Besser, man denkt nicht dran, wo sie einmal
landen werden: Höchstwahrscheinlich als zart auf der Zunge
zergehendes Stück Fleisch auf dem Teller eines mallorquinischen
Gourmet-Restaurants. Aber dieses Bild sollte man besser verdrängen,
wenn man vor diesen massigen Tieren steht: tiefschwarzes Fell,
glänzende Schnauze, samten-treue Augen. Zum Liebhaben schön. "Na
Mädels?", Christoph Nawrocka stapft mit Gummistiefeln zu den
Rindern hinter den Elektrozaun, schaut nach ihnen. Die 14 Kühe -
sieben schwangere ausgewachsene Tiere und ihre sieben Kälber - sind
frisch Zugezogene.
Und auf Mallorca die Ersten ihrer Art. Aberdeen Angus ist eine
Rinderrasse, die um 1870 in Ostschottland gezüchtet wurde. Die 14
Damen aber, die jetzt friedlich auf den Weiden der rund 20 Hektar
großen Finca Son Mayol in Establiments grasen, sind junge
Bayerinnen. In zwei großen Transportern sind sie am vergangenen
Wochenende aus dem Donaumoos bei Ulm angereist: Und sie sind
Christoph Nawrockas ganze Hoffnung, die weit verbreitete
Fleischtierrasse endlich auch auf Mallorca anzusiedeln. Sie sind
das Herzstück der Firma "Ecocultius". Unter diesem Namen will der
25-jährige Landwirtschaftsingenieur aus Mecklenburg-Vorpommern
neben den Rindern auf der Finca künftig auch weitere Bio-Produkte
anbieten: Das Gelände verfügt über viele Mandel- und
Johannisbrotbäume, auch eine Versuchsfläche mit Wein gibt es.
Das Ansiedeln der Angus-Kühe jedenfalls steht unter einem guten
Stern: Ihr Mutterhaus, die Züchterei von Bernhard Delle, gilt als
eines der besten überhaupt. Insider nennen Delle, den 46-Jährigen,
dem es gelingt, seinen Beruf als Metzgermeister und seine
leidenschaftliche Tierliebe auf sensible und einfühlsame Weise
unter einen Hut zu bringen, auch den "Rinderflüsterer". Delle
lacht, wenn man ihn darauf anspricht: Es sei nichts Geheimnisvolles
an seiner guten Beziehung zu den Tieren - er bemühe sich lediglich
intensiv darum, Vertrauen zu ihnen aufzubauen. Seine rund 300
Rinder - alle haben einen Namen, der Zuchtbullen-Champion heißt
Gustl - hätten noch nie in irgendeiner Art Gewalt erfahren, dadurch
sei eine sehr harmonische Beziehung zu den Menschen möglich:
"Unsere Zuchtbullen haben um die 1400 Kilo, aber die laufen neben
uns her wie die Lämmer." Gleichzeitig richtet Delle seine Zucht
aber auch daraufhin aus, Tiere mit besonders ausgeglichenem
Charakter zu zeugen. "Wenn ein Tier nervös ist, dann schreckt es
leicht auf, kommt in Stress. Und das wirkt sich dann negativ auf
die Fleischqualität aus."
Für diese ist das Angus-Rind bekannt: Weil das Tier schnell Fett
einlagert und das intramuskulär, das Stück Fleisch also überall
gleichmäßig marmoriert ist und das Fett somit optimal als
Geschmacksträger fungieren kann, ist das Aroma und der Zartschmelz
besonders ausgeprägt.
Darüber hinaus ist die Art der Aufzucht für die Fleischqualität
entscheidend. Delle betreibt Mutterkuhhaltung, in der auch die
mallorquinischen Rinder aufwachsen werden: Die Kühe tränken ihre
Kälber so lange, bis diese selbst tragen. "Diese Art ist nicht nur
natürlicher, weil die Tiere den Müttern nicht entrissen werden -
die Muttermilch ist auch das beste Kraftfutter und macht das
Fleisch ganz zart." Das erste Fleisch - ein Rind bringt um die 300
Kilo - wird es auf der Insel aber erst im Herbst geben. In Zukunft,
mit Hilfe von frisch angeliefertem und gekühltem Champion-Sperma,
sollen bis zu 30 Rinder auf den Weiden der Finca heranwachsen:
Einen Stall braucht die Ro-bustrasse nicht. Dass sich die Tiere auf
der Insel gut ansiedeln werden, daran hat Delle keine Zweifel:"Ich
habe extra belastbare mütterliche Tiere ausgesucht", erzählt er,
"Kühe, die leicht zu handeln sind und sich auch mit den nicht so
üppigen Weiden der Insel zufriedengeben werden."
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