Man ist stolz auf Mallorca - vor allem auf das
architektonische Erbe der Insel. Kathedrale, Schloss Bellver, die
Lonja und: die Patios. Die wichtigsten von ihnen wurden zwischen
dem 17. und 18. Jahrhundert errichtet, einige schon im 15. und 16.
Jahrhundert. Manche haben sich im Laufe der Zeit baulich verändert,
andere sind noch so wie zur Bauzeit.
Das klassische Arrangement sieht so aus: Um den Patio, den
viereckigen Innenhof, gruppieren sich die einzelnen Bauteile der
Palacios. Zur Galerie im ersten Stock führt meist eine schön
geschwungene Treppe. Unabdingbar ist der Brunnen im Innenhof, der
allen Bewohnern zugänglich zu sein hat. Die Größe des Patio ergibt
sich natürlich auch aus dem Reichtum der Bauherren. Zudem gab es
die Forderung, dass mindestens 25 Reiter samt ihren Pferden bequem
im Innenhof Platz finden müssen - ein Erbe aus ritterlichem
Zeitgeist. Fackeln, die den Hof erhellen sollten, mussten so
angebracht sein, dass man auch hoch zu Ross darunter herreiten
konnte.
In der ersten Etage, der sogenannten "Planta Noble", wohnte die
Familie, im Stock darüber das Gesinde. Der nach italienischem
Muster darüber befindliche Halbstock diente als Lagerraum.
Auffallend sind die "mallorquinischen" Halb- oder Korbbögen:
Eine Stilbesonderheit, die sich aus dem für die Konstruktion
verwendeten Material ergab. Der Sandstein aus Santanyí, dem auch
die Kathedrale viel von ihrer Schönheit zu verdanken hat, ließ sich
nicht zu den italienischen Renaissance-Bögen zwingen, sondern nur
zu in der Höhe abgeflachten Bögen verarbeiten.
Die Fassaden sind durchweg schlicht, gelegentlich mit einer
Loggia, wie beim Palacio Solleric oder beim Consulado del Mar
versehen. Schlicht auch die Portale, die metallene, manchmal
vergoldete Türklopfer aufweisen. Das arabische Wort "aldaba" -
Türklopfer - weist daraufhin, dass diese Art von Klingelknopf schon
bei den Arabern Sitte war.
Immer wurden die Innenhöfe von Gärten ergänzt, deren Größe sich
nach der Größe des Palacios richtete. Erst waren die Gärten reine
"Huertas" - Nutzgärten. Erst später wandelte sich ihre Funktion zum
Ziergarten, in dem sich auch die Besitzer mit ihren Gästen
versammeln konnten.
Ein Aspekt in der Geschichte der Patio hat sich vollends
geändert: ihre Funktion. Einst dienten sie dem Ausgleich zu den
Gegebenheiten der Straße. Nicht nur als Schmuck, sondern auch als
Raum für Verkauf, Zugtiere und Kutschen, dazu als Verkaufsraum für
durchreisende Handelsleute. Tagsüber standen sie immer offen, es
herrschte ein ständiges Kommen und Gehen. Diese Traditionen gingen
jedoch spätestens in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
verloren.
In den vergangenen Jahrzehnten haben die Paläste und damit die
Innenhöfe eine Renaissance erlebt. Nachdem sich viele Besitzer
nicht mehr in der Lage sahen, Erhalt und Wartung der Palacios zu
finanzieren, wurden viele der historischen Häuser modernisiert und
zu sehr feinen, modern ausgestatteten Apartments umgewandelt. Heute
sieht man an den Türen zur Straße meist mehr als nur eine Klingel.
Es ist chic, im historischen Stadtkern zu wohnen, wenn auch nicht
gerade preiswert.
