Als in den frühen Morgenstunden des 16. Oktober 2003 die
deutsche Airline Aero Lloyd Insolvenz anmeldete und Knall auf Fall
den Flugbetrieb einstellte, waren davon auch die 23 Mitarbeiter der
Niederlassung auf Mallorca völlig überrascht. Die meisten erhielten
die Information von aufgeschreckten Kunden.
Wie unangenehm die Überraschung war, erleben die Angestellten
des spanischen Tochterunternehmens bis heute. Nach Auskunft ihres
Anwaltes Antonio Martínez hat keiner von ihnen seit diesem ominösen
Tag ein Gehalt bezogen. Gleichzeitig aber, und da liegt das
eigentliche Problem, wurden auch keine Kündigungen
ausgesprochen.
„Deswegen können die Angestellten kein Arbeitslosengeld
beantragen”, denn in den Papieren der Sozialversicherung steht nach
wie vor, dass sie beschäftigt sind. Wenn sie einen neuen Job finden
und selbst kündigen würden, so der Anwalt gegenüber MM
weiter, würden sie möglicherweise auf Ansprüche gegenüber dem
Arbeitgeber verzichten. Denn im Falle eines Rausschmisses muss nach
spanischem Recht eine Entschädigung gezahlt werden.
Eine Situation, die zumindest finanziell ausweglos erscheint.
„Einige müssen Hypotheken abzahlen und haben bereits große Probleme
mit ihrer Bank”, so der Jurist weiter.
Darüber hinaus müssen die Mitarbeiter noch regelmäßig auf der
Arbeit antreten, obwohl es dort absolut nichts mehr zu tun gibt.
Eine Mitarbeiterin berichtet, wie deprimierend diese Verpflichtung
ist: „Vier Stunden pro Woche sitzen wir auf Anweisung aus
Deutschland dort herum. Zunächst hat man uns die E-Mail gekappt,
dann die Computer. Nur ans Telefon können wir noch gehen.”
Manche nicht mal das. Da sich die Räume im Sicherheitsbereich
befinden, und der Flughafen die Ausweise der Aero Lloyd nicht mehr
verlängert, kann eine Mitarbeiterin nicht mehr zu ihrem
Arbeitsplatz.
Auf diesen unsinnigen Weg zum Flughafen können die
Aero-Lloyd-Angestellten aber nicht verzichten. „Sonst könnte man
ihnen nachsagen, sie seien nicht auf der Arbeit erschienen”,
erklärt Martínez. „So sitzen wir also herum und gucken die Wand
an”, sagt die Mitarbeiterin, die wie alle Kollegen ihren Namen
nicht in der Zeitung sehen möchte.
Der Anwalt vermutet, dass die Insolvenzverwalter auf dem Rücken
der Angestellten finanzielle Interessen durchsetzen wollten. „Meist
ist es so, dass man durch einfaches Nichtstun Geld spart.” Jeder
Mitarbeiter, der nicht durchhält und selbst kündigt, kostet kein
Geld mehr, so das mögliche Kalkül.
Im November habe es die Anweisung gegeben, die Guthaben der
spanischen Niederlassung nach Deutschland zu überweisen. Daraufhin
hat Martínez dafür gesorgt, dass das Gericht sowohl die Konten als
auch zwei Geschäftswagen sowie Büromöbel vorübergehend
beschlagnahmt.
Trotz mehrfacher Anfrage hat sich der Insolvenzverwalter der
Aero Lloyd, das Rechtsanwaltsbüro Walter in Frankfurt, nicht in der
Lage gesehen, zu dem Vorwurf Stellung zu beziehen.
Allerdings hat es in dieser Woche Gespräche gegeben, um
möglicherweise einen außergerichtlichen Vergleich zu erzielen.
Sollte der nicht rechtzeitig abgeschlossen werden, findet am
Mittwoch, 4. Februar eine Gerichtsverhandlung statt.
Denn die Mitarbeiter haben neben den im Handelsregister
eingetragenen Verantwortlichen auch die Unternehmen verklagt, die
Teile der Insolvenzmasse der Aero Lloyd übernommen haben. Da ist
zum einen Niki, die Airline des ehemaligen Formel-1-Weltmeisters
Niki Lauda, die den österreichischen Teil innehat, und Air Berlin,
die seitdem als Partner bei Niki eingestiegen sind. „Nach
spanischem Recht übernimmt derjenige, der auch nur einen kleinen
Teil der Aktiva eines insolventen Unternehmens übernimmt, auch
dessen Verpflichtungen”, erklärt Anwalt Martínez sein Vorgehen.
Sobald die in Deutschland als Aero-Lloyd-Nachfolger vorgesehene
Aero Flight mehr als ein Name sei, würde auch an diese eine
Klageschrift gehen.
Den Mitarbeitern sind solche juristischen Erklärungen weitgehend
egal. Sie wollen auf Arbeitssuche gehen, ohne auf das zu
verzichten, was ihnen zusteht, und das möglichst schnell.
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