Der Ort des Interviews, die Rennbahn bei Llucmajor, ist treffend
gewählt. Sowohl der Wahlkampf als auch deren Kandidaten kommen
allmählich in Fahrt. Für die ASI (Agrupación Social Independiente),
die bislang in Llucmajor mitregiert, gehen Monika Deichmanns und
Herbert Ziesse ins Rennen. Für beide das Debüt auf der politischen
Bühne, und das als Deutsche auf Mallorca.
„Wir wollen das Rad nicht neu erfinden”, spielt Ziesse
vorsichtshalber den Stellenwert ihrer Kandidaturen für Llucmajor
herunter. In die aktive Politik will der Heilpraktiker, weil er
sich als EU-Ausländer in seiner Gemeinde auch nach neun Jahren
nicht repräsentiert fühle. Dass er das nun für die ASI tut, habe
einen einfachen Grund. Es sei für ihn die einzige Partei, die sich
um die Belange der Nichtspanier kümmere. Jetzt will er „aktiv
mitgestalten”, vor allem wenn es um den heiklen Punkt Sprache geht.
Er spreche zwar nur „etwas” Spanisch, will es aber gegenüber dem
Katalanischem zumindest gleichberechtigt sehen.
Parteikollegin Deichmanns gibt sich defensiver. Groß im Rathaus
mitreden sei nicht ihr Ziel, sagt sie. Vielmehr sähe sie sich –
vorausgesetzt, es reicht zum Einzug – als „Bindeglied” zwischen den
Belangen der EU-Ausländer und dem Establishment. Sie wünscht sich
eine offizielle Anlaufstelle in Llucmajor. Die Kandidatur habe sie
sich länger durch den Kopf gehen lassen, „wegen all der
Öffentlichkeit”.
Mit ganz anderen Voraussetzungen geht die in Schottland geborene
Kate Mentink in den Wahlkampf. Ihr Name ist vielen bereits ein
Begriff und die Partei PP etabliert. Die Ziele der Ehrenpräsidentin
des Bürgervereins Ciudadanos Europeos unterscheiden sich aber kaum
von denen der ASI-Kandidaten in Llucmajor: „Die Neubürger aus der
EU möchten besser informiert und vertreten werden.” Auch sie
beklagt sich über die Dominanz des Katalanischen. Überdies wolle
sie nicht nur Steuern und Abgaben zahlen, sondern auch entscheiden,
wohin diese fließen. Mentink wohnt seit 22 Jahren in Calvià.
Mit ihrem Sprung in die Politik will sie anderen EU-Bürgern Mut
machen. Zur Zeit hangelt sie sich von Wahlveranstaltung zu
Wahlveranstaltung, im Schnitt 15 Treffen pro Woche. Sie ist sicher:
„In vier Jahren wird es wesentlich mehr Deutsche und Engländer auf
den Kandidatenlisten geben.” Nach ihrer Rechnung stellen EU-Bürger
knapp 22 Prozent der wahlberechtigten Einwohner in der
Gemeinde.
Völlig entspannt sieht Lisa Herding dem Wahltag entgegen. Die 20
Jahre alte Jurastudentin geht für die Sozialdemokraten PSOE in
Sóller ins Rennen. „Wenn es nicht klappt mit dem Einzug ins
Rathaus, dann halt später”, sagt sie erstaunlich glaubhaft. Derweil
sind ihre Voraussetzung günstig: Sie lebt seit 14 Jahren in Sóller
und ist vollständig integriert.
Das hat auch andere Vorteile. Das Fädenziehen hinter den
Kulissen der Lokalpolitik bekommt sie direkt mit. Parteigehörigkeit
spiele danach eine untergeordnete Rolle, „was zählt, sind die
Stimmen, die einer bekommen kann.” Nicht selten würden deshalb
bekannte Gesichter aus dem lokalen Gesellschaftsleben geködert. Was
ihr an Themen unter den Nägeln brennt, ist in erster Linie der
Umweltschutz.
Herding steht vielleicht noch bevor, was Kunibert Bauzá seit
acht Jahren in Pollença mitmacht. Die zweite Amtszeit des 46 Jahre
alten Arztes für die Regionalpartei PSM (Partit Socialista de
Mallorca) geht in diesen Wochen zu Ende. Der Sohn einer deutschen
Mutter und eines spanischen Vaters wuchs in beiden Ländern auf und
spricht mit seinen zwei Töchtern noch heute Deutsch. Bauzá hat
beide Staatsangehörigkeiten und wollte damals vor allem im
Schulbereich Ideen einbringen.
Dieses Jahr kandidiert er zweigleisig: für das Landesparlament
und für das Rathaus. „Wichtig hier ist in erster Linie, wie man
etwas zur Sprache bringt”, will er gelernt haben. Da könne der Name
noch so ausländisch sein.
Eine nur schwer nachvollziehbare Einstellung zur Kandidatur hat
die für die PSOE in Andratx antretende Gisela Schuischel. „Ich will
nicht in die Öffentlichkeit”, beantwortet sie Interviewwünsche der
Presse. Sie lässt weiter nur durchblicken, dass sie dem Wunsch der
Spitzenkandidatin nachkam.
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