MM: Mit "niemand" meinen Sie das Konsortium zur Sanierung der
Playa de Palma!?
Marín: Ich meine damit das Konsortium, das balearische
Tourismusministerium, die spanische Regierung, all diejenigen, die
stets behaupten, dass die Playa de Palma der 'Leuchtturm' der
touristischen Welt am Mittelmeer zu sein hat. Nichts ist es mit
diesem Leuchtturm.
MM: Die Hoteliers sind enttäuscht, wütend, frustiert?
Marín: Vor allem enttäuscht. Abgesehen von der Wirtschaftskrise
haben wir noch andere Probleme, und sie werden nicht angegangen.
Fluggesellschaften geben Verbindungen mit Palma auf. In diesem
Winter gibt es keinen einzigen britischen Reiseveranstalter, der
Mallorca anfliegt. Sie fliegen nach Ägypten, Tunesien, Türkei. Das
ist das, was sich diesen Winter abspielt. Und wenn keine Maßnahmen
ergriffen werden, wird auch noch der kommende Sommer so enden wie
dieser Winter.
MM: Sehen Sie nicht alles sehr schwarz?
Marín: Ich sehe, dass, wenn nichts unternommen wird - und es wird
nichts unternommen - die Lage sich nicht verbessern wird. Sie wird
sich verschlechtern.
MM: Was ist zu tun?
Marín: Was zu tun ist? Vor fünf, sechs Jahren versprachen die
Behörden große Projekte. Andere touristische Destinationen, von
denen es schien, sie könnten uns keine Konkurrenz machen, haben uns
mittlerweile eingeholt. Und wir zogen mit ihnen im Negativen
gleich: Denken Sie nur an die ETA-Bombenattentate vom Sommer. Es
entsteht nicht gerade der Eindruck, dass wir uns verbessern. Eher
das Gegenteil ist der Fall. Wir werden uns 2010 wahrscheinlich
weiter verschlechtern.
MM: Noch einmal die Frage: Was fordern Sie konkret?
Marín: Ich weiß nicht, was das Konsortium, die Balearen-Regierung,
die spanische Regierung, die Europäische Union hier tun müssten.
Uns an der Playa de Palma wäre schon mit drei schlichten Dingen
geholfen. Erstens: Dass das Meerwasser so sauber ist wie am
Es-Trenc-Strand. Und nicht so gelb-braun, wie an vielen
Sommertagen. Zweitens: Eine perfekte Sauberkeit. Kein Stück Papier
auf der Straße! Und drittens: Dass die Urlauber hier unbehelligt
spazieren gehen können, ohne von Prostituierten, Taschendieben und
Schlägern attackiert zu werden.
MM: Und die Sanierung der Playa de Palma?
Marín: Wenn die drei genannten Probleme behoben wären, wäre es
nicht notwendig, hier eine Straßenbahn zu bauen oder große Dinge zu
errichten. Wären diese drei Probleme gelöst, wäre ich mehr als
zufrieden.
MM: Klingt eigentlich alles so einfach...
Marín: Man kann die erste, zweite und dritte Meereslinie noch so
sehr aufmöbeln und sogar eine Magnetschwebebahn errichten, die
Palma in drei Minuten erreicht; aber wenn man die drei Probleme
nicht löst, wird die gesamte Zone für Touristen nach wie vor an
Attraktivität nicht dazugewinnen.
MM: Eine Sanierung, so wie sie in den schönen bunten Skizzen
der Projektplaner angedacht ist, würde die Playa de Palma nicht
attraktiver machen?
Marín: Wenn eine Sanierung hier höhere Preise bringt, schön und
gut. Aber die Sache ist die: Andere Destinationen haben auch
weiterhin ein niedrigeres Preisniveau als wir. Wenn die dort
darüber hinaus Probleme wie Sauberkeit und Sicherheit im Griff
haben, werden wir unsere Besucherzahlen nicht steigern können. Sie
werden sinken.
