Die Ausstellung "Deutsche
Expressionisten 1900 - 1930" wurde in der vergangenen Woche in den
Räumen von La CaixaForum im Gran Hotel in Palma eröffnet. Um es
deutlich zu sagen: Die Ausstellung ist eine der besten im Reigen
der immer hervorragenden Schauen von La Caixa.
Die Exponate - 77 Werke von 40 Künstlern - stammen aus der
Sammlung der Kunsthalle Emden, die von dem Verleger Henri Nannen
und seiner Frau Eske gegründet und bestückt wurde. Die gezeigte
Kollektion umfasst Gemälde, Skulpturen, Aquarelle und vor allem
Zeichnungen und Stiche. Die Ausstellung ist in vier Hauptbereiche
aufgeteilt und umspannt in chronologischer Hinsicht zunächst die
wichtigsten Gruppen und Tendenzen der deutschen Kunst jener
Jahre.
Der erste Bereich, die Anfänge des Expressionismus, ist
besonders drei Künstlern gewidmet: Paula Modersohn-Becker, Emil
Nolde und Christian Rohlfs.
Rohlfs (1848 bis 1938) ist der Älteste der gezeigten Maler. Sein
Bild "Tanzende" (1923) zeigt deutlich die Tendenzen des
Expressionismus, den nackten Menschen darzustellen, ohne den zuvor
in der Kunstgeschichte praktizierten mythologischen Kontext. Das
Bild besticht durch heftige Gestik und kräftigen Pinselstrich.
Rohlfs Stillleben sind noch vom Impressionismus geprägt; erst
durch seine Bekanntschaft mit Emil Nolde kam er zum
Expressionismus.
Emil Nolde (1867 bis 1956) kennt man als den Maler der
Blumenstillleben, der Ansichten vom Meer, aber auch der
Menschendarstellungen. Er hatte ein besonderes Gespür für Farbe.
Nolde lebte auf dem Lande, verbrachte aber von 1911 bis 1940 häufig
die Winter in Berlin, besuchte dort Varietés und Theater, ein
beliebtes Thema der Expressionisten. Wie in seinem Bild "Das Paar
in der Loge" (1911), wo Komplementärfarben nebeneinanderstehen, wo
die Gesichter schon fast abstrakte Züge haben.
Die Maler der "Brücke" - Erich Heckel, Otto Mueller, Karl
Schmidt-Rottluff, Ernst Ludwig Kirchner und Max Pechstein -
schlossen sich 1905 zu der Künstlergruppe zusammen. Dadurch wurde
der Expressionismus geboren. Alle diese Künstler waren
Autodidakten, wurden in ihrem Werk einerseits vom Jugendstil,
andererseits von Edward Munch und van Gogh beeinflusst. Sie
trainierten ihre Fähigkeiten, den menschlichen Körper zu zeichnen,
durch das sogenannte Viertel-Stunden-Zeichnen. In den damaligen
Akademien malte man nach Modellen, aber mit viel Zeit. Die
Brücke-Maler hatten eigene Modelle, die alle 15 Minuten ihre Posen
veränderten. So wollten die Maler das Gesamtbild erfassen. Otto
Muellers Bild "Knabe vor zwei stehenden und einem sitzenden
Mädchen" (1922-1926) zeigt erste Einflüsse afrikanischer Masken.
Profil und Nase sind oft nur ein Strich. Es ist ein Verdienst der
Kuratorin Dr. Katharina Henkel von der Kunsthalle Emden, dass
afrikanische Masken aus der Sammlung in der Ausstellung ebenfalls
zu sehen sind.
Das Bild von Otto Mueller gehörte ursprünglich einem jüdischen
Rechtsanwalt, der zu Beginn der Naziherrschaft in Berlin Selbstmord
beging. Zwei Tage vor der Auktion, durch die die Familie das Bild
verkaufen wollte, wurde es von der Gestapo beschlagnahmt und 1937
in der Münchner Ausstellung "Entartete Kunst" gezeigt. Danach wurde
es verkauft.
