Dass Mallorca von Millionen von Menschen „nur” wegen seiner
Strände besucht wird, kommt manchem Einheimischem vielleicht etwas
seltsam vor. Aber für die meisten Deutschen dürfte sich die Frage
nach dem Sinn oder Unsinnn eines „Strandurlaubs” erst gar nicht
stellen. Für über ein Drittel der Deutschen soll das „Strandleben”
im Urlaub zu den schönsten Beschäftigungen gehören. Und unter
denen, die sich für Mallorca im Sommer entschieden haben, ist die
Dichte der Strandsympathisanten sicher noch höher.
Auch für die Inselbewohner stellt sich ab Juni, bei regelmäßig
über 30 Grad im Schatten, nicht mehr die Frage nach dem „Ob”,
sondern nur noch nach dem „Wo und Wie”. Denn die Möglichkeiten sind
an der rund 550 Kilometer langen Küste schier unerschöpflich. Je
nachdem, was man als eigenständigen Strand betrachtet, kommt man
bei der Zählung der Playas auf 150 und mehr.
Wer einen Anfahrtsweg per Auto in Kauf nimmt, findet darunter
bestimmt seinen persönlichen „Traumstrand”. Klar belegt ist dieser
Begriff auf Mallorca von der Playa Es Trenc bei Colònia Sant Jordi.
Er ist wahrscheinlich der Strand, der am häufigsten in
Reiseführern, Zeitungsartikeln, Internetveröffentlichungen und
Reisebroschüren genannt wird. Es Trenc locke mit unverbauter Natur,
Dünenlandschaft und kristallklarem Wasser, heißt es da gerne.
Aber es gibt noch eine Reihe anderer Strände für Naturfreunde.
Dünen und ein großer Pinienwald im Hinterland zeichnen etwa die
Cala Mesquida bei Cala Rajada aus, auch wenn dort in den
vergangenen Jahren durch die Bebauung auf einer Seite der Bucht
eine Wunde in die bis dahin scheinbar heile Welt gerissen wurde.
Manche der so genannten Naturstrände sind nur durch einen Fußmarsch
zu erreichen.
Manchmal wird der Strandgänger allerdings auch dann enttäuscht,
wenn wie in der Caló des Moró bei Santanyí der Sand durch einen
Sturm einfach weggefegt wurde und nur noch nackter Fels aus dem
Boden ragt. In vielen Fällen lohnt sich für diejenigen, die Natur
und Ruhe suchen, aber eine kleine Anstrengung. Von vielen gut
besuchten Stränden wie etwa der Cala Mondragó bei Santanyí führen
Fußwege die Küste entlang. Immer wieder gibt es Mini-Sandstrände
oder Felsbuchten, die einen Einstieg ins Wasser erlauben.
Vielen Menschen dürfte Einsamkeit am Strand allerdings eher
hinderlich sein. Psychologen sprechen davon, dass das erotische
Verlangen im Sommer steigt: Hitze, leichte Kleidung und die
Freiheit vom Alltag tun im Urlaub ihre Wirkung. Nirgendwo hat man
mehr Zeit und Lust zum Flirten als dort, wo die Playa zum
Präsentierteller wird. Und da Gelegenheit bekanntlich Diebe macht,
soll die Häufigkeit der Seitensprünge im Sommer nicht nur auf
Mallorca sprunghaft ansteigen.
Playas, wo die Kontaktpflege besonders einfach ist, gibt es
einige auf der Insel: Der bekannteste Party-Strand ist und bleibt
die Playa de Palma. Auch in der Cala Agulla kennt das
feucht-fröhliche Amusement keine Tages- oder Nachtruhe. Wie
fleißige Ameisen geht es immerfort vom Beach zur Bar mit
Zwischenstopp im Bett. Gefeiert wird auch an manchen Playas bei
Capdepera und Sa Coma. Während diese Strände eher von der deutschen
Schlager-Fraktion in Beschlag genommen sind, hört man an den Playas
bei Palmanova und Magaluf mehr Englisch.
Versuche, an der Playa es Trenc eine Partyszene à la Ibiza mit
elektronischer Musik zu etablieren, sind bereits wieder
eingeschlafen. Heiße Flirtmeile ist der Strand von Puerto Portals.
Die Dichte hübscher Mädchen, schicker Cabriolet-Fahrer und
durchtrainierter Brasilianer, die ihre Körper gerne beim Volleyball
zur Geltung bringen, soll hier besonders groß sein.
Familien mit Kindern suchen in der Regel eher die Sandstrände in
oder in der Nähe von Ortschaften auf, wo Parkplätze, Toiletten,
Lokale, Liegen und Sonnenschirme zur Verfügung stehen. Besonders
was die Toiletten anbelangt, werden sie auf Mallorca häufig
enttäuscht. Öffentliche Klos sind an den Playas (und auch in der
Stadt Palma) Mangelware, so dass oft nur der Gang in die nächste
Bar übrig bleibt, will man nicht zur Verschmutzung des Wassers
beitragen. Die positive Seite: An fast allen Stadtstränden fällt
der Meeresgrund nur langsam ab, so dass Kinder ohne Gefahr
planschen können. Auch gefährliche Strömungen sind selten.
Zumindest so lange die grüne Flagge gehisst ist.
Auch Wassersport-Angebote wie Wasserski, Paragliding, Tretboote
und Jetskis gibt es häufig an den Playas der großen Urlaubszentren.
Bestes Segel- und Windsurfrevier ist die Bucht von Pollença. Zum
Schnorcheln eignen sich fast alle Buchten, die von Felsen gesäumt
sind.
Überschneidungen gibt es auch bei den Naturstränden und den
FKK-Stränden, da sich die Nudisten, die auf den Balearen in einem
Verein organisiert sind (www.naturlismo.org), gerne in natürlicher
Umgebung aufhalten. Der erste Nacktbadestrand war Es Trenc vor etwa
einem Vierteljahrhundert. Auch Calvià war früh fortschrittlich mit
der Ausweisung von FKK-Stränden in der Cala Mago und in Portals
Vells. Viele Nudistenstrände werden heute mehr und mehr von
„Textilen” vereinnahmt; vor allem sonntags fühlen sich die Anhänger
der Freikörperkultur an manchen Stränden mehr und mehr in die Enge
gedrängt und zu wenig respektiert.
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