Es ist so ähnlich wie mit dem Fußball: Beim Grillen wächst das
Volk der Deutschen gewissermaßen zur Nation zusammen. Darin sind
wir Weltmeister, und keiner macht uns den Titel streitig. Oder
vielmehr ihnen: den deutschen Männern. Frauen an den Herd, Männer
an den Grill, so war das (mit Ausnahmen natürlich) schon immer.
Echte Glutsbrüder haben ein inniges Verhältnis zu ihrem Grillgerät.
Sie pflegen und putzen es, sie nutzen es häufig und besonders
gerne, wenn Gäste kommen. Denn Grillen ist ein Partyknüller, daran
kann auch ein Umzug nach Mallorca nichts ändern.
Der Blick in die hiesigen Gartencenter, in denen Grillgeräte in
den verschiedensten Ausführungen angeboten werden, zeigt: Was das
Grillen anbelangt, haben sich die Läden auf die bekannte Passion
der „Teutonen” für rauchende Feuerstellen eingestellt. Auf der
Insel müssen die deutschen Residenten nicht auf gängige Marken aus
dem Heimatland verzichten. Vorteil: Die Bedienungsanleitung auf
Deutsch liegt meistens obenauf und erleichtert die Wahl des
passenden Geräts.
Dem Mallorquiner dürfte dieser Einfluss der „Alemanes” gelegen
kommen. Auch sie sind ausgesprochene Fleischfreunde. Das Grillen im
eigenen Garten oder auf der Terrasse spielt für sie allerdings
nicht dieselbe Rolle. Sie suchen gerne sonntags die öffentlichen
Picknickplätze auf, wobei auch schon mal eine Paella anstelle des
Steaks auf dem Rost landet. Während sich die Deutschen durch den
Sommer grillen, entfachen die Mallorquiner mit Vorliebe im Winter
ein Feuerchen:
Bei Fiestas wie zu Ehren von Sant Sebastià stellen die Gemeinden
Grillgeräte auf, wo mitgebrachte Würste und Fleisch in der Runde
von Freunden und Unbekannten gegart und verzehrt werden. Und
schließlich gibt es dann noch die beliebten Grillrestaurants wie
das „Can Pedro” in Génova oder das „Can Torrat” in Arenal, die für
ihre Fleischgerichte mit dem typischen Holzkohlegeschmack bekannt
sind.
Weil Fleisch, Fisch und Wurst durch das Rösten über glühender
Holzkohle ein ganz spezielles Aroma entfalten, ist es auch bei den
deutschen Hobbyköchen so beliebt. Dass beim Grillen Krebs erregende
chemische Verbindungen entstehen können, wenn Fleischsaft, Fett
oder Marinade in die Glut tropfen, stört dabei kaum jemanden.
Immerhin sollen kanadische Forscher jetzt Entwarnung gegeben
haben: „Ist Grillen gesundheitsschädlich?”, fragt der
Mitteldeutsche Rundfunk auf seiner Ratgeberseite im Internet. Die
Antwort: „Wer Fisch oder Wurst vom Grill isst, muss sich danach
keine Gedanken machen. Er scheidet den krebserregenden Stoff
einfach wieder aus.” Die Kanadier und Wissenschaftler anderer
Länder, so heißt es dort weiter, sollen außerdem herausgefunden
haben, dass beim Grillen verwendete Kräuter die Wirkung schädlicher
Stoffe vermindern oder aufheben. Auch eine gute Marinade tauge „als
Gegengift”.
Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte darauf achten, dass
nichts in die Glut tropft. Wer Grills verwendet, bei denen die Glut
von der Seite die Hitze abgibt, ist fein raus. Ansonsten leisten
auch unter das Grillgut gelegte Alufolie oder Aluschälchen gute
Dienste. Letztere können in der Spülmaschine gereinigt und wieder
verwendet werden.
Grundsätzlich gilt, dass Gepökeltes nicht auf den Rost gehört.
„Das im Pökelsalz enthaltene Nitrit verbindet sich unter
Hitze-Einwirkung mit dem im Fleisch enthaltenen Eiweiß zu Krebs
erregenden Nitrosaminen”, schreibt eine Autorin zum Thema „Gesund
grillen” im Internet auf der Seite www.netdoktor.de.
Weil man zum Grillen kein Fett benötigt, gilt es im Prinzip als
eine gesunde Art der Zubereitung. Aus Geschmacksgründen wird der
Grill-Fan bestimmte Fleischsorten, vor allem Geflügel, aber vorher
mit Öl einpinseln, wobei Olivenöl gut geeignet ist, weil es den
hohen Temperaturen standhält. Auch Marinaden machen das Fleisch
zarter und geben ihm den letzten Schliff.
Lange Zeit spielten Schweinebauch und Würstchen unbestritten die
Hauptrollen auf deutschen Grillpartys. Heute lassen aber manche
Menschen die Fleischstücke links liegen und greifen lieber zu den
Beilagen. Brot, Saucen, pikant eingelegte Obst- und Gemüsesorten
und vor allem die verschiedensten Salate laufen dem Grillgut
mitunter den Rang ab. Auch auf dem Rost drängeln sich immer mehr
vegetarische Spieße, halbierte Tomaten oder gar Bananen um die
besten Plätze.
Für die Erfinder des „Grillfests” wäre das undenkbar gewesen.
Noch nicht mal Würze kannten die Vorfahren der heutigen
Hobbygriller. „Fleisch über dem Feuer zu rösten ist eine uralte
Methode der Nahrungszubereitung, sie wurde schon vor 300.000 Jahren
praktiziert. Das beweisen unter anderem die versteinerten
Fleischreste in der Holzkohle alter Feuerstellen”, heißt es etwa
bei www.grillen.net. Auch am Grillgut selbst hat sich einige
geändert: Die Ägypter hätten bei frühen Fressgelagen Hyänen und
Krokodile verspeist, den Römern soll von Sklaven die erste
Bratwurst aufgetischt worden sein.
Die glühende Leidenschaft der Deutschen – drei Millionen Grills
sollen sie in ihrem Heimatland jährlich kaufen – könnte also von
uralten Instinkten geleitet sein. Dem offenen Feuer haftet immer
noch ein Hauch von Abenteuer und „zurück zur Natur” an. Das mag mit
der Grund sein, warum 80 Prozent der Deutschen den Holzkohlegrill
bevorzugen, der zudem günstiger als der Elektrogrill ist.
Mit der nötigen Vorsicht durchgeführt, sind Grillfeste echte
Partyknüller. Viele schätzen das rustikale Flair und das
ungezwungene Ambiente. Hämische Zeitgenossen behaupten, dass die
Männer sich dabei nicht ohne Grund um die Position am Rost drängen:
Vermeintlich stelle er sich als Hüter der Glut zwar in den Dienst
der anderen, doch stelle er sich durch die Nahrungsverteilung wie
einst der Rudelführer an die oberste Stelle der Hierarchie.
Brutzelnde Bosse. Aber wen kümmert das, solange es schmeckt.
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