Das Sparpaket der spanischen Regierung
schlägt auf die Balearen durch. Die von Ministerpräsident José Luis
Rodríguez Zapatero in Madrid verordneten Einschnitte in den
öffentlichen Etats zur Verringerung des Haushaltsdefizits wirken
sich auch unmittelbar auf die Finanzlage des Archipels und seiner
Kommunen aus. Der jüngste Streich, die Deckelung der
Kreditaufnahme, hat in den Gemeinden der Inseln Beunruhigung
ausgelöst. Viele Bürgermeister wissen nicht, wie sie ohne
Neuverschuldung über die Runden kommen sollen.
Zu Wochenbeginn hatte die spanische Regierung im Amtsblatt
„Boletín Oficial del Estado (BOE)” festschreiben lassen, dass die
Städte und Dörfer für aufwendige Vorhaben und Projekte keine
langfristigen Kredite mehr aufnehmen dürften. Ein Fehler in der
Abfassung der BOE-Bekanntmachung ließ die Vorgabe sofort wirksam
werden. Keine 24 Stunden später ruderte die Regierung am Dienstag
zurück und stellte richtig: Das Verbot wurde verschoben auf den 1.
Januar 2011. Es gilt dann exakt ein Jahr, bis 31. Dezember
2011.
Alcúdias Bürgermeister Miquel Llompart verwies auf das Problem,
ohne Geld eine Kommunalverwaltung am Laufen zu halten: „Wir leben
von den Baugenehmigungen. Diese sind um 70 Prozent gesunken. Und
die staatlichen Zuschüsse haben sich in den vergangenen zwei Jahren
auf 700.000 Euro reduziert.”
Das Sparprogramm aus Madrid macht auch der Balearen-Regierung zu
schaffen. Von den rund sechs Milliarden Euro, die Spanien bei
staatlichen Investitionen in öffentliche Projekte einsparen will,
entfällt auf die Inseln ein Anteil von möglicherweise rund 344
Millionen Euro, sagte der balearische Ministerpräsident Francesc
Antich am Mittwoch. Die Zentralregierung habe für 2010
Investitionen auf den Inseln von rund 900 Millionen Euro
beabsichtigt. Es gelte aber als sicher, dass bereits versprochene
500 Millionen Euro für diverse Baumaßnahmen in diesem Jahr sowie
die im Balearen-Statut zugesagten jeweils 200 Millionen Euro für
2009 und 2010 dem Rotstift nicht zum Opfer fallen werden. Nach
Antichs Worten solle es demnach weder an dem Straßenbahn-Projekt
von Palma zum Flughafen noch an dem Vorhaben zur Sanierung der
Touristenmeile Playa de Palma Abstriche geben.
Die Kürzung der Gehälter der rund 55.000 Beamten und Mitarbeiter
im öffentlichen Dienst bedeutet auf den Inseln Einsparungen von
rund 38 Millionen Euro. Nach einer Einigung von Regierung und
Opposition auf Spanienebene hat auch der oberste Kommunalverband
des Königreichs einer Reduzierung der Gehälter für Bürgermeister
und Angestellte zugestimmt. Je nach Einkommenshöhe werden die
Alkalden und ihre Verwaltungsmitarbeiter von Juni an um 0'25 bis
maximal 15 Prozent weniger verdienen.
Antich sieht sich gezwungen, die staatlichen Sparbemühungen
durch eigene Maßnahmen zu flankieren. Zum einen will er einen
Stabilitätsplan für die Jahre 2010 und 2011 auf den Weg bringen, um
die haushaltlichen Verwerfungen infolge von Wirtschaftskrise und
Rotstift-Politik aufzufangen. Zum anderen prüft Antich, die Zahl
der Ministerien und der öffentlichen Behörden zu verringern, wie
das jüngst mit dem balearischen Tourismusamt Ibatur geschehen
ist.
Darüber hinaus werden derzeit auf Balearen-Ebene
Steuererhöhungen geprüft. Angedacht ist eine intensivere
Besteuerung von Jahreseinkommen, die über 53.400 Euro liegen. Davon
wären auf dem Archipel rund 20.000 Menschen betroffen. Im Gespräch
ist auch eine Erhöhung der Erbschaftssteuer von derzeit ein auf
vier Prozent, ab einem Erbwert von einer halben Million Euro.
Danach steigt die Besteuerung gestaffelt nach Höhe des Nachlasses
an: Auf ein Erbe ab drei Millionen Euro entfallen 20 Prozent
Steuern.
Das Sparkonzept aus Madrid löste in Palma Sorge um den
Kongresspalast aus, der derzeit in erster Meereslinie errichtet
wird. Das gemeinsame Vorhaben von Stadt und Archipel benötigt noch
rund 90 Millionen Euro, um vollendet werden zu können. Palmas
Finanzdezernent Andreu Alcover beschwichtigte: Der Bau werde zu
Ende gebracht.
Zapatero will mit seiner Radikalkur das spanische
Haushaltsdefizit bekämpfen. Sein Ziel ist es, 2010 und 2011
insgesamt 15 Milliarden Euro einzusparen und damit die
Neuverschuldung von zuletzt 11'2 Prozent des Bruttosozialprodukts
(2009) bis zum Jahre 2013 auf den zulässigen Höchstwert von 3'0
Prozent zu drücken.
Bei den Gewerkschaften stieß sein Vorhaben nicht auf Gegenliebe.
Sie planen einen Generalstreik für 8. Juni. Die bislang
veranstalteten Protestkundgebungen in Palma fielen indes für die
Gewerkschaftsvertreter entäuschend aus. Am vergangenen Samstag
zogen rund 500 Demonstranten vor den Sitz der Delegation der
Zentralregierung, am Dienstag waren es 400 Angestellte des
öffentlichen Dienstes, die durch das Stadtzentrum marschierten.
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