Der Immobilienmarkt auf Mallorca ist nicht mehr so aufgeheizt
wie noch vor ein oder zwei Jahren, aber von Krise kann keine Rede
sein. Das betonen alle Makler und mit Immobiliengeschäften
betrauten Anwälte, von MM zur Lage der Geschäfte
befragt.
Freilich: Der deutsche Markt läuft lange nicht mehr so gut wie
einst in den Boom-Jahren. „Die Geschäfte sind um 60 bis 70 Prozent
zurückgegangen”, schätzt Jaime Lamas, Anwalt und Vizehonorarkonsul
für Österreich. Aber „die Deutschen gehören nach wie vor zu den
besten Kunden”, so Jorge Forteza, Besitzer von Nova Immobilien,
„auch wenn die Briten jetzt die stärkere Gruppe stellen”.
Für Kühn & Partner, mit 19 Büros auf den Balearen, davon 18
auf Mallorca der Platzhirsch, hat sich diese Entwicklung schon
lange abgezeichnet. „Deswegen haben wir auch seit vier Jahren eine
Niederlassung in England”, so Inhaber Matthias Kühn. Die Stärke des
britischen Marktes liege an der Stärke des britischen Pfundes. Auch
in seinem Unternehmen verzeichnete Kühn eine Abschwächung der
deutschen Kaufbereitschaft, „doch das zieht schon wieder an”, so
Kühn.
Er freut sich auch über steigende Nachfrage von Spaniern und
Mallorquinern. Für Lance Minnick, Inhaber des
Immobilienunternehmers Bellacasa, ist die starke
Internationalisierung seines Geschäfts ein Beweis „für die Stärke
der balearischen Wirtschaft. Keiner hat geglaubt, dass es ohne die
Deutschen weitergehen würde. Jetzt ist der deutsche Käufermarkt in
der Krise, aber die anderen Kunden gleichen das aus”.
Für Lutz Minkner von Profi Konzept stellt sich die Lage je nach
Preiskategorie unterschiedlich dar. „Wir merken eine schwächere
Nachfrage im mittleren und sehr hohen Segment”, was er auf die
schlechte Konkunktur in Deutschland zurückführt. In der oberen
Preiskategorie gebe es jedoch nach dem „allgemein sehr viel
ruhigeren vierten Quartal 2001” wieder eine gute Nachfrage auf
hohem Niveau.
Arno Meuser, ein Anwalt, der nach eigenen Angaben in den
vergangenen Jahren etwa 1800 Immobiliengeschäfte abgewickelt hat,
sieht ebenfalls „einen schweren Einbruch im mittleren Segment”. Das
beginnt auf Mallorca bei 125.000 Euro für eine Wohnung, die auf dem
spanischen Festland schon für 40.000 zu haben ist.
Für Meuser ist die deutlich rückläufige Nachfrage in dem
Bereich, „der das Rückgrat der Branche war, weil es die Masse
brachte”, die Quittung für die schlechte Bauqualität während des
Booms. „Vor allem in der Gegend um Santa Ponça ist in den
vergengenen zwölf Monaten viel fertiggestellt worden, was sich
jetzt als unverkäuflich herausstellt”. Lance Minnick sieht das
ähnlich für die Gegend um Cala Rajada. Meuser findet das „richtig
Klasse”, weil die mittelgroßen und kleinen Makler, Bauunternehmer
und Bauherren, die sich am Boom eine goldene Nase verdienen
wollten, „runterkippen”. Matthias Kühn erwartet eine Konzentration,
„viele Freizeitmakler werden verschwinden”.
