In der Kunsthalle Kiel herrscht Ausnahmezustand: Spaß, Freiheit
und Ekstase. Mit „Ballermann. Die Ausstellung” kommt südländische
Urlaubsstimmung an die Förde. 17 internationale Künstler zeigen
Szenen und Symbole von Vergnügungssucht, Konsumismus und die
Kehrseite der Spaßgesellschaft: Martin Kippenberger, Jeff Koons,
Massimo Vitalis, Rosa von Praunheim oder Sylvie Fleury. Als
besonderes Highlight baten die Ausstellungsmacher Jürgen Drews, den
selbsternannten „König von Mallorca”, zum Konzert in die
Kunsthalle.
Kaum jemand kennt das Phänomen „Ballermann” besser als er. Er
kam, sang und machte gleichzeitig Werbung für drei Bilder seiner
Frau Ramona mit dem Motto „So leben wir”. Er präsentiert als
Leihgeber auch erstmals einen Teil der Gemälde aus seinem Besitz in
der Öffentlichkeit. Und immerhin hat Drews seine Karriere Ende der
60er Jahre in Kiel begonnen.
Vor Ort sagte er zu seiner Beteiligung an „Ballermann. Die
Ausstellung”: „Die schräge Idee war für mich so spannend, dass ich
gesagt habe, da muss ich mitmachen, da treffen sich die beiden
Figuren: der Drews, wie er wirklich lebt, und sein alter ego, der
König von Mallorca.” Über seine regelmäßigen Auftritte auf der
Insel sagte er: „Das macht Spaß, das ist für mich wie den Urschrei
üben.” Und was fällt dem Schlagerstar zum Ausstellungsthema ein?
„Einfach mal ausrasten, abschalten, einfach mal blöd sein und die
Sau rauslassen.”
Die Kieler Ausstellung nimmt das Thema ernst und ermöglicht den
Blick auf zeitgenössische Exzesse, auf den kollektiven Wunsch nach
Fun, Sex und Endlos-Party, gleichgültig, ob als Foto, in Öl oder
als Konzeptkunst. So arrangierte der Künstler Markus Sixay 666
Meter Sangria-Trinkhalme zu einem gigantischen Gitterwerk. Eine
duftende Düne aus gelben Erdnussflips schuf Thomas Rentmeister.
Ergänzend zur künstlerischen Reflektion sind in der Ausstellung
auch private Videos zu sehen, die das Phänomen „Ballermann” aus der
Sicht der Urlauber dokumentieren. Die Kunsthalle hat dazu eigens
einen Wettbewerb ausgerufen, dessen Gewinner mit einer einwöchigen
Reise belohnt wird – natürlich nach Mallorca.
Der Direktor der Kunsthalle, Dirk Luckow, sagt zu seinem
Ausstellungskonzept: „Viele Werke haben etwas Abstoßendes und
Anziehendes zugleich. Es wird sozusagen nicht nur das
Oberflächliche gespiegelt, sondern man fühlt sich in vielen Dingen
ja auch unterschwellig angesprochen. Man erkennt sich teilweise
wieder.” Angst vor Peinlichkeiten hat man in Kiel nicht; es geht
eher darum, Spaß der Kunst und Spaß der Popkultur
zusammenzubringen. Können sich also Massengeschmack und
distinguierter Kunstgeschmack annähern? Das Phänomen „Ballermann”
als Kunstkonzept – das ist neu. Und vielleicht ein wirksames Mittel
gegen Arroganz, denn schließlich wird der „Ballermann” von den
einen so heftig vergöttert wie von den anderen verachtet. Dazu Dirk
Luckow: „In jedem Fall treffen in der Ausstellung die Gefühlswelten
der unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppen aufeinander,
überlagern sich zum Teil und führen über die normalerweise
getrennten Wege hinaus zu einem hoffentlich lebendigen Dialog.” Und
Jürgen Drews sagt dazu: „Nicht die Schönen und Reichen, sondern die
Normalen mit dem kleinen Geldbeutel und ihrer Hoffnung auf ein
schnelles Glück für einen Tag – so kann man den Ballermann auch
sehen.” „Ballermann. Die Ausstellung” in der Kunsthalle zu Kiel,
Düsternbrooker Weg 1, geöffnet noch bis 9. Juli.
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