongresspalast sei nur ein weiterer Beleg, wie
Calvo die Stadt mit Bauruinen pflastere, ätzte ihre Vorgängerin
Catalina Cirer.
Schon vor einem Jahr hatten politische Kommentatoren den
Konflikt kommen sehen und vor einem Baudesaster vor den Toren der
Stadt gewarnt. Im Mai 2009 hatte Barceló völlig überraschend
angekündigt, sich aus dem gemeinsamen Projekt zurückziehen zu
wollen. Bis dahin waren die Rollen übersichtlich verteilt gewesen.
Nachdem der Tourismussektor jahrelang für Palma ein adäquates
Kongress- und Tagungszentrum angemahnt hatte, legte sich die
frühere Balearen-Regierung auf den heutigen Standort fest und
gründete gemeinsam mit der Stadt ein Konsortium zum Bau des
Vorhabens. 30 Millionen Euro brachte die öffentliche Hand an
Projektfinanzierung ein, weitere 90 Millionen Euro sind vom
Konzessionär zu stemmen. Hierbei hatte es sich zunächst um einen
Zusammenschluss von fünf mallorquinischen Tourismus- und Baufirmen
gehandelt. Der Deal für die Konzessionäre bestand darin, den
Kongresspalast und das angegliederte Tagungshotel 40 Jahre lang
betreiben zu können.
Doch nach Baubeginn im Frühjahr 2008 sprang eine Firma nach der
anderen ab, bis zum Schluss Barceló alleine übrig blieb. Als
schließlich auch Barceló dem Projekt den Rücken kehren wollte,
wurde klar, dass damit der Hauptgeldgeber wegfallen würde.
Barceló begründete seinen Sinneswandel mit Änderungen, die
seitens der Politik in das Projekt eingebracht worden waren.
Dadurch - und das ist umstritten - würden für Barceló Mehrkosten
von 30 Millionen Euro anfallen.
Tatsächlich hatte sich nach der ersten Euphorie bald
herausgestellt, dass das 77.000 Quadratmeter große Gebäude nicht so
gebaut werden sollte wie ursprünglich geplant. Die Anzahl der
Betten in dem angegliederten Kongresshotel war erst von 155 nach
oben (285), dann wieder nach unten (268) korrigiert worden.
Probleme gab es zudem mit einem benachbarten Grundstück, auf dem
Teile des Hotels entstehen sollten. Allerdings hatte sich diese
Fläche nie im Besitz der öffentliche Hand befunden. So musste sich
die ehemalige Chefin im Rathaus von ihrer Nachfolgerin vorwerfen
lassen, in der Planungsphase nicht ausreichend die Hausaufgaben
gemacht zu haben.
Es folgten weitere Abstriche wie etwa beim Bau der Tiefgaragen,
die von 656 auf 264 Autostellplätze reduziert wurden. Die Nähe des
Meeres und einsickerndes Salzwasser hätten die Kosten explodieren
lassen. Darum wird der Kongresspalast, der einmal Sitzplätze für
2440 Menschen bieten soll, kaum über Parkplätze verfügen. Als
Ersatz wurde auf den Bau der Straßenbahn verwiesen, die den Palast
in ferner Zukunft direkt anfahren soll.
Unklar ist indessen, wie die nahe Zukunft aussieht. Seit 15
Monaten suchen Stadt und Konzessionär hinter geschlossenen Türen
nach einem Ausweg aus dem Dilemma. Fakt ist, dass die 30 Millionen
Euro der öffentlichen Hand mittlerweile aufgebraucht und verbaut
worden sind. Darum wurden die Bauarbeiten gegen null gedrosselt.
Ein neuer Geldgeber, der anstelle von Barceló einspringen könnte,
ist bislang nicht in Erscheinung getreten. Der balearische
Finanzminister Carles Manera ließ bereits andeutungsweise
durchblicken, dass möglicherweise der Staat die Gesamtkosten von
120 Millionen Euro schultern müsse.
Bei Barceló wiederum verkündete ein Sprecher die Einschätzung,
dass sich eine Einigung bis Oktober erzielen lasse.
Kommt es am Ende zu keiner einvernehmlichen Lösung, werden
vermutlich die Gerichte zu entscheiden haben, ob und wer wie stark
gegen die ursprünglichen Abmachungen verstieß. Ein solcher Prozess
kann Jahre dauern.
Doch selbst bei einer Einigung bis Herbst ist jetzt schon
offenkundig, dass die Eröffnung des Tagungszentrums sich immer
weiter verschiebt. Ursprünglich sollte der Bau 2010 beendet sein,
damit im März 2011 der erste Kongress dort tagen könne. Hierfür war
auf internationalen Tagungsessen bereits eifrig die Werbetrommel
für Palmas "Palau de Congressos" gerührt worden. Dann wurde als
neuer Termin September 2011 ausgegeben. Doch mittlerweile gilt
selbst für diesen Termin eine erneute Verschiebung als weitgehend
sicher.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.