Nahezu jeder Palma-Besucher kennt die Säule im Stadtpark von Sa
Faixina, unweit des Es-Baluard-Museums. Das steinerne Monument,
eines der letzten Überbleibsel aus der Franco-Zeit, erinnert an den
Untergang des Kriegsschiffes „Baleares” 1938 im Spanischen
Bürgerkrieg. 790 Seeleute fanden in dem Seegefecht von „Cabo
Palos”, etwa auf halbem Weg zwischen Ibiza und der Küste bei
Murcia, den Tod. Das sind allesamt bekannte Tatsachen. Was aber
bislang kaum jemand wusste, ist, dass bei der Versenkung des
Kreuzers auch ein Deutscher ums Leben kam.
„An Bord ,Baleares' befindlicher deutscher Zivil-Ingenieur
Jensen, der die von ihm eingebaute Horch-Anlage zu übergeben hatte,
wurde gleichfalls ein Opfer Katastrophe”, heißt es in knapp 70
Jahre alten Dokumenten der Legion Condor, die MM in
Deutschland einsehen konnte.
Das umstrittene Gefallenen-Denkmal in Palma, das nach dem Willen
der Oppositionsparteien im Stadtrat längst hätte abgerissen werden
müssen, steht somit indirekt auch für jenen deutschen
Kriegskameraden. Jensen war, wie jeder Angehörige der Legion Condor
auch, von Hitler nach Spanien entsandt worden, um dem spanischen
General Franco beizuspringen. Dieser hatte gemeinsam mit einigen
Generalskollegen am 18. Juli 1936 gegen die spanische Regierung
geputscht, um der jungen Republik ihr Ende zu bereiten.
Wider Erwarten schlug die Erhebung in weiten Teilen des Landes
fehl. Aufgrund der verfahrenen Situation ersuchte Franco um Hilfe
bei Hitler und Mussolini. Beide Diktatoren ergriffen rasch die
Gelegenheit, sich militärisch in den spanischen Konflikt
einzumischen. Sie entsandten sogenannte „Freiwillige”, Soldaten,
die auf Seiten der aufständischen Militärs in Spanien quasi per
Kreuzzug gegen die angeblich jüdisch-bolschewistische
Weltrevolution ankämpfen sollten. Knapp drei Jahre dauerte das
blutige Gemetzel in Spanien, das nach Hunderttausenden von Opfern
im April 1939 mit dem Sieg des „Generalísimo” Franco endete.
Die Legion Condor, Hitlers Hilfstruppe für Franco, bestand nicht
nur aus Fliegergeschwadern. Ihr gehörten auch Seestreitkräfte an,
die unter dem Codenamen „Nordsee” zusammengefasst waren. Auf
Mallorca war neben einer Legion-Condor-Seefliegerstaffel (AS/88) in
Pollença ein weiteres Dutzend „Nordsee”-Mitarbeiter tätig.
Anders als Menorca und Ibiza war Mallorca gleich bei Ausbruch
des Bürgerkrieges in die Hände der Aufständischen gefallen. Die
Insel wurde zum wichtigsten Seestützpunkt „Weiß-Spaniens”. Zum
Kriegshafen in Palma beschlagnahmte die Militärführung in Port de
Sóller das Hotel Costa Brava und errichtete dort den noch heute
bestehenden Marine– und U-Bootstützpunkt. „Nordsee” wirkte beim
Aufbau in Sóller mit, errichtete bis 1937 Minenschuppen und
lieferte unter anderem 20 Torpedos.
In der Legion dienten nicht nur Kampfeinheiten, sondern auch
militärische Berater und Waffenexperten aller Art. In Sóller waren
unter anderem ein Torpedomechaniker, ein Maschinist und ein
Minenfachmann tätig.
Ein weiterer Experte im Spanien-Einsatz war jener
Zivil-Ingenieur Jensen, der den Auftrag hatte, ein deutsches
High-Tech-Gerät in den Kreuzer einzubauen und die spanischen
Seeleute daran auszubilden. Bei dem Horchgerät handelte es sich um
ein elektronisches Ortungsgerät zum Aufspüren von U-Booten und
anderen Schiffen. Das Dritte Reich besaß vor und während des
Zweiten Weltkrieges einen deutlichen Technologie-Vorsprung. Die
Intervention in Spanien war für Hitlers Militärstrategen eine
günstige Gelegenheit, die entwickelte Spitzentechnik unter realen
Kriegsbedingungen zu erproben.
Der Kreuzer „Baleares” war dafür geeignet wie kaum ein anderer.
Als der Bürgerkrieg ausbrach, befand sich das Schiff auf der Werft
in El Ferrol (Nordwestspanien) noch in Bau. Unter Aufbietung aller
Kräfte wurden die „Baleares” und das Schwesterschiff „Canarias” in
den Dienst gestellt. Noch während der Einsätze wurde an dem Schiff
fleißig weitergewerkelt, die Ausstattung mit Geschützen und
Instrumenten verbessert. Immer häufiger wurde die „Baleares” zum
Einsatz ins Mittelmeer verlegt, wo sie bis zu ihrem Untergang 33mal
Hafenstädte an der „rot-spanischen” Ostküste beschoss.
Die Todesfahrt der „Baleares” nahm ihren Anfang am 5. März 1938
in Palma. Das Schiff sollte gemeinsam mit der „Canarias” einen
Handelskonvoi nach Cádiz geleiten. Doch um Mitternacht wurde der
Kreuzer von einer Flotille aus Cartagena gesichtet und angegriffen.
Die „Baleares” erhielt zwei Torpedotreffer im Treibstofflager, die
Flammen entzündeten das Munitionsdepot im Vorschiff. Eine gewaltige
Explosion riss den Überbau samt Kommandobrücke vom Schiffskörper
ab. Nach sechs Stunden sank das Schiff. Rund 400 Matrosen wurden
aus dem Meer gerettet. „Nordsee” vermerkte dazu in einem Bericht:
„Ein Offizier der ,Canarias', der das Rettungswerk geleitet hatte,
gab uns als erster die sichere Nachricht, dass Jensen tot sei, da
er sich auf Gefechtsstation mit den anderen Horchern befand. Von
diesen ist kein einziger herausgekommen.”
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