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Früher, als die Welt noch in Ordnung war, als das ländliche Leben auf Mallorca noch vom Rhythmus der Jahreszeiten und der jeweils anfallenden Arbeiten bestimmt war, begann der Reigen der „Fires”, der Landwirtschaftsmessen im Herbst. Heute finden manche auch im Frühjahr statt. Der Herbst ist aber inzwischen wieder die „Hauptsaison”.

Seit einigen Jahren strömen an vielen Sonntagen zwischen Oktober und Dezember Tausende von Menschen in die Dörfer. Zum Einkaufen, zum Schauen und Bummeln, um Freunde zu treffen. Aber auch um sich „mallorquín” zu fühlen. Die Messen haben viel zu tun mit der „identitat mallorquina”, der vielzitierten Inselidentität, die sich eben auch in der Rückbesinnung auf althergebrachte Sitten und Bräuche äußert.

Man pflegt die eigenständigen kulturellen Wurzeln wieder, und so nahmen die Landwirtschaftsmessen neuen Aufschwung. 10.000 oder 20.000 Besucher an einem Sonntag sind keine Seltenheit.

Natürlich hat sich auch das Angebot gewandelt. Ausgestellt werden zum Beispiel die neuesten Landmaschinen japanischer Herkunft. Händler kommen nicht mehr nur aus Palma oder den umliegenden Dörfern. Afrikaner, die Massenware aus Hongkong oder Taiwan anbieten, sind an der Tagesordnung. Auch Souvenirhändler stellen sich ein und wollen verkaufen, was man überall verkaufen will.

Dennoch: Nirgends kauft man scharfe Messer, Hämmer und andere Werkzeuge so gut und preiswert wie auf den „Fires”. Immer noch ist das Angebot an Tongeschirr dort am besten. Die wichtigste „Fira” auf Mallorca war und ist der „Dijous Bou” in Inca, der „fette Donnerstag”, den man am dritten Donnerstag im November abhält, weil – so sagt die Legende – der Erobererkönig Jaume I. an einem Donnerstag zum ersten Mal die Stadt betrat.

Die „Fira” war einst Tag und Anlass zur Abrechnung zwischen den Gutsherren und den Pächtern. Man zeigte, was man im Laufe des Jahres erwirtschaftet hatte, man ersetzte entzwei gegangene Werkzeuge und Gerätschaften. Es konnte geschehen, so erzählen noch heute die Bauern, dass eine Landarbeiterin monatelang an einem alten Korb herumflickte. Erst zur „Fira” konnte und wollte sie einen neuen kaufen. Die Gelegenheit zum Handel genau an diesem Tag wollte sich niemand entgehen lassen.

Es gab Verkäufer auf den „Fires”, die in die Geschichte eingingen. So zum Beispiel Na Simona, eine Kastanien-Verkäuferin aus Palma, die auf keiner Fira fehlte. Nach Sa Pobla reiste sie mit dem Zug, wie es auch heute wieder viele Mallorquiner tun. Am Bahnhof erwarteten sie bereits Schwärme von Kindern. Alle wussten: Die erste Tüte ist gratis.

Der Chronist Alexandre Ballester schreibt: „Niemand weiß, was aus ihr geworden ist. 1921 haben wir sie zum letzten Mal gesehen. Erhalten geblieben ist nur das Spottlied: Kauf keine Kastanien bei Simona, denn sie ist gepolstert.” Das bedeutete, dass sie sich, der Mode folgend, die Röcke über dem Hinterteil ausstopfte. Das bedeutete aber auch, dass Simona nicht immer korrekt abwog. Was der Liebe aller mallorquinischen Kinder zu ihr allerdings keinen Abbruch tat.

In den 50er und 60er Jahren klagten die Mallorquiner über den Niedergang der „Fires”. Bürgerkrieg und Weltkrieg waren längst Vergangenheit, auch die Jahre der Entbehrungen und des Hungers. In den 50er Jahren kamen die ersten Pauschalurlauber, in den 60er Jahren boomte der Tourismus. Die Menschen glaubten, ohne die alten Bräuche auskommen zu können. Alexandre Ballester schreibt in dieser Zeit: „Die Fires sind nur mehr eine traurige Sache, eine Sache, die nach Vergangenheit schmeckt.”

Heute sieht man das wieder anders, bewertet die „Vergangenheit” positiv. Und so ist es wieder ein Ereignis, wenn die „Fira” stattfindet.