Wenn das Verkehrsaufkommen von Privatflugzeugen in Palmas
Airport ein Gradmesser für die europäische Wirtschaft ist, dann
„ist die Krise behoben”. Zu diesem Schluss kommt jedenfalls Josu
Santibañez, Stationsmanager der Handlingfirma Assistair in Palma.
Das Ge– schäftsvolumen seiner Firma habe sich in dieser, Ende
Oktober abgelaufenen Hochsaison im Vergleich zum Vorjahr
verdreifacht: „Viele haben ge– merkt, dass das Fliegen mit
Privatmaschinen bequemer ist und dass es manchmal sogar günstiger
kommen kann als Linienflüge.” Palma und Ibiza sind vor allem im
Sommer beliebte Anlaufstellen für den Jetset.
Vom Glamour, der der Privatfliegerei anhaftet, ist an diesem
Montagmorgen auf der Gelände der „Aviación general” ganz in der
Nähe des Airports Son Sant Joan nicht viel zu spüren. Kein VIP,
kein Politiker oder Wirtschaftsboss weit und breit. Auf dem
Parkplatz hinter dem Gebäude, in dem die Fluggäste einchecken,
wartet ein gutes Dutzend kleinerer Maschinen auf ihren nächsten
Einsatz. Die Wartesäle der Handlingfirma MallorcAir gleichen eher
Tante Gerdas Wohnzimmer während der 80er als schicken Lounges und
sind verwaist. Dafür ist der Getränke-Kühlschrank dort gut
sortiert.
Doch der Champagner ist für die Chessna-Society das Wenigste.
Für sie zählt Zeitersparnis und im Falle von Prominenten Anonymität
und Diskretion, die ihnen hier geboten wird: keine Wartezeit am
Check-in, keine Wartezeit bei der Sicherheitskontrolle, keine
Flugverspätungen, keine lästigen Paparazzi oder Fans. Wenige
Minuten nach Ankunft auf dem Flughafen sind alle Formalitäten
erledigt, die Reisetasche wird verstaut und der Pilot startet die
Motoren. Das ist für Menschen, die geschäftlich viel reisen oder
die wenig Zeit für private Ausflüge haben, wahrer Luxus. Und: Das
Privatflugzeug bringt sie direkt dorthin, wo sie sein möchten. Auch
zu den Mini-Airports, wo man sonst nur sehr umständlich mit
Umsteigen oder gar nicht hingelangt.
Im Falle von Mallorca kann davon nun keine Rede sein: Die
regulären Flugverbindungen zur Insel sind hervorragend von vielen
Zipfeln Europas aus. Dennoch, das hat auch Toni Goth von Air
Partner, dem weltweit größten Makler für Flugzeuge aller Art,
festgestellt, werden die Balearen als Destination für die
Privatfliegerei immer interessanter. Laut einer Statistik der
Flughafenbetreibergesellschaft Aena sind 2004 11.342
Privatflugzeuge in Son Sant Joan gelandet oder gestartet – doppelt
so viele wie im Jahr 2000.
Im Durchschnitt sitzen in den Maschinen noch nicht einmal zwei
Passagiere. Die Business-Reisenden, die Palma mit dem
Privatflugzeug ansteuern, kommen vor allem aus Madrid. Ansonsten
ist Mallorca als touristisches Ziel interessant, weshalb auf dem
privaten Airport im Sommer wesentlich mehr Verkehr herrscht als im
Winter. Das Luxushotel Mardavall in Costa d'en Blanes hat jetzt auf
den Jetset-Trend mit einem Spezialangebot reagiert: Ab Januar kann
man dort den Hotelaufenthalt im Paket mit der Anreise im
Privatflugzeug, Limousinentransfer, Butlerservice, freie Fahrt im
Porsche, Gourmet-Dinner und anderen de Luxe-Elementen buchen. Die
Kosten für den reinen Flug im Privatflugzeug variieren stark je
nach Größe der Maschine, Reichweite und der aktuellen Nachfrage.
Von Deutschland aus kann die vierköpfige Gruppe übers Wochenende
für etwa 10.000 Euro nach Mallorca und zurück fliegen. Es kommt
schon vor, dass eine Familie oder ein Rockstar einen Jet mit Crew
zur ständigen Verfügung hat. Aber nur die wenigsten Flugzeuge
werden ausschließlich vom privaten Besitzer genutzt. Jeder kann bei
Airlines oder über Makler Flüge buchen. Insider schwören
jedenfalls: einmal im Privatjet – und immer wieder.
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