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Vor einer möglichen Bedrohung durch die Vogelgrippe ist auch Mallorca nicht sicher. In der Europäischen Union wird inzwischen von einer weltweiten Bedrohung gesprochen, auf die die Mitgliedsstaaten nur unzureichend vorbereitet seien.

Die Möglichkeit, dass Zugvögel den bedrohlichen Virus an die südliche Mittelmeerküste, und damit auch auf die Balearen einschleppen, schließt auch EU-Gesundheitskommissar Markos Kyprianou nach einer Sondersitzung der EU-Außenminister in Luxemburg nicht aus.

Obwohl auf den Balearen – wie auch im übrigen Spanien – bisher noch kein Fall von Vogelgrippe bei Tier oder Mensch aufgetreten sei, würden sich einige Zugvögel aus den betroffenen Gebieten um diese Jahreszeit hier aufhalten. Dazu gehöre zum Beispiel die Schwarzkopfmöwe, die im Herbst aus Rumänien in mediterrane Feuchtgebiete ziehe, so Kyprianou. Das Naturschutzgebiet „Albufera” im Norden der Insel bei Alcúdia ist ein beliebter Rastplatz für Zugvögel.

Eine sehr viel konkretere Gefahr für Mallorca gehe allerdings vom Schwarzhandel mit Zuchtvögeln aus, warnt Fred Hülsmeier. Der Vogelzüchter aus Campos weist auf die mangelhaften Einfuhrkontrollen hin. Besonders die Schiffe vom Festland würden so gut wie nie kontrolliert. „Ich habe Kenntnis von zahlreichen Händlern auf der Insel, die kreuz und quer durch Europa fahren, um exotische Vögel zu kaufen, und sie hier auf Mallorca an Tierhandlungen oder Privatpersonen weiterzuveräußern.”

Diese illegal eingeführten Vögel erkenne man daran, dass sie nicht beringt seien, keine Seltenheit in hiesigen Tierhandlungen. „In Deutschland wäre so etwas undenkbar, hier kann es jetzt eine große Gefahr für die Insel bedeuten”, meint Hülsmeier.

Die Sorge Hülsmeiers wird auch durch eine Meldung des deutschen Friedrich-Loeffler-Instituts bestätigt. Die Gefahr einer Einschleppung des Erregers H5N1 gehe auch in der Bundesrepublik vor allem von illegalen Transporten aus. Deutschland verhängte nun wegen der Vogelgrippe ein bundesweites Freilaufverbot für Geflügel. Auslöser war der erste Nachweis des gefährlichen Erregers im europäischen Teil Russlands. Aus dem Gebiet südlich von Moskau gibt es Zugvogelrouten nach Deutschland.

Obwohl ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass für die Bevölkerung kein Grund zur Sorge besteht, sei mit einer Mutation des tödlichen Virus H5N1, der zur Zeit nur von Vögeln auf Menschen übertragen werden kann, jederzeit zu rechnen, warnte WHO-Präsident Lee Jong-Wook in der vergangenen Woche. Bei einer Mutation wäre das Virus auch von Mensch zu Mensch übertragbar.

Auch das Gesundheitsministerium der Balearen stellt sich auf eine mögliche Verbreitung des Erregers ein. Außer dem Aufruf, sich gegen die herkömmliche Grippe impfen zu lassen, um einer eventuellen doppelten Infektion vorzubeugen, gab Gesundheitsministerin Aina Castillo jetzt bekannt, dass für die Balearen statt der geplanten 45.000 Dosen eines Anti-Virus-Medikamentes jetzt 180.000 Einheiten zur Verfügung gestellt werden.

Vorausgegangen war am Mittwoch, 19. Oktober eine Mitteilung des Ministeriums für Gesundheit in Madrid. 12 Millionen Dosen Antivirus-Medikamente im Wert von 100 Millionen Euro seien jetzt für Spanien bestellt worden. Damit sollen im Notfall bis zu 25 Prozent der Bevölkerung versorgt werden.

Um welche Medikamente es sich dabei handelt, war vom Ministerium bisher nicht zu erfahren. Das Grippemedikament „Tamiflu” des Herstellers Roche, von der WHO als zur Zeit wirksamstes Mittel zur Vorbeugung gegen den Virus empfohlen, ist in Spanien noch nicht zugelassen. „Wir rechnen allerdings in den nächsten Wochen mit der Zulassung für den hiesigen Markt”, so der spanische Sprecher des Pharmakonzerns, Lucas Urquijo, gegenüber MM. Trotz immer lauter werdender Forderungen ist Roche allerdings bisher nicht bereit, das Patent aufzugeben.

Man werde allerdings schon in diesem Jahr die Produktion verdoppeln und denke auch über die Vergabe von Sublizenzen nach, um die Produktion zu beschleunigen, so William M. Burns, Vorstandsvorsitzender der „Roche Pharma Division”. „Tamiflu”, das von Ärzten auch als wirksame Vorbeugung gegenüber anderen Grippeviren empfohlen wird, kann zwar erkrankte Personen nicht heilen, verringert aber die Wahrscheinlichkeit, sich anzustecken.

Ein Impfstoff kann laut Medizinern erst dann entwickelt werden, wenn das Virus mutiert ist. Zur Zeit arbeiten Wissenschaftler in Deutschland an dem Prototyp eines Impfstoffes, der Ende des Jahres entwickelt sein soll. Sollte das neue, tödliche Virus auftauchen, könne man den Prototypen zügig an das Virus anpassen, so Virologe Alexander Kekulé vom Berliner Robert-Koch-Institut.

Spaniens Gesundheitsministerin Elena Sagado wirft der EU und der WHO indes Panikmache vor. Die Bevölkerung werde ihrer Meinung nach mit Katastrophenszenarien unnötig in Angst versetzt. Die Übertragung des Vogelgrippe-Virus H5N1 auf den Menschen sei äußerst gering, bisher sehr selten und nur durch direkten Kontakt mit infiziertem Geflügel möglich.