Die „Landshut”-Entführung begann auf Mallorca. Schon eine Woche
vor dem Start der Maschine waren die Terroristen auf die Insel
gekommen. Nach außen hin gaben sie sich wie gewöhnliche
Urlauber.
Der erste der vier palästinensischen Flugzeugentführer war
bereits am 6. Oktober in Palma eingetroffen. Der Mann nahm sich ein
Zimmer im Hotel Saratoga am Paseo Mallorca. Er legte einen falschen
iranischen Pass auf den Namen Ali Hyderi vor. Tatsächlich handelte
es sich um Zohair Youssif Akache, „Kapitän Martyr Mahmud”.
Die drei übrigen Mitglieder des Terrorkommandos trafen in den
Folgetagen in Palma ein.
Souhaila Andrawes wohnte zunächst ebenfalls eine Nacht im Hotel
Saratoga, dann zogen Akache und die Frau ein paar Meter weiter ins
Hotel Jaime III. Nabil Harb und Nadia Duaibes stiegen am Paseo
Marítimo im Hotel Costa Azul ab, Andrawes wechselte später noch
einmal ins unweit gelegene Hotel Bellver. Nach späteren Aussagen
der Überlebenden Andrawes war es die deutsche RAF-Terroristin
Monika Haas, die den Palästinensern in Palma Schusswaffen und
Sprengstoff für die Flugzeugentführung aushändigte. Schauplatz sei
das Hotel Costa Azul gewesen. Die Waffen wurden in
Pralinenschachteln mit Schokolade überreicht.
Nabil Harb alias „Riza Abbasi” besucht nach Darstellung des
RAF-Experten Stefan Aust („Der Baader-Meinhof-Komplex”) jeden Tag
in Palma Reisebüros. Er will unbedingt mit Lufthansa nach Frankfurt
fliegen und bucht schließlich zwei First-Class-Tickets für den Flug
181 am Donnerstag, 13. Oktober. Gleichzeitig kaufte „Kapitän
Mahmud” zwei Tickets, Economy, für den Flug nach Frankfurt.
In ihrer übrigen Zeit bewegten sich die vier Terroristen, wohl
auch, um keinen Argwohn zu wecken, wie gewöhnliche Touristen durch
Palma. Sie fotografierten sich gegenseitig am Yachthafen oder auf
der Stadtmauer unterhalb der Kathedrale. Gegenüber MM
erinnerte sich 1997 der Portier des Hotels Costa Azul, Francisco
Cantallops, wie er den beiden vermeintlich iranischen Paaren
Tickets für eine Flamenco-Show verkaufte. Sie fand im Pueblo
Español im nachgebauten Wahrzeichen Sevillas, dem Torre de Oro,
statt. Es ist nicht die einzige Erinnerung, die die Entführer aus
Palma mitnahmen. An einem Kiosk in der Stadt kauften sie T-Shirts
mit dem Konterfei des 1967 getöteten Revolutions-Heroen Che
Guevara. Es sind die Baumwollhemden, die die Terroristen später in
der „Landshut” tragen.
"Das wird nie vorbei sein"
Auch sie gehörten 1977 zu den 84 Geiseln an Bord der „Landshut”:
Jutta Knauff, Beate Keller, Diana Müll und Dorothea
Selter
Mallorca - Vor dem Unglücksflug am 13. Oktober hatten die
vier Freundinnen an einer „Miss-Wahl” in einer Discothek in Peguera
teilgenommen. Auf dem Heimflug nach Frankfurt wurde der
unbeschwerte Mallorca-Urlaub zum lebenslangen Trauma. Und eine
Erinnerung, über die sie immer wieder sprechen, um die Bilder zu
verarbeiten.
Auch im vergangenen Jahr trafen sich die vier Frauen erneut auf
Mallorca. Und obwohl sie gemeinsam in der Maschine saßen: „Jede von
uns erzählt eine andere Geschichte.” Auch die seelische Bewältigung
schaffte jede auf ihre Weise. Während Dorothea Selter jahrelang
nicht über das Erlebte sprechen konnte, hat Diana Müll sogar ein
Buch darüber geschrieben: „Mogadischu. Meine Befreiung aus Terror
und Todesangst.” Einer der Kidnapper hielt ihr eine Pistole an die
Schläfe, zählte von zehn auf eins, um sie zu töten, falls der Tower
sich weigerte, die Maschine aufzutanken. Bilder, die lebenslang im
Gedächtnis bleiben, sagt Beate Keller. Immer wieder habe sie
gedacht, „das müsse doch mal vorbei sein.” Aber: „Das wird nie
vorbei sein.”
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