Gute Bauqualität ist jedoch nach wie vor gefragt, jetzt werde
auch wieder entsprechend gebaut. Lance Minnick von Bellacasa sieht
ein verbessertes Preis-Leistungs-Verhältnis, gleichzeitig sei der
Kunde deutlich kritischer geworden. „Die Deutschen sind sehr
vorsichtig geworden”, so Minnick, „wir müssen jetzt viel mehr
Objekte zeigen”, sekundiert Minkner. Während früher viel vom Plan
verkauft wurde, nutzen die Kunden jetzt das größere Angebot zur
kritischen Auswahl, lassen sich Zeit, die Makler müssen jetzt
richtig arbeiten.
Der langsame Abverkauf von Neubauprojekten könnte dabei solchen
Bauherren Probleme bereiten, die ihre Finanzierung auf Basis einen
schnelleren Umsatzes kalkuliert haben, mutmaßt Anwalt Meuser.
„Jetzt überlebt nur noch,, wer solide baut und solide finanziert
hat.” Lutz Minkner hat das Problem nicht, „weil wir nicht im
Bauträgergeschäft aktiv sind – ich musste meiner Frau versprechen,
das nie zu tun”. Matthias Kühn, seit einigen Jahren in dem Bereich
tätig, hat auch keine Sorgen: „Unsere Projekte in Sa Rápita und
Betlem laufen gut, dort haben wir jetzt auch Kunden von Mallorca
und vom Festland.”
So zurückhaltend die Deutschen gegenwärtig auf Mallorca kaufen
mögen, so solide zeigt sich also der Gesamtmarkt. Das ist eine
kalte Dusche für all jene, die hoffen, in einer Krise Immobilien zu
Schnäppchenpreisen ergattern zu können. Die Anzeige „Immobilien
Eilverkäufe” will Reiner Görnert von Proyectos Maximilian in Port
d'Andratx denn auch bald nicht mehr schalten. „Es gibt jetzt nicht
mehr Eilverkäufe als vor vier Jahren, sei es aus Geldnot, oder weil
der Verkäufer keine Lust mehr hat, auf seinem Objekt zu
sitzen.”
„Preise gehen immer hoch, nie runter”, weiß Arno Meuser, Lance
Minnick rechnet mit Steigerungen von jährlich sieben bis zehn
Prozent über der Inflationsrate, auch wenn die 20 bis
30-prozentigen Steigerungsraten aus den Boom-Zeiten der
Vergangenheit angehören. Für Jorge Forteza von Nova Immobilien gibt
es allerdings durchaus eine Bereinigung, „die Marktpreise werden
jetzt auf ein vernünftiges Niveau gedrückt, sie waren auch
jahrelang absurd hoch”. Wer beispielsweise vor zwei Jahren
überteuert gekauft habe, könne jetzt vor der Situation stehen,
diesen Preis nicht mehr erzielen. Aber „kaum einer muss verkaufen”,
weiß Lutz Minkner, seine Kunden können warten, bis sie einen Käufer
finden.
Der Inhaber von Profi Konzept beobachtet nach wie vor ein
Phänomen der hiesigen Ferienhausbesitzer. „Sie wechseln öfter mal
die Immobilie, je nachdem, wie sich Familienverhältnisse und der
Geschmack verändern.” So funktioniert der Heimatmarkt: Meist ist
ein ein kleines Appartment an der Küste, das bei wachsendem
Nachfragedruck von Kindern und Freunden gegen eine Finca
ausgetauscht wird, woraus dann, wenn die Kinder aus dem Haus sind,
ein Umzug in eine Stadtwohnung erfolgt.
Überhaupt sind Wohnungen in Palma immer beliebter, hier ist auch
von einer Krise im deutschen Markt nichts zu spüren. „Die Nachfrage
nach Altstadtwohnungen ist stark gestiegen”, so Minkner, bei
restaurierten Objekten ist unter 3000 Euro pro Quadratmeter nichts
zu machen, selbst bei Ruinen, „bei denen man aus dem Erdgeschoss
bis zum Dach gucken kann”, müssen 1000 Euro gerechnet werden.
In der Hauptstadt und Umgebung boomt auch nach wie vor der Markt
der Hauptwohnsitze, wