Es ist noch nicht so lange her, da herrschte für Herzkranke
absolutes Flugverbot. Zu gefährlich. Heutzutage dürfen auch
Cardio-Patienten fliegen. Dennoch brauchen viele von ihnen die
Betreuung eines Arztes. Rolf Stahlheber, Arzt aus Lustadt und
stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes für Prävention
und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen Rheinland-Pfalz
e.V., erklärt, dass „sich Menschen nach einem Infarkt oder einer
Bypass-Operation oft unsicher fühlen”.
Deswegen begleitet der Medizinier 148 Mitglieder von
Herzgruppen, die für 14 Tage nach Mallorca gereist sind. Immer in
der Nähe: Ein Notfallkoffer mit Defibrilator, obwohl der „noch nie”
zum Einsatz gekommen ist bei Ausflügen der Herzgruppen. Er beruhigt
aber ungemein.
Die Idee für die erste Mallorca-Reise dieser Art kommt von
Javier Moreno. Der 47jährige, in Marokko geborene Sohn spanischer
Eltern hat seine Facharztausbildung in der Schüchtermann-Klinik in
Bad Rothenfelde absolviert und elf Jahre dort gearbeitet.
Nachdem er mit Balearcor das Konzept der Herzgruppen aus
Deutschland auch in seiner neuen Heimat umgesetzt hat, in der er
mit seiner deutschen Frau seit fünf Jahren lebt, will er deutschen
Herzkranken die Möglichkeit geben, im milden Mittelmeerklima ihre
Reha-Bemühungen fortzusetzen. „Oftmals kommen bei Herzkranken, auch
wenn sie nicht akut bedroht sind, psychologische Probleme hinzu. Wo
kann man die besser in den Griff bekommen, als mit Aktivitäten
unter der Sonne?”, fragt er rhetorisch.
Mit Harald Strombeck, Geschäftsführer der Kette Magic Hotels,
besprach er die Idee. Der Touristiker, seit 25 Jahren auf Mallorca,
setzte sich mit dem Verband in Rheinland-Pfalz in Verbindung,
machte im Hotel Ca'n Picafort Palace ein sehr preisgünstiges
Angebot, und 148 Herzgruppen-Mitglieder aus Rheinland-Pfalz
buchten.
Auf der Insel beginnt jeder Tag mit Walking, erst dann gibt es
Frühstück. Neben dem „normalen” Tourismus-Programm, das Ausflüge
zur Kathedrale in Palma oder zu einem Weingut nach Santa Maria
umfasst, beschäftigen sich die Urlauber vor allem mit ihrem Herzen.
Und immer ist ein Arzt in ihrer Nähe, um die zwischen 45 und 75
Jahre alten Reisenden zu betreuen.
Javier Moreno und Harald Strombeck freuen sich über den Erfolg
ihres „Pilotversuches”. Aber dabei wollen sie es nicht belassen.
„Die nächste Reise wird bereits geplant”, so Strombeck.
Herzspezialist Moreno will gar den ganz großen Wurf. Nach einer
Gesetzesänderung dürfen von den deutschen Krankenkassen bezahlte
Reha-Behandlungen der sogenannten Phase II auch im Ausland
absolviert werden. Also denkt er an die Einrichtung der
entsprechenden Infrastruktur auf Mallorca.
„Wir haben hier alles, was in Deutschland auch zu einer Reha
gehört”, ist er überzeugt, „aber wir können mit unserem Klima und
unserer Natur noch viel mehr bieten, was die Heilung verbessert.”
Zwischen Oktober und April sind laut Moreno die Wetterverhältnisse
den Herzkranken ausgesprochen zuträglich, während des heißen
Mittelmeersommers allerdings besser in der deutschen Heimat.
„Außerdem können wir hier in der Nebensaison mit günstigeren
Preisen kalkulieren”, so Moreno, und Strombeck nickt beifällig. Er
freut sich über die Entdeckung einer möglichen Marktlücke. Das
seine und Morenos Aktivitäten nicht unbemerkt vonstatten gehen,
zeigt ein Schreiben des deutschen Heilbäder-Verbandes, der
gegenüber den Krankenkassen schon vorsorglich Alarm schlägt, dass
lukrative Heilbehandlungen ins Ausland vergeben werden.
Diese Projekte sind den aktuellen Urlaubern egal. Sie freuen
sich von Herzen über ihren Urlaub, die meisten sind zum ersten Mal
auf Mallorca. Auch wenn es mitunter ein bisschen kühl ist,
unternehmen sie all das, was ihrem wichtigsten Organ guttut.
So verbrüdern sie sich auch mit den balearischen Herzgruppen,
dafür hat Javier Moreno unter anderem eine gemeinsame
Gymnastik-Stunde in der Sporthalle von Ca'n Picafort organisiert,
ein entsprechendes „Manifest” ist hochoffiziell unterzeichnet
worden.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.