Juan hat seinem neuen Nachbarn Gerd eine
kleine Kiste mit frischer Ernte aus eigenem Garten mitgebracht, ein
paar Tomaten, Peperoni, ein Kürbis ist auch dabei: Beginn einer
spanisch-deutschen Freundschaft in Algaida.
"Dar lo que tiene cada uno": Jeder gibt, was er hat, so die
schlichte wie wirksame Lebensphilosophie des "jardineros" aus
Andalusien, der seit vier Monaten in Algaida lebt. Neulich haben
sie Feigen und Brombeeren getauscht: "Compartir", teilen, heißt ein
anderes Zauberwort beim Freundschaft schließen im Dorf.
Vor allem: Die Chemie muss stimmen, sucht man "una unión buena y
sana", wie Juan Freundschaft definieren würde. Womit er nahe am
Ergebnis einer Studie der Flinders-University im australischen
Adelaide ist, die besagt, dass gute Freunde helfen, das Leben zu
verlängern - intakte Freundschaften sollen für die Lebenserwartung
sogar wichtiger sein als der Kontakt zur Familie.
Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass Freunde ganz und gar
freiwillig füreinander da sind, während Familienbande teils auch
verpflichtend sein können.
"Keine Erwartungshaltung aneinander": Das erlebt auch Gerd
Kalkreuter so bereichernd an der Beziehung zu seiner besten
Freundin Angelika. Seit 1996 lebt der gebürtige Essener auf
Mallorca, der Verbundenheit zur "Abi-Freundin", die er seit 1980
kennt, hat das keinen Abbruch getan: "Wir haben damals gemeinsam
neben unseren Jobs das Abendgymnasium besucht - eine ziemlich harte
Zeit, die uns zusammengeschweißt hat."
Auch wenn beide Seiten heute die Freundschaft pflegen: Abhängig
von der Häufigkeit der Treffen oder nur der Telefonate sei sie
nicht: "Manchmal sehen wir uns mehrmals im Jahr, wir hatten aber
auch schon längere Pausen. Und können immer sofort wieder da
anknüpfen, wo wir das letzte Mal aufgehört haben."
Solche über die Jahre gewachsene Freundschaften seien halt das
Gegenteil der manchmal übereilt geschlossenen "Freundschaften" auf
Mallorca: "Die ,Bussi-Bussi'-Gesellschaft hier und das übliche
sofortige Duzen gaukeln eine Verbundenheit vor, die in Wahrheit oft
nicht gegeben ist." Jeder wolle eben gern und schnell "dazu
gehören", doch äußerliche Rituale können diese Illusion nur kurze
Zeit aufrechterhalten. "Und umso heftiger ist dann meistens die
Enttäuschung, die auf dem Fuße folgt", sagt Gerd, der solche
Entwicklungen auch schon bei einigen Bekannten miterlebt hat.
"Der am weitesten weg ist, mit dem habe ich am meisten zu tun",
erzählt Eschwin von Krosigk, der seit elf Jahren auf Mallorca lebt.
Sein bester Freund Ludger, genannt "Luti" - "Alle meine besten
Freunden enden auf -i, so auch Tobi und Fridi" - , lebt in
Neuseeland. Kennengelernt haben sich die beiden in einer Fünfer-WG
in Bonn 1991, besonders das Hobby Klettern habe sie verbunden:
"Aber dass sich daraus einmal so eine Freundschaft entwickeln
würde, damit hätte ich nie gerechnet."
Solche besonderen Vertrauensverhältnisse, das habe er gelernt,
lassen sich weder planen noch künstlich aufrechterhalten: "Entweder
es passt oder nicht." Trotzdem wird die Männer-Freundschaft
gepflegt - "Wir skypen jeden dritten Tag" -, die Freunde sehen sich
vier- bis fünfmal im Jahr. Und eines weiß Eschwin schon jetzt: "Das
geht, bis wir beide im Schaukelstuhl sitzen."
Elf Jahre Mallorca haben ihm inzwischen auch hier zwei "beste
Freunde" beschert: Paolo (Italiener) und Yves (Franzose) sind die
Ehemänner der beiden besten Freundinnen seiner Frau: "Alle drei
sind Spanierinnen und mit einem Ausländer verheiratet - die Chemie
hat von Anfang gestimmt."
Für Gabi und Jochen Meyer, die seit 2007 zwischen Münster und
Algaida pendeln, haben Freundschaften wieder neue Aktualität: "Die
bestehenden in Deutschland müssen besonders gepflegt werden, weil
wir nun fast unsere ganze Freizeit hier verbringen." In Algaida
suchen sie neue Freunde: "Nur um richtig Spanisch zu lernen, fehlt
uns leider die Zeit."
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