Mallorca ist teuer geworden. Diese Feststellung, ob nun korrekt
oder nicht, hat sich zu einem Haupthindernis für die gesunde
Weiterentwicklung des touristischen Mallorca entwickelt. Grund für
MM-Schwesterzeitung „Ultima Hora”, einmal Preisvergleiche mit
Deutschland anzustellen.
Tourismus-Experte Juan Luis Ruiz Collado, der Deutschland schon
häufiger besucht hat, reiste nach Nürnberg, Rothenburg ob der
Tauber und Frankfurt, um die so genannten Komplementärangebote
außerhalb des Hotels zu testen und – sofern möglich – zu
vergleichen. Am Wochenende erschien sein erster Bericht, die
Gastronomie betreffend. Der Titel enthält das gesamte Fazit: „Bars,
Cafés und Restaurants in Deutschland billiger als auf Mallorca.”
Ein provokanter Titel. Wer die Reportage liest, bekommt dann
freilich ein etwas differenzierteres Bild geliefert.
Am zutreffendsten ist seine Aussage für Nürnberg, 500.000
Einwohner groß und durchaus touristisch geprägt
(Christkindlesmarkt). Ruiz Collado fand die Nürnberger Eigenwerbung
bestätigt, wonach „Großstadt-Niveau zu provinziellen Preisen”
geboten wird. Insbesondere Essen und Trinken – in der Sparte ,gut
bürgerlich' – erschienen ihm in Nürnberg deutlich preisgünstiger
als in Palma. „Einige Lokale werben regelrecht über den Preis: Das
,Bratwurst-Röslein' offeriert alle Hauptgerichte zu 6'66 Euro.
Dafür kann ich abends in Palma nicht mehr essen gehen.”
Im durch und durch touristischen Rothenburg, dem Traumstädtchen
von 12.000 Einwohnern mit zwei Millionen (!) Besuchern pro Jahr,
musste Ruiz Collado dann schon genauer suchen, um preiswert
ausgehen zu können. Der Fremdenverkehrschef dort bestätigte ihm,
dass die Einheimischen lieber ins Umland fahren, weil in der Stadt
selbst die Preise zu stark angezogen haben. Das kennt Ruiz Collado
auch von Mallorca: „Wem es reicht, dass der Gast nur einmal kommt,
der ist schneller geneigt, an der Preisschraube zu drehen.”
In der Metropole Frankfurt schließlich faszinierte den Gast die
Vielfalt des Angebotes in jeder Preislage. Er erfuhr, dass er in
bester City-Lage anständige Menüs für sieben Euro haben kann, aber
auch, dass die Höhe der Preise in den schicken Läden des
Finanz-Distrikts mit der Höhe der Wolkenkratzer konkurriert.
Überhaupt lässt der Journalist keinen Zweifel daran:
Spitzengastronomie ist in Deutschland mindestens ebenso teuer wie
auf den Balearen.
„Es geht aber nicht allein um den Preis, es geht vor allem um
das Preis-Leistungsverhältnis”, betont Ruiz Collado. Und das stimmt
für den kritischen Journalisten auf Mallorca häufig nicht mehr. „In
Deutschland wurde ich überall, egal ob in Rothenburg oder in
Frankfurt, sehr professionell und freundlich behandelt, als Kunde
eben.” Das fehlt ihm auf Mallorca zunehmend. Außerdem seien die
Lokale in der Regel besser eingerichtet. Ähnliches gelte für andere
Sparten: Das Taxi vom Frankfurter Hotel zum Flughafen war
vergleichbar teuer wie das, das ihn von Son Sant Joan nach Hause
gebracht hat, „aber in Frankfurt fuhr ich in einem neuen Mercedes,
in Palma in einem alten Seat”.
Auch die Institutionen würden teilweise besseren Service
liefern. So war der Insulaner beeindruckt vom Tourismus-Office in
Nürnberg, einem repräsentativen Glaspalast gleich an der
historischen Stadtmauer.
Ruiz Collado sprach in allen Städten mit Verantwortlichen der
Stadtverwaltung und der Gastronomieverbände – und erfuhr, dass mit
dem „Teuro” alle ihre liebe Mühe hatten. Übereinstimmend erklärten
die Gesprächspartner, dass die Überwachungsfunktion der Medien
(„Teuro-Sheriff”) fundamental gewesen sei, um schwarze Schafe in
die Schranken zu weisen. Genau das ist für den Reporter auch auf
Mallorca vonnöten – seine Artikelserie soll ein Schritt dazu
sein.
Eine erste Reaktion holte er vom Vorsitzenden des
Gastronomieverbandes, Antoni Gil, ein. Der ermunterte die
Konsumenten bereits, Wucherpreise anzuzeigen, entweder bei den
Verbraucherverbänden oder beim Tourismusministerium. Obwohl
Collados Report mehr nach innen zielte, fand er auch in Deutschland
ein Echo. Dass die Nachrichtenagentur dpa das Ergebnis der
Recherche verbreitet hat, bedeutet allerdings, dass Mallorcas Ruf
als teures Ziel gefestigt wird.
Ruiz Collado will seinen Landsleuten aber nicht nur auf die
Finger klopfen. Er ermuntert die Mallorquiner auch, Deutschland
kennen zu lernen. Gerade die drei genannten Städte seien
hervorragend geeignet für die hierzulande so geliebten Kurzreisen
(„Escapadas”). Vor den Preisen müsse den Mallorquinern jedenfalls
nicht bange sein.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.