Die Vergangenheit ist nur ein theoretisches Konzept. Zeit ist
nichts, was die Natur geschaffen hat. Menschen aber brauchen
Sekunden, Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Monate und Jahre als
Gerüst. Auf diesem klettert man gemäß der von den meisten
akzeptierten Definition immer nur in Richtung Zukunft. Aber ohne
Vergangenheit würde es dennoch zusammenbrechen.
Die Erinnerung ist also ein wichtiges Element der Gegenwart.
Doch wie diese Erinnerung auszusehen hat, ist vor allem beim
kollektiven Gedenken regelmäßig ein Punkt für Streitereien. In
Spanien gehen die Diskussionen darum, ob die Symbole und Denkmäler
der Franco-Diktatur beseitigt werden sollen oder nicht.
Mittlerweile sehen auch Gegner der Diktatur ein, dass die
Entfernung eines sichtbaren Zeichens jener Zeit auch eine
Entfernung des Denk-mal-Anstoßes bedeutet. Deswegen ist die
Initiative in Porto Cristo zu begrüßen, wo ein altes Monument in
neuer Form verarbeitet wird. Außerdem können sich die Faschisten
von vorgestern beim Aufmarsch vor dem Obelisk nicht einbilden,
gestern in morgen verwandeln zu können.
Eine ganz andere Initiative zum Denkanstoß ist das Projekt in Sa
Pobla. Dort will man den Fall der Berliner Mauer symbolisieren, als
Zeichen für Toleranz und Freiheit. Das ist in mehrfacher Hinsicht
bemerkenswert. Erstens leben in dem Zentrum der mallorquinischen
Landwirtschaft viele Afrikaner, die sich auf dem Feld ihren
Lebensunterhalt verdienen. Die Einheimischen wollen nach außen den
guten Willen dokumentieren, diese Menschen auf der Insel zu
integrieren.
Zweitens ist die Tatsache erstaunlich, dass ausgerechnet Sa
Pobla sich dergestalt mit der deutschen Geschichte
auseinandersetzt. Gerade im Hinterland wohnen viele Mallorquiner,
die die Segnungen des Tourismus und der wirtschaftlichen
Entwicklung zumindest nicht aus erster Hand mitbekommen, wenn sie
nicht sogar zu den (relativen) Verlierern zählen.
Wenn also dort, wo Mallorca besonders mallorquinisch ist, solch
ein Denkmal aufgestellt wird, ist das etwas ganz Besonderes.
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