Disco-Drums, dazwischen Latinoklänge,
dröhnen weit über die Plaça Mallorca hinaus. Polizisten regeln den
Verkehr, Menschen rücken weiße Plastikstühle vor der
Riesen-Leinwand in Position: „Public Viewing”-Start in Inca ist
zwar erst in anderthalb Stunden. Fiesta ist schon jetzt.
Die Farbe Rot ist allgegenwärtig, auf T-Shirts, Fahnen,
Perücken. Letzte Hand anlegen, die Gesichter wollen schließlich
noch bemalt werden. Familien, alte Leute, Rollstuhlfahrer und jede
Menge Kinder aller Altersstufen bevölkern allmählich den Platz.
Dass die Großleinwand um 20.25 Uhr immer noch dunkel ist, scheint
hier keinen zu stören, die Kommentatorenstimme ist ja schließlich
schon zu hören. Als sich aber bei Ertönen der Nationalhymnen immer
noch nichts tut, regt sich langsam ein Verdacht. Und tatsächlich:
technischer Defekt. Geguckt wird nun rechts neben der Leinwand auf
dem kleinen Flachbildschirm – bis zur zweiten Halbzeit, wie die
„Technik” kurz darauf gar nicht kleinlaut bekannt gibt.
Macht nichts, das Spiel der Spanier scheint, so kommt es
zumindest den Zuschauern vor, eh auch meistens auf der rechten
Hälfte des Rasens, vor dem deutschen Tor, stattzufinden: Schon um
20.35 Uhr die erste Torchance für Spanien: Ein lautes „Uhii” geht
durch die Menge, knapp daneben. Ab 20.50 Uhr mehren sich die
Aufmunterungsrufe für den, der später die Ecke fürs entscheidende
Tor schießen soll: „Otra vez, Xavi. Mach's noch einmal, Xavi.” Die
Stimmung ist schon jetzt so aufgeheizt, dass die Mehrheit auf ihrem
weißen Plastik sitzen bleibt und sich mit „Ton-”Fußball
zufriedengibt. Was Außenstehenden spanisch vorkommen mag, ist
Fiesta-Wille pur – komme da, was will. Und es kommt.
Die zweite Halbzeit, die nun tatsächlich auf Großleinwand
genossen werden kann, entwickelt sich zunehmend zum Rausch, der auf
ein Wunder setzt: „Villa-Villa, Villa-Maravilla” ertönt es immer
wieder aus Hunderten von Kehlen, obwohl ihr Held, der Torschütze,
später Puyol heißen soll. Während die Deutschen gleich zu Beginn
der zweiten Halbzeit Boateng gegen Jansen austauschen, scheinen
ihre Helden im roten Trikot eine Torchance nach der anderen zu
haben. „Vamonos, vamonos” feuern sie ihre Mannschaft immer wieder
an und „A por ellos, olé”: Auf sie mit Gebrüll. Kurz vor 22 Uhr
erlöst Puyol die Menge: Der Jubel auf der Plaça Mallorca nach dem
spanischen Tor ist ohrenbetäubend.
Die letzte Viertelstunde bleibt nervenaufreibend, die Deutschen
werden besser. Wann immer Podolski im Bild ist, wird ein
„peligroso”- und „atención”-Raunen hörbar: Vorsicht, gefährlich.
Unterschätzt wird der starke Gegner aus Alemania keine Sekunde. Der
Countdown läuft, noch fünf, bald drei Minuten. Und während Jogi
Löws betroffenes Gesicht in Großaufnahme von der Leinwand blickt,
skandiert die begeisterte Menge: „Este Xavi, fiesta!” Und die geht
nach dem Schlusspfiff nahtlos weiter.
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