Die Statistiker im spanischen
Tourismusministerium hatten plötzlich einen Grund zum Jubeln: Noch
nie waren in einem Juli so viele ausländische Touristen nach
Spanien und auf die Balearen gekommen. Das war ein neuer Rekord in
zehn Jahren, seitdem das Ministerium die sogenannte Frontur-Studie
veröffentlicht. Hierbei werden alle Ausländer gezählt, die über die
Grenzen und Airports nach Spanien einreisen. Dabei wird nicht
unterschieden zwischen Touristen und anderweitigen Reisenden.
Nach den neuesten Frontur-Zahlen flogen 1'7 Millionen Ausländer
auf den Balearen ein. Das waren 9'2 Prozent mehr als vor einem
Jahr. Spanienweit betrug der Zuwachs 4'5 Prozent. Knapp sieben
Millionen ausländische Reisende wurden in Spanien gezählt.
Der neue Rekord überdeckt, dass die kumulierten Zahlen dennoch
negativ sind: Von Januar bis Juli reisten 0'4 Prozent weniger
Touristen nach Spanien. Auf den Balearen fiel der Rückgang
gegenüber dem Krisenjahr 2009 mit 2'4 Prozent sogar noch größer
aus.
Dass im Juli dennoch deutlich mehr Besucher nach Mallorca und
auf die Schwesterinseln kamen als vor einem Jahr, belegt auch eine
andere Quelle: Nach Angaben des spanischen Statistik-amtes INE
legten die Übernachtungen in den Hotels um 7'7 Prozent gegenüber
Vorjahr zu. Insgesamt wurden allein auf Mallorca 6'8 Millionen
Bettenvermietungen im Juli erfasst.
Die Auslastung der Hotels stieg dadurch im Balearenschnitt auf
85'9 Prozent und war wiederum die höchste in ganz Spanien. Ein
Blick in das Statistische Jahrbuch der Balearen-Regierung macht
jedoch deutlich, dass dieser Wert für die Inseln keineswegs
rekordverdächtig ist. Mit Ausnahme des Krisenjahres 2009 (83'1
Prozent) lag die Auslastung im Juli seit 2005 stets über dem
aktuellen Wert. 2007, noch vor der internationalen Finanz- und
Wirtschaftskrise, waren die Übernachtungsbetriebe sogar zu 93'4
Prozent ausgebucht.
Mallorcas Hoteliers nahmen die Rekordmeldung unterdessen
weitgehend stoisch auf. Eine Verbesserung der Kennzahlen sei immer
positiv, "aber unsere Einnahmen liegen unter denen des Vorjahres",
sagte die Verbandspräsidentin Marilén Pol.
Tatsächlich wurden viele Betten über Rabattaktion und
Preisnachlässe verkauft, die Medienberichten zufolge 20 bis 30
Prozent betrugen. Und dass dennoch viele Sonnenhungrige den Weg
nach Mallorca fanden, liegt auch daran, dass das östliche
Mittelmeer, allen voran die Türkei, komplett ausgebucht war.
"Unsere wahre Herausforderung ist die unternehmerische
Rentabilität", sagte die balearische Tourismusministerin Joana
Barceló. Soll heißen: Es kommen zwar wieder mehr Urlauber, aber sie
lassen offenbar weniger Geld auf der Insel. Schon im Juli
vergangenen Jahres hatten die Hoteliers im Vergleich zu 2008
Einbußen bei den Einnahmen von 2'3 Prozent wegstecken müssen. In
Juli 2010 bestätigte sich der Negativtrend erneut, wenn auch nur
mit minus 0'1 Prozent gegenüber Vorjahr.
Dass die Urlauber weniger Geld ausgeben, wird auch von anderen
Verbänden der Insel beklagt. Die Gastronomen sehen die Schuld bei
der Zunahme der All-Inclusive-Angebote in den Hotels. So sollen die
Wirte und Restaurantbetreiber in diesem Sommer ein Drittel weniger
Umsatz machen als in den Vorjahren. Mallorcas Einzelhandel klagt
über 40 Prozent weniger Geschäfte im ersten Halbjahr. Und Palmas
Taxifahrer haben in diesem Sommer ebenfalls 40 Prozent weniger
Fahrgäste zu befördern.
Die Rekordzahl vom Juli liefert ungeachtet der Erfolge ein
widersprüchliches Bild der Saison. Der August dürfte ähnlich
werden. Auch hier sehen die Prognosen positiv aus. Nachdem im
Sommer 2009 rund 1'2 Millionen Menschen weniger auf die Balearen
reisten, hofft die Tourismusindustrie, 2010 wieder 300.000 bis
400.000 von ihnen zurückerobern zu können.
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