Henri Nannen wusste von der Geschichte des Bildes nichts, als er
es kaufte, erfuhr erst später davon. Eske Nannen machte sich auf
die Suche nach den Erben und gab das Bild zurück. Da es für die
Sammlung der Kunsthalle sehr wichtig ist, wurde es dank Spenden
später legal zurückgekauft.
Alexej von Jawlensky (1864 bis 1941) stand den Malern des
"Blauen Reiters" nahe, so genannt nach dem von Kandinsky und Marc
1912 gegründeten Almanach. Jawlensky ist vor allem bekannt durch
seine Porträts. Für den gebürtigen Russen war im jugendlichen Alter
die Enthüllung einer Ikone ein Schlüsselerlebnis, das sein Werk
bestimmte. Zunächst, so lange er in Deutschland lebte, waren seine
Porträts noch definierbar, später, nach der Emigration in die
Schweiz, wurden sie immer abstrakter, Gesichter wurden nur noch
durch Balken und Flächen dargestellt. Auch das ein Einfluss der
afrikanischen Masken.
Das wichtigste Motiv im Werk von Franz Marc (1880 bis 1916) sind
Tiere, insbesondere Pferde. "Die Blauen Fohlen" (1913) stehen unter
dem Einfluss des Kubismus. Im Gegensatz zu den "Brücke-Malern"
schauten die Künstler des "Blauen Reiter" nach Paris zur Avantgarde
um Picasso und Juan Gris. Die grafische Formensprache wird bestimmt
durch Dreiecke und Kreise, die Farbgebung ist rein
expressionistisch.
Viele Künstler waren freiwillig in den Ersten Weltkrieg gezogen
- Franz Marc und August Macke fielen -, erhofften sich reinigende
Wirkung für Deutschland - und kamen traumatisiert zurück. Diese
Erlebnisse, die Zeit nach dem Krieg mit Gewalt und
Wirtschaftskrise, haben sie in ihren Arbeiten in "Neuer
Sachlichkeit" verarbeitet.
In seinem Bild "Ohne Titel" zeigt George Grosz (1893 bis 1959)
diese Welt: Spiel, Drogen, Prostitution, Gewalt. Bitter und böse
und überaus deutlich.
Von kaum einer Frau gibt es so viele Porträts wie von Mathilde
Kaulbach, Tochter des Malers Kaulbach und zweite Ehefrau von Max
Beckmann (1884 bis 1950). Ihr Spitzname "Quappi", ein Wortspiel,
angeregt durch "Kaulbach" und "Kaulquappe", ist auch der Titel
eines Bildes der Ausstellung. Beckmann, dessen Werk von den Nazis
als "entartet" eingestuft wurde, hat seine Frau mehr als 40-mal
gemalt oder gezeichnet.
"Blinder Bettler im Café" (1927) heißt ein Bild von Josef Scharl
(1896 bis 1954), der in die USA emigrieren musste und von Henri
Nannen schon früh wiederentdeckt wurde. Das Bild ist
Gesellschaftskritik pur: Der blinde Bettler links oben, daneben ein
Mann, der ein paar Streichhölzer verkaufen möchte, zwei Invaliden,
denen der Kellner - der das Gesicht von Adolf Hitler trägt, der zu
jener Zeit als Kellner arbeitete - die Tür weist. Ansonsten werden
die Armen von den Begünstigten nicht einmal wahrgenommen. Man sagt,
dass einige der Dargestellten die Gesichter von hochrangigen
Politikern der Weimarer Republik tragen.
"Deutsche Expressionisten 1900 - 1930 Sammlung Kunsthalle Emden"
im CaixaForum Palma, Gran Hotel, Plaça Weyler 3. Geöffnet bis 11.
April von Montag bis Samstag von 10 bis 21 Uhr, Sonntag von 10 bis
14 Uhr.
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