Dicht an dicht schwimmen die silberbeschuppten Körper durch das
Becken. Als Alberto Morente mit einer Schütte Futter in den
riesigen Wassertank wirft, schnellen die Fische zu einem glänzenden
Knäuel zusammen, schnappen gierig nach den Leckerbissen. Ein paar
Wochen noch, dann werden sie selbst zu einem herangewachsen sein.
Doraden unterschiedlichster Größen schwimmen in den rund zwanzig
Becken der Fischzuchtstation Es Murterar bei Alcúdia.
200 Tonnen Fisch wachsen hier jährlich bei
konstanten 21 Grad heran: In die Becken fließt das Kühlwasser der
Turbinen des danebenliegenden Stromkraftwerks. Rechter Hand in den
Bassins die „Schnellentwickler”: Die Fische, die in ihren ersten
Lebenstagen am schnellsten wachsen, werden für den Verzehr auf den
Balearen aufgepäppelt. Das sind rund 100.000 Tonnen im Jahr. Der
Rest wird 50 Gramm schwer an die Festlandküste verschifft, wo die
Fische in 25 Meter großen, freischwimmenden Plastikkäfigen
aufwachsen.
Frischfisch aus der Zucht: Ein Thema, dem immer größere
Bedeutung zukommt. Denn Umweltwissenschaftler zeichnen mit ihren
aktuellen Prognosen das Horrorszenario leergefischter Weltmeere,
wenn sich an unserem Konsumverhalten nichts ändere. 85 Millionen
Tonnen Wild-Fisch landen jährlich weltweit auf dem Teller, 20
weitere Millionen werden als unverwertbarer Beifang aus den Tiefen
geholt.
Sind wir über kurz oder lang also auf Fischzucht angewiesen,
beziehungsweise, können wir den Super-Gau im Meer durch
Investitionen in Fischzuchten abwenden? Fisch aus der Zucht hat
kein gutes Image. Hauptgründe dafür sind vor allem die Bedingungen
bei der Aufzucht, ein anderer Eigengeschmack des Fleisches durch
den Verzehr vorgefertigter Nahrung und die Zufütterung von
Medikamenten. Das seien Relikte aus der Vergangenheit, sagt Alberto
Morente, mittlerweile sei vieles verbessert.
Der Fischzucht-Sektor ist in ständigem Wachstum, allen voran
Türkei, Griechenland, Spanien und Italien. In Spanien gibt es fünf
große Zuchtunternehmen. Der mallorquinische Anbieter, Culmarex, ist
einer davon, mit Stationen in Alcúdia und Sant Joan de Dios. In
Letzterer wächst der Laich für Alcúdia heran und jährlich 40 Tonnen
Seewolf.
Für Aufregung sorgt derzeit der Antrag des Unternehmers Miquel
Planas Clar, der neben dem Hafen von Portocolom vier
freischwimmende Käfige mit Seewolf und Doraden anbringen will.
Insgesamt 4900 Quadratmeter groß sind die Käfige, gegen deren
Installation bereits Unterschriften gesammelt werden. Auch den
Fischern, die vor anderthalb Jahren eigene, viel kleinere Käfige
wegen Protesten abbauen mussten, ist das Vorhaben ein Dorn im Auge.
„Nicht nur weil wir Angst haben um unser Geschäft”, sagt ein
Mitglied des Fischereiverbandes, „denn der Verbraucher weiß sehr
wohl zu unterscheiden. Aber es wäre eine wahnsinnige
Ungerechtigkeit, wenn jetzt einem Großunternehmer gestattet wird,
was uns in einem Bruchteil der Größe versagt wurde.”
Schon 2003 hatte Miquel Planas Clar einen ähnlichen Antrag
gestellt. Diesem wurde nicht stattgegeben, weil sich auf der Fläche
Felder des geschützten Unterwassergrases Posidonia befanden.
„Dieses Mal sieht es nicht besser für ihn aus”, schätzt Toni Muñoz,
Sprecher der Umweltschutzorganisation GOB, Abteilung Flächenschutz.
Rotalgen wachsen auf dem Meeresgrund, wo die Käfige geplant
sind.
Gegen die schwimmenden Aufzuchtstationen spreche vieles, sagen
die Umweltschützer. Zum Beispiel das nicht gefressene Futter und
die Exkremente der Fische, die das Wasser in einer unnatürlichen
Konzentration verunreinigen. Auch zugefütterte Medikamente kämen in
den Meereskreislauf.
Es stimme, dass früher viel Antibiotika gefüttert worden wäre,
sagt Alberto Morente. Heute werde aber nicht mehr prophylaktisch
medikamentiert, aus Kostengründen und wegen der drohenden
Immunität. „Man weiß mittlerweile, dass der Transport und die
Klassifizierung die Fische stresst und sie anfällig werden. Dem
wirken wir entgegen, indem wir vor solchen Momenten Vitamine
zufüttern.” Auch an der Nahrung werde geforscht. Man sei dabei, vom
Fischmehl immer mehr auf pflanzliche Öle aus Weizen und Soja
umzustellen.
Mindestens die Hälfte des Angebots im Supermarkt sei aus
Zuchten, schätzt Morente. Bei den angebotenen Doraden stammten 95
Prozent nicht mehr aus dem Meer. Wer doch eine Wild-Dorade will,
muss tief in die Tasche greifen: 20 bis 30 Euro kostet sie pro
Kilogramm, im Vergleich zu sechs bis acht Euro für Fische aus
türkischer Zucht im Supermarkt. Die Es Murterar-Dorade ist ab zirka
zehn Euro zu haben. Ihr Preis ist höher, weil sich das Unternehmen
bezahlen lässt, dass täglich frisch gefischt und angeliefert
wird.
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