Reichlich chaotisch ist bislang die Einführung der neuen
Anti-Raucher-Vorschriften auf Mallorca verlaufen. Das am Sonntag,
10. Juli, in Kraft getretene Gesetz „über Drogenabhängigkeiten und
andere Suchten” ist ein Vorgriff der Balearen-Regierung auf ein für
kommendes Jahr geplantes spanisches Gesetz. Raucher und
Unternehmerverbände beklagen sich über mangelnde Information und
unklare Regelungen. Kontrollen und Bußgelder soll es nicht vor
Ablauf einer Anpassungsfrist von einem Monat geben.
In vielen Bereichen des öffentlichen Lebens, zum Beispiel in
Behörden, Museen und Geschäften sowie Büros mit Kundenverkehr gilt
nun auf den Balearen ein generelles Rauchverbot. Verwirrend ist die
Lage derzeit noch in gastronomischen Betrieben, die Lebensmittel
verkaufen. Dort sollen Raucher- und Nichtraucherbereiche
eingerichtet werden. Hier muss die Balearen-Regierung noch
nachbessern und klarere und genauere Regelungen finden. An diesem
Freitag ist dazu ein Treffen des Gesundheitsministeriums mit den
beiden Restaurantverbänden der Inseln geplant.
Im Gastro-Verband der Pimem (Verband kleiner und mittlerer
Unternehmen auf Mallorca) steht das Telefon seit Montag nicht mehr
still. Dort rufen vor allem verunsicherte Restaurant-Betreiber an.
„Es gab nicht genug Informationen”, beklagt sich der Pressechef des
Restaurantverbands, Inigo Moralles. „Das ist alles sehr konfus.” Es
gebe bislang keine Regelung darüber, wie groß die Raucher– und
Nichtraucherbereiche sein sollen. Auch nicht, wie die Abtrennung
der beiden Zonen erfolgen soll. „Die Leute sind nicht in der Lage,
den Gesetzestext zu interpretieren. Es ist nicht klar, was zu tun
ist.”
Die Folge sei, dass in vielen Lokalen weitergeraucht werde wie
bisher. In anderen Restaurants wurde das Rauchen ganz verboten.
Manche weisen nur einen Tisch als Nichtraucherzone aus, andere die
Hälfte des Raums oder sogar mehr. Francisca Vidal, die die Fragen
der Verbandsmitglieder am Telefon beantwortet, hat festgestellt,
dass die Schlüsselfrage für die Wirte ist, was zu tun ist, wenn
sich ein Nichtraucher über Rauch beklagt. „Die Antwort ist, dass im
Zweifel der Nichtraucher auf eine rauchfreie Umgebung bestehen
kann. Das gilt selbst im Raucherbereich. Wenn er sich durch einen
Raucher gestört fühlt, muss der Wirt dafür sorgen, dass der die
Zigarette ausmacht.” Hilft das nichts, kann der Nichtraucher das
Beschwerdebuch („libro de reclamaciones”) verlangen, das von den
Gesundheitsämtern kontrolliert wird.
Auch das balearische Gesundheitsministerium hat ein Infotelefon
namens „Crida” für die Bürger eingerichtet. Doch selbst dort
herrscht offensichtlich noch Unklarheit oder Unwissen über die
Details des neuen Gesetzes. Beim Anruf dieser Zeitung widersprach
eine Mitarbeiterin am Telefon teilweise dem Gesetzestext. Sie
versicherte, es reiche aus, wenn der Gastwirt einen
Nichtrauchertisch ausweist. Wenn der besetzt ist und weitere
Nichtraucher kommen, müssten diese eben warten oder wieder
gehen.
Eindeutig ist die Lage in öffentlichen Gebäuden.
Mallorca-Besucher bekommen das neue Gesetz bereits am Flughafen zu
spüren. Dort herrscht, wie auch in Bahnhöfen überall in
geschlossenen Räumen Rauchverbot. In Son Sant Joan kann jetzt nur
noch im Freiluftsolarium im Abflugbereich gequalmt werden. Auch der
Anblick von Menschen, die vor Bürogebäuden und Geschäften stehen,
um zu rauchen, wird in Palma wohl häufig werden. Denn das
Rauchverbot gilt auch am Arbeitsplatz.
Negative Auswirkungen auf den Fremdenverkehr befürchten die
Behörden nicht. „Viele Urlaubsregionen haben bereits ähnliche
Regelungen eingeführt”, sagte Tourismusminister Joan Flaquer.
„Außerdem wird das Rauchen ja nicht generell verboten.” In den
Hotels werde es kaum Probleme geben, meint der mallorquinische
Verbandschef Pere Cañellas. In den Speisesälen war das Rauchen
ohnehin schon verboten. Ansonsten seien die Anlagen groß genug, um
verschiedene Bereiche einzurichten. Inwieweit die
Balearen-Vorschriften angepasst werden müssen, wenn das spanienweit
geltende Gesetz in Kraft tritt, ist noch unklar.
Während die Oppositionsparteien den Vorstoß der
Balearen-Regierung (PP) in Sachen Rauchen teilweise als „voreilig”
und schlecht vorbereitet kritisiert haben, gab sich der balearische
Ministerpräsident vom Erfolg der Aktion überzeugt, auch wenn er
„Schwierigkeiten” bei der Umsetzung einräumte. Das neue Gesetz sei
von den Unternehmern sehr gut angenommen worden. „Vor allem gibt es
eine soziale Übereinstimmung darin, dass die Rauchverbote gut und
positiv für die Gesundheit sind, selbst unter Menschen, die diese
Gewohnheit haben”, sagte Jaume Matas.
Info-Telefon Crida zum Antitabakgesetz: 902-075727.
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