Kein Zweifel, Mallorca ist in diesem Jahr in Sachen Quallen
glimpflich davongekommen. Die ätzenden Glibbertiere mit den
gefürchteten Tentakeln, so scheint es, machen lieber in Katalonien
Urlaub. Seit Anfang Juni wurden in der nordspanischen Provinz rund
10.000 Menschen durch Quallen verletzt. Die meisten davon im
Großraum Barcelona. In der vergangenen Woche musste an mehreren
Stränden an der Costa Brava ein Badeverbot verhängt werden. Und ein
Abklingen der Plage ist nicht in Sicht.
Warum ausgerechnet Mallorca in dieser Saison bislang nur relativ
geringfügig über „Quallenalarm” klagen musste, ist wissenschaftlich
nicht geklärt. Außer, dass 300 der insgesamt 4000 bekannten
Quallenarten im Mittelmeer leben, weiß man ohnehin nicht viel über
die millionenfach im Meer treibenden Plagegeister. Seriöse Studien
über Quallen, so Meeresbiologen, gebe es nicht. Spekulationen
dagegen viele. Angesichts der hohen Zahl der Tiere mag dies
verwundern, andererseits haben Quallen keinen wirtschaftlichen
Nutzen.
Wann und warum Medusen an dem einen Strand das Badevergnügen
vergällen und an der Nachbarplaya nicht, hängt ausschließlich von
Wind, Wellen und Strömungsverhältnissen ab, die starken
Schwankungen unterworfen sind. Quallen können sich aus eigener
Kraft nur vertikal, nicht aber seitlich bewegen und sind damit den
Naturgewalten völlig ausgeliefert.
„Das ist ungefähr so wie Plastikmüll”, sagt Chisco Alemany,
stellvertretender Direktor des Ozeanographischen Labors in Palma.
„Heute ist der Strand sauber und morgen völlig zugemüllt.” Quallen
gebe es natürlich auch hier zuhauf daran werde sich wohl auch
nichts ändern. „Wann aber welcher Strand mit einem Quallenteppich
überzogen wird, ist nicht vorhersehbar.”
„Das ist wie eine Lotterie”, meint auch der Generaldirektor für
Fischerei im balearischen Landwirtschafts- und
Fischerei-Ministerium, Miguel Ángel Calviño. „Die Strömungen meinen
es, im Gegensatz zu vergangenen Jahren, in dieser Saison gut mit
der Insel und treiben die Quallen nach Katalonien.” Aus
mallorquinischer Sicht gebe es in diesem Jahr lediglich rund um
Dragonera auffällig viele Quallen.
Seit langem beobachtet Calviño schon das Natur-Phänomen Qualle.
Sowohl jene, die Spuren auf der Haut hinterlassen als auch
diejenigen, die kein Gift haben, zu Tausenden am Strand verenden
und für einen äußerst üblen Geruch sorgen. „Jedes Jahr werden es
mehr Medusen”, davon ist der Fischereidirektor überzeugt. Der stete
Rückgang der natürlichen Feinde der Quallen und die zunehmende
Erwärmung des Meeres seien für die Überpopulation
verantwortlich.
Das sieht auch José María Gili so. Für den Wissenschaftler in
Spaniens Oberstem Forschungsrat ist die derzeitige Quallenplage in
Katalonien nur die Spitze des Eisbergs. „Das ist ein Signal des
Meeres. Es will uns sagen: Schaut, was ihr mit mir gemacht
habt.”
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