MM: Sie werfen den Behörden Untätigkeit vor. Sind nicht auch
die Hoteliers verpflichtet, sich für eine Verbesserung der Playa de
Palma zu engagieren? Gewerkschafter werfen den Unternehmern vor, an
Mallorca kein Interesse mehr zu haben und ihr Kapital lieber in der
Karibik und in Asien zu investieren.
Marín: Unternehmer investieren ihr Geld in der Hoffnung, dass es
sich rentiert. Die Leute, die hier investieren sollen, müssen die
Möglichkeit erhalten, dass sich ihre Investition langfristig lohnt.
Und es ist nicht so, dass sie nicht investieren. Vor zehn Jahren
gab es an der Playa nur ein Vier-Sterne-Hotel. Jetzt sind es 14.
Und bis 2011 sollen noch vier oder fünf hinzukommen. Aber wenn die
Zone für Investitionen besser wäre, dann wären es vielleicht sogar
40 Hotels
MM: Die Geschäftsführerin des Konsortiums, Margarita Nájera,
will die Zahl der Hotelbetten an der Playa de Palma von 40.000 auf
20.000 halbieren. Wie sehen Sie das?
Marín: Das ist ja gut und schön, aber auch bis zu Ende gedacht?
Denn ebenso könnte man argumentieren: Es besteht ein Überangebot an
Läden, Restaurants, Diskotheken und Gebäuden. Soll man die auch
alle um die Hälfte reduzieren? Man kann nicht die Hälfte der Betten
streichen, ohne zu glauben, dass alle anderen Betriebe davon
weiterleben könnten.
MM: Das heißt, die Hoteliers sind gegen diese Pläne?
Marín: Es gibt welche, die halten sie für richtig, und andere, die
halten sie für falsch. Ich als Präsident kann beide Richtungen gut
nachvollziehen.
MM: Aber lassen sich die Hotelbetten zahlenmäßig so leicht
halbieren?
Marín: Mit einer guten Finanzierung ist das sehr wohl möglich.
Denken Sie nur an die Gelder, die es einst gab, um in der EU den
Überschuss an Milchkühen zu verringern.
MM: Stimmt es, dass die Reiseveranstalter den Druck auf die
Hoteliers erhöht haben?
Marín: Ohne jeden Zweifel. Das war schon bei den Preisverhandlungen
für 2009 und erst recht für 2010 der Fall. Es gibt Hotels der
oberen Kategorie, die sind gezwungen, Preise zu akzeptieren wie für
ein Haus der unteren Kategorie.
MM: Wie wird das alles weitergehen?
Marín: Ich werde 2010 zur Saison wieder öffnen, und die anderen
Hotelierskollegen selbstverständlich auch. Die Frage ist nur: Wie
lange können wir gegen den Druck der anderen Ziele am Mittelmeer
bestehen? Als die Staaten von Alt-Jugoslawien sich neu etabliert
hatten, machten im Jahr darauf sieben Millionen Deutsche Urlaub an
der Adriaküste. Wir waren auch Nutznießer früherer Terrorprobleme,
etwa in der Türkei. Das war 2008 und 2009 nicht mehr der Fall.
Darum hatten wir auch weniger Urlaubsgäste.
MM: Ist es nicht an der Zeit, dass sich die Unternehmer,
Gewerkschafter und Politiker zusammenraufen, um gemeinsam den
Karren aus den Dreck zu ziehen?
Marín: Einen solchen Zusammenhalt gibt es derzeit nicht.
Stattdessen werden dieselben Taktiken wie immer angewandt, um
Touristen anzulocken. Wir haben nichts Neues geboten. Das Projekt
des Konsortiums zur Sanierung der Playa de Palma ist fantastisch.
Aber es ist ein sehr groß angelegtes, langfristiges Vorhaben. Und
wir müssen schon 2010 über die Runden kommen. Ganz zu schweigen von
2011, wenn wieder Wahlen sind. Egal, wie auch immer sie ausgehen:
Die Politik geht ihren Weg, und das wirkliche Leben geht seinen
Weg. Mit Francisco Marín sprach Alex Sepasgosarian
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