Rund sechzig Patios im historischen Stadtkern, rund um die
Kathedrale, aber auch in der sogenannten Unterstadt zwischen Carrer
Unió, Avenida Jaume III. und der Rambla, sind Jahr für Jahr in der
Zeit rund um Fronleichnam der Öffentlichkeit zugänglich. MM
hat zehn für Sie ausgewählt:
Can Juny, Carrer de Can Savellá 13: Einer der ältesten Innenhöfe
der Stadt, errichtet im 16. Jahrhundert aus weitaus älterer
Bausubstanz. An den Säulen sind heute noch die Wappen der
Besitzerfamilien Juny und Berga zu sehen. Dokumenten zufolge ist
Kaiser Karl V. hier zu Gast gewesen.
Can Vivot, Carrer de Can Savellá 4: Dies ist ein Beispiel für
einen der ganz großen, sehr noblen Innenhöfe, entstanden zu Beginn
des 18. Jahrhunderts. Der Innenhof ist streng viereckig und hat im
ersten Stock Loggien an allen Seiten. Die Haupttreppe öffnet sich
nach zwei Seiten.
Can Dusai, Carrer de Can Dusai 3: Das Gebäude stammt aus dem 16.
Jahrhundert. Der extrem große Flachbogen wurde im 17. Jahrhundert
zugefügt, weitere bauliche Veränderungen folgten 100 Jahre später.
Auch hier ist das Familienwappen der Dusais wichtiges Element.
Besonders schön ist der Treppenaufgang.
Cal Marqués de la Torre, Carrer de la Portella 14: Hier wird
deutlich sichtbar, wie häufig Stadtpaläste baulich verändert
wurden. Die elliptische Treppe in den ersten Stock stammt aus dem
19. Jahrhundert, während der Bau selbst schon im 17. Jahrhundert
errichtet wurde. Erkennbar war ein Baumeister vom spanischen
Festland am Werk.
Can Oleza, Carrer den Morey 9: Palmas "Vorzeige-Patio", der
viele Jahre lang geöffnet war, jetzt aber auch in Privatbesitz ist.
Hier setzen vor allem Brunnen, Treppe mit schmiedeeisernem Geländer
und Bögen Akzente. Dieser Innenhof vom Ende des 18. Jahrhunderts
war für viele andere Patios der Stadt richtungsweisend.
Confraría de Sant Pere i Sant Bernat, Carrer de Sant Bernat 1:
Das ehemalige Priesterhospital aus dem 18. Jahrhundert zeichnet
sich durch eine Barockfassade mit Skulpturen aus. Die Säulen im
Innenhof haben ionische Kapitelle. Im ersten Stock befinden sich
Rundbögen und Balustrade. Der Zugang zum Garten erfolgt hier direkt
vom Innenhof
Can Muntanyans, Carrer de Sant Bernat: Ein Portal mit einem sehr
flachen Bogen führt in den Eingangsbereich dieser Residenz der
Stiftsherren der Kirche, errichtet im 17. Jahrhundert. Auf einem
Rundbogen befinden sich Familienwappen. Die Treppe zum ersten Stock
ist ungewöhnlich klein.
Can Comte de Montenegro, Carrer de Montenegro 2 (links vom
Borne): Der Innenhof ist ursprünglich gotisch und erfuhr im Barock
einige bauliche Veränderungen. Die Raumaufteilung des Patios ist
auffällig großzügig. An der Fassade gibt es - was bei Palacios
selten ist - Balkone mit Eisengeländern. Unvermeidlich sind
natürlich auch hier die Familienwappen.
Can Zagranada, Carrer de Can Granada 10 (links vom Borne):
Dieser Patio (16. Jahrhundert, im 17. Jahrhundert erweitert)
besteht aus zwei hintereinander liegenden Höfen, die durch ein
flaches Portal mit Durchgang verbunden sind. Ungewöhnlich sind die
im Stil sehr verschiedenen Säulen.
Can Forteza del Sitjar, Carrer de la Concepció 12: Heute ist das
Gebäude eine Schule, einst war es das Wohnhaus von italienischen
Händlern. Die Eingangshalle ist mit Holz getäfelt.
Die flachen Bögen werden von acht Säulen getragen. Neben Wappen
findet man an den Kapitellen auch nachgebildete
Akanthusblätter.
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