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Mallorcas Einzelhändler sind der Krise überdrüssig und holen, so scheint es, zum Gegenschlag aus. „Riete de la crisis, lach' die Krise aus”, fordern sie potenzielle Käufer per Plakat im Schaufenster auf. In den Einkaufsstraßen der Altstadt sind derzeit zahlreiche Preisaktionen zu entdecken, mit denen findige Verkäufer ihre Waren an den Mann, die Frau zu bringen versuchen.

Wer jetzt (noch) Geld in der Tasche hat, kann sich in der Balearen-Metropole auf Schnäppchenjagd begeben wie höchstens zur Hochsaison der Winter- oder Sommerschlussverkäufe. Das ist etwa in einem Bekleidungsgeschäft in der Vía Sindicat in Palma der Fall. Beim Kauf eines Wäschestücks bekommt man ein zweites davon um die Hälfte billiger. Im Klartext: Der Laden lockt mit einem Preisnachlass von 25 Prozent. „Das kommt schon an”, sagt die Inhaberin, die die Preisaktion vor zwei Wochen startete und sie bis 3. Mai befristet, „die Nachfrage zieht an.”

Frauen finden mit Glück ihre neuen Pumps um bis zur Hälfte günstiger, als die Stöckelschuhe normalerweise kosten. Mitunter locken die Schuhverkäufer gar mit Ramschpreisen von fünf Euro pro Lederware im Leopardenlook.

Wer wachen Blickes durch die Stadt läuft, stößt immer wieder auf Hinweisschilder im Schaufenster. Strumpfhose ab einem Euro, Bikini ab zehn Euro, Jeans ab 19 Euro, alles soll raus. Während der eine Bekleidungsladen seine Waren um 20 Prozent reduziert, gewährt die Parfümerie gegenüber bei Einkäufen von über 50 Euro Rabatte von fünf Euro.

Die Händler setzen die Preisnachlässe wie Lockstoffe ein. Es sind vor allem die kleineren Läden, die damit auf Kundschaft hoffen. Geschäfte mit Markenartikeln scheinen sich dagegen vornehm zurückzuhalten. Internationale Brands zu Tiefstpreisen sind eher die Ausnahme.

Weiter fällt auf, dass in manchen Geschäften nach Personal gesucht wird. „Der Sommer kommt, und wir brauchen Verstärkung”, sagt eine Verkäuferin, „wir hoffen, dass mit den Touristen die Nachfrage richtig anzieht.”

Eine Besserung der Lage tut nach Angaben des Einzelhandelsverbandes Pimeco dringend not. Allein in den vergangenen sechs Monaten erlösten die Geschäftsleute 150 Millionen Euro weniger Umsätze, 60 Millionen Euro davon allein im Januar und Februar. Der Umsatz des 1. Quartals 2009 werde um 100 Millionen Euro niedriger ausfallen als sonst. Vor der Krise setzten die Geschäfte im Jahr rund 3'5 Milliarden Euro um. Allein 2008 büßte der kleine und mittelständische Einzelhandel über 1500 Arbeitsplätze ein.

Die Preisnachlässe, mit denen der Handel gegen die Zurückhaltung der Konsumenten ankämpft, spiegeln sich auch in der offiziellen Inflationsstatistik wider. Im März sank die Teuerungsrate in Spanien erstmals seit Beginn der Aufzeichnungen in den Negativbereich. Der Wert betrug minus 0'1 Prozent, acht Zehntelpunkte weniger als im Februar. Vor einem Jahr hatte die Inflationsrate noch 4'5 Prozent betragen. Der Höhenflug bei den Erdölpreisen sollte sie bis August 2008 noch auf 5'3 Prozent steigen lassen.

Die Preissenkungen, mit denen der Handel um Käufer wirbt, sind längst nicht auf die Kleinkrämer beschränkt. Auch die großen Kaufhäuser und Handelsketten wollen mit Aktionen und Rabatten punkten. „Und für einen Euro mehr” nennt sich die Aktion des Supermarktes Carrefour, unter anderem für Fernsehgeräte. Wer sich beispielsweise ein 42-Zoll-Bildschirmgerät für 749 Euro zulegt, erhält für einen einzigen Euro zusätzlich ein 19-Zoll-Gerät derselben Marke obendrein. Weitere Beispiele: Zum Bett von 79 Euro gibt es mit dem Zusatzobolus die Matratze dazu, zum Schreibtisch von 39 Euro geht auf jene Weise der Bürostuhl mit, die Hose für 15 Euro paart sich beim Ein-Euro-Plus mit dem passenden T-Shirt.

Mit Tiefstpreisen bewerben Kaufhausketten derzeit auch Preiswertmarken für Lebensmittel und Drogeriemarken. Selbst El Corte Inglés brachte Ende 2008 eine eigene Günstig-Marke heraus.

Die Gastronomie sieht dem Treiben der Händler nicht untätig zu. Beim Besuch von Bars und Restaurants ist mitunter festzustellen, dass die Betreiber ihre Preise gesenkt haben. So mancher Wirt gibt sich regelrecht kämpferisch. Mit Sonderaktionen wie Bier und Tapa für 1'50 Euro hoffen sie auf rege Nachfrage, um zumindest ihre Kosten decken zu können. Der Name der Aktion ist Programm: „Precios Anticrisis”.