Auf der Rennstrecke Circuito de Mallorca riecht es nach Kerosin,
und der infernalische Lärm kommt unverkennbar von einem
Düsentriebwerk. Jets auf dem Rundkurs bei Llucmajor? Nein – ein
Motorroller.
Aber ein ganz spezieller. Denn das in Heimarbeit gefertigte
Gerät wird in der Tat von Turbinen angetrieben. Andreas Zwisler,
Inhaber von Zweirad-Zwisler aus Langenargen am Bodensee, hat dazu
zwei Triebwerke verwendet, die ansonsten Drohnen, führerlosen
Flugkörpern, ihren Vortrieb geben. Die Idee zu dem abseitigen
Projekt hatte Tom Groth, seines Zeichens Chefvisionär von Sun
Microsystems in München.
Das EDV-Unternehmen (produziert die meisten Internet-Server und
hat die Programmiersprache Java erfunden) will mit dem so genannten
„Sun-Microsystems Kickjet” praktisch demonstrieren, was in Sachen
automobiler EDV möglich ist.
„Dazu brauchen wir ein Kfz”, erklärt Groth, „konnten aber kein
existierendes nehmen, um keinen Hersteller zu verärgern. Also
bauten wir selber eines – und weil wir davon keine Ahnung haben,
sollte es ein spektakuläres Gerät sein. So kamen wir auf den
Tretroller mit Düsenantrieb. Der dann etwas größer und geiler
geworden ist als ursprünglich geplant”.
Spektakulär ist nicht übertrieben. Schon beim Anlassen schießen
lange Stichflammen aus den Düsen. Die entwickeln etwa 800 Newton
Schub, umgerechnet mehr als 300 PS. Sie beschleunigen das Gerät,
das unter der Sonne Mallorcas (Groth: „Wir sind vor dem Schnee
geflüchtet”) seine Jungfernfahrt absolvierte, erst träge, aber ab
etwa 50 km/h brachial. Ausfahren dieser Kraft war auch auf der
Rennstrecke von Llucmajor unmöglich: „Theoretisch wäre der Kickjet
wohl 400 km/h schnell”, sagt Zwisler, „aber spätestens bei 250
zerlegt es die Reifen.” Wegen des hohen Verbrauchs muss der Roller
schon nach wenigen Runden zum Tanken.
Auch wenn der Düsen-Roller den beiden Motorrad-Freaks sichtlich
Spaß machte, war Arbeit der Grund für den Bau der Höllenmaschine
und den Trip nach Mallorca. „Die EDV in dem Kickjet ist
ultra-seriennah”, erklärt Tom Groth, „auch wenn es nicht so
aussieht.” Das Projekt soll am 12. März auf der Cebit in Hannover
der Öffentlichkeit präsentiert werden, dann wird auch der Film
gezeigt, der auf der Rennstrecke im Auftag von Sun gedreht
wurde.
Groth verrät, dass es bei dem EDV-Projekt um die Ferndiagnose
von Daten geht, um die Übertragung neuer Programme, ohne dass das
Kfz dazu in die Werkstatt muss, um umfassende Infos für die
Produktmanager der Automobilhersteller, die sonst nie Kontakt mit
dem Endkunden haben.
Eine praktische Anwendung im Alltag ist zum Beispiel das
„Parent-Support”. Ein Vater, stolzer Besitzer eines Sportwagens,
könnte diesen PS-Bolzen per EDV drosseln, dass sowohl die
Beschleunigung als auch die Geschwindigkeit bestimmte Höchstwerte
nicht überschreiten, um auch den Sohn, der gerade seinen
Führerschein gemacht hat, etwas sorgenfreier fahren zu lassen. Der
Filius bekommt dazu einen kodierten Schlüssel, „und wenn er auf den
vollen Sound steht, geht das auch”, so Groth.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.