Der 200. Geburtstag ist für Mallorca ein
Grund zu feiern. Immerhin hat der polnische Komponist hier
gemeinsam mit der französischen Schriftstellerin George Sand im
Winter 1838/39 drei Monate auf der Insel zugebracht und (angeblich)
wichtige Werke komponiert. Sands Buch "Ein Winter auf Mallorca" hat
die Insel, hat Valldemossa berühmt gemacht.
Es gibt in diesem Jahr kaum ein Musikfestival, in dem Chopin
nicht gespielt wird. Besonders wird Chopin geehrt bei dem nach ihm
benannten Chopin-Festival in Valldemossa, das in dieser Saison mit
gleich fünf Konzerten aufwarten kann.
Rosa Capllonch, Direktorin des Chopin Festivals in Valldemossa
und Eignerin der Zelle 2 der Kartause, ist zufrieden. Die
Vorbereitungen sind abgeschlossen, der Vorverkauf hat begonnen,
sogar das Budget ist mit 60.000 Euro in diesem Jahr etwas höher als
in den Vorjahren.
"Neben der Unterstützung des Inselrates, des
Tourismusministeriums und der Gemeinde Valldemossa haben wir durch
die Internationale Chopin-Gesellschaft auch finanzielle Hilfe der
polnischen Regierung bekommen."
So konnte sie sich in Ruhe einem Kolloquium widmen, das auf
Schloss Nohant stattfand, dem Wohnsitz von George Sand in
Zentralfrankreich, wo sie auch ihre Kindheit und Jugend verbrachte.
Dort hatten sich internationale Experten versammelt.
"Es ging um die Rolle, die das Schloss in Chopins Leben spielte;
er hat ja dort auch komponiert. Es gab Vorträge zu musikalischen
Aspekten seines Schaffens und Abhandlungen eines Ethnomusikers.
Chopin hat ja auch die Xeremía, den hiesigen Dudelsack auf
Mallorca, gehört."
Aufgrund der Verbindungen der Familie zu Sand und Chopin
besitzen Rosa Capllonch und ihre Familie die größte Privatsammlung
von Dokumenten, Briefen, Zeichnungen zum Thema. Rosa Capllonch hat
in Frankreich rund 150 Kinderzeichnungen von Maurice Sand, dem Sohn
von George Sand, gezeigt: "Im Museum können wir immer nur wenig
präsentieren. Die Zeichnungen dokumentieren die gesamte Reise von
Sand und Chopin nach Mallorca."
Die Geschichte des Chopin-Festivals von Valldemossa ist eng mit
der Geschichte von George Sand und Chopin verbunden. Wenn auch
indirekt. Bartolomé Ferrà und Aina Maria Boutroux waren die
Initiatoren des Festivals. Bartolomé Ferrà Juan war Sohn einer
Familie von Intellektuellen. Auf Anraten seines Vaters besuchte er
eine Kunsthochschule, wurde ein geachteter Landschaftsmaler und
Kunstkritiker. Er war ein enger Freund von Joan Miró.
1917 heiratete er Aina Maria Boutroux, die ihre Jugend auf der
Insel verbracht hatte. 1929 machte sie eine folgenreiche
Bekanntschaft. Sie lernte Aurore Dudevant Sand kennen, die Enkelin
von George Sand. Die beiden Frauen waren sich einig: "Man spricht
nur von Chopin", was bedeutete: "Man spricht zu wenig von George
Sand."
Was sie beiden Frauen zu ändern gedachten. Boutroux ermunterte
Aurore Dudevant, auf Schloss Nohant, auf George Sands Wohnsitz, ein
kleines Museum für Sand und Chopin einzurichten.
Die heutige Zelle 2 der Kartause von Valldemossa gehörte damals
schon der Familie Ferrà. Das Kloster, das seit 1835 in weltlichem
Besitz ist und pro Zelle unterschiedliche Besitzer hat, ist ein
viel besuchtes Museum. Die Besitzverhältnisse der Zellen sind auch
der Grund für einen Rechtsstreit, ob nun Zelle 2 oder Zelle 4 die
"echte" Chopin-Zelle ist. Eine Entscheidung steht im Januar 2011
an.
Die Kartause hat Ambiente und Magie. Für die Besucher. Wer als
Besucher ein wenig genauer hinschaut, bemerkt, dass die Exponate -
Briefe, Möbel, Erstausgaben, Manuskripte, Bilder - in der Zelle 2
Erklärungen und Erläuterungen aufweisen. In der Zelle 4 ist das
kaum der Fall. Dort gibt es allerdings eine
Authentizitätsbescheinigung für das Pleyel-Klavier, das von Chopin
an Bazil Canut verkauft wurde. Sie stammt aus dem Jahr 1953. Was
wiederum Rosa Capllonch zu der Feststellung veranlasst: "Das
Pleyel-Klavier ist falsch."
Aina Maria Boutroux war, ebenso wie Aurore Dudevant,
leidenschaftlich der Musik zugetan. Chopins Pleyel-Klavier war
sowieso in der Kartause vorhanden, ein Flügel kam später hinzu.
Musiker-Freunde waren regelmäßig zu Besuch. Kein Wunder also, dass
immer wieder Konzerte stattfanden, in den dreißiger Jahren
regelmäßig bis zum Ausbruch des Spanischen Bürgerkrieges. In den
Nachkriegsjahren war das wichtigste Konzert im Jahr 1949 zum 100.
Todestag von Frédéric Chopin.
Immer wieder konnte man in Valldemossa mit Namen großer
Interpreten aufwarten: Alfred Cortot, Arthur Rubinstein, Wilhelm
Kempff oder Jean-Pierre Rampal.
1981 begann eine neue Etappe durch die Gründung der
"L'Associació Festivals Chopin de Valldemossa" unter der
Schirmherrschaft von Königin Sofía. Rosa Capllonch hatte viel
Arbeit mit der Vorbereitung des Chopin-Jahres. Die Internationale
Chopin-Gesellschaft organisierte hier ein Symposium; im
Februar/März war der Internationale Chopin-Kongress in Warschau. In
Wroclaw (Breslau) wird es eine Ausstellung aller Plakate des
hiesigen Chopin-Festivals seit 1981 geben.
"Schon 2008 haben wir alle nur möglichen Projekte präsentiert.
Damals hieß es, es gebe auf der Insel keinen Raum für eine solche
Ausstellung", sagt Rosa Capllonch. Nur die traditionellen
"Gegants", riesige Figuren, die Chopin und Sand darstellen, werden
zum Festival gezeigt.
Sie wurden von der katalanischen Künstlerin Esperanza Casas
entworfen, wurden durch katalanische und polnische Institutionen
finanziert. Sie reisen nach dem Festival nach Barcelona zu "Fiesta
de Mercé" und im nächsten Jahr nach Warschau.
DIE TERMINE
Sonntag, 1. August: Sinfonie-Orchester der Balearen unter
der Leitung von Antoni Wit, Direktor des Philharmonischen
Orchesters Warschau. Solist: Iván Martín (Klavier).
Sonntag, 8. August: Elisso Virsaladze (Klavier).
Sonntag, 15. August: Alain Planès (Klavier).
Sonntag, 22. August: Wojciech Switala (Klavier).
Sonntag, 29. August: Rafal Blechacz (Klavier).
Beginn jeweils 22 Uhr im Kreuzgang der Kartause von Valldemossa.
Einlass ab 21.30 Uhr. Eintritt 18 bis 25 Euro. Karten in der Zelle
Nr. 3 der Kartause; Reservierung unter Tel. 971-612351. Oder in
Palma bei Musicasa, Plaça del Fortí.
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