Auf Mallorca ist die Nachfrage nach Wohnungen
gesunken. Auf Mallorca steigt die Nachfrage nach Wohnungen. Beide
Aussagen sind richtig. Denn jede steht für den ihr eigenen Markt.
Die Insel ist quasi zweigeteilt. Es gibt zum einen den lokalen
Immobilienmarkt für die einheimische Bevölkerung. Und es gibt zum
anderen den Residentialmarkt für ausländische Investoren, die sich
auf Mallorca gerne ein eigenes Feriendomizil oder eine Zweitwohnung
zulegen wollen. In beiden Märkten herrschen derzeit
unterschiedliche Entwicklungen vor. Es handelt sich um parallele
Wohnwelten mit jeweils eigener Dynamik.
Die internationale Nachfrage steigt, sagt der deutsche
Immobilien-Unternehmer Matthias Kühn im MM-Interview. Strenge
Baubestimmungen und der jüngste Baustopp in einigen Küstenzonen
werden das ohnehin knappe Bauland auf Mallorca noch rarer machen.
„Das gibt eine Verteuerung”, so Kühn.
Der deutsche Immobilienmakler Lutz Minkner schätzte die
Preissteigerungen im Markt der Ferienimmobilien für internationale
Käufer für dieses Jahr auf über zehn Prozent (siehe MM
41/2007). Die Klientel gehöre überwiegend der Generation 50 plus
an. Auch Heidi Stadler, Geschäftsführerin des
Immobilienunternehmens First Mallorca, sieht kräftige Preisanstiege
vor allem in den Toplagen, wie sie kürzlich im MM-Interview sagte
(siehe MM 44/2007).
Ähnlich sieht es der Präsident des balearischen Verbandes der
Immobilienmakler (API), José Oliver Roca. „Was den Markt für die
ausländischen Investoren angeht, sind die Preise hoch. Und wie es
scheint, werden sie auch nicht fallen.” Zwar würden deutsche
Bundesbürger weniger häufig kaufen als noch vor fünf Jahren.
Gleichwohl fänden punktuell bedeutende Transaktionen statt.
„Wohlhabende Deutsche suchen und kaufen nach wie vor Immobilien auf
Mallorca.” Auch der britische Markt lege wieder zu, wenn auch eher
im mittleren Preissegment. Ein Problem sei jedoch, dass auf
Mallorca im Verhältnis deutlich weniger Neubauten fertiggestellt
worden seien als auf dem spanischen Festland.
José Oliver Roca schätzt, dass die beiden Parallelmärkte auf der
Insel von ihrem Umsatz her ähnlich gewichtig sind. Auf dem
Lokalmarkt für die heimische Bevölkerung laufen die Geschäfte
jedoch längst nicht so rund. Seit etwa zwei Jahren fällt der
jährliche Preisanstieg deutlich geringer aus als in den Jahren
davor.
Nach den zu Wochenbeginn bekannt gegebenen vorläufigen Zahlen
des balearischen Arbeitgeberverbandes Caeb verteuerte sich der
Wohnraum auf den Inseln in diesem Jahr um knapp acht Prozent. In
den drei Jahren zuvor waren die Preiszuwächse stets zweistellig
ausgefallen. Im Vergleich zu 2006 verteuerte sich der
Quadratmeterpreis im Schnitt von 2199 auf 2349 Euro.
Eine der Ursachen für den Druck auf die Immobilienpreise sind
die gestiegenen Kreditkosten, die in Spanien an den variablen
Hypothekenleitzins Euribor gekoppelt sind. Seit Ende 2004 haben
sich die Zinssätze mehr als verdoppelt. Da in Spanien die Tradition
des Kaufens deutlich die des Mietens überwiegt (85 Prozent aller
Spanier leben im Eigenheim), werden weite Teile der Bevölkerung von
Hypotheken gedrückt. Im Mai wurden nach Angaben des nationalen
Statistikamtes (INE) auf den Balearen mehr Hypotheken pro Einwohner
gezählt als in jeder anderen spanischen Region.
Die gestiegene Zinslast macht sich überall bemerkbar: Nach
Prognosen der EU-Kommission, die auf Umfragen des
Arbeitgeberverbandes Seopan basieren, wird die Bautätigkeit in
Spanien 2008 um 1'2 Prozent sinken, 2009 gar um zehn Prozent. Auf
den Balearen fiel die Zahl der von den Banken vergebenen Kredite im
September um 22'5 Prozent niedriger aus als noch vor einem Jahr. So
manche Familie kommt mit dem Haushaltsgeld nicht mehr bis zum
Monatsende aus. Nach Berechnungen des spanischen Sozial– und
Wirtschaftsrates lebten 2006 bereits 4'4 Prozent der Familien
unterhalb der Armutsgrenze. Im November musste eine erste Baufirma
auf Mallorca Insolvenz anmelden.
Aufgrund dieser Entwicklung geht José Oliver Roca davon aus,
dass auf dem Immobilienmarkt der Insel die Preise in den kommenden
zwei, drei Jahren generell lediglich in Höhe der Inflationsrate,
derzeit zirka 3'5 Prozent, zulegen werden. Bei Neubauwohnungen
werde es jedoch keine Preissenkungen geben. Allenfalls im lokalen
Markt für Gebrauchtwohnungen in Palma dürften die Preise ein wenig
nachgeben.
Betroffen von dieser Entwicklung sind nach Olivers Worten vor
allem junge Leute, die sich keine eigene Wohnung leisten können.
Derzeit herrsche auf dem heimischen Markt eine gewisse Psychose.
„Die Leute haben Angst zu kaufen und warten erst einmal ab.”
Abhilfe sieht Oliver insbesondere im Raum Palma durch Vorhaben
der spanischen Zentral– und der Balearen-Regierung ab 2008: Die
Gesetzgeber wollen den Sozialbau ankurbeln sowie Anreize schaffen,
damit Wohnungsbesitzer Leerstände für Vermietungen freigeben.
Allein in Palma stehen derzeit 40.000 Wohnungen leer. „Wenn die auf
den Markt kommen, wird es wieder mehr Bewegung geben.” Resümierend
stellt der Verbandspräsident fest: „Der Immobilienboom ist
ausgelaufen. Aber wir haben keinerlei Krise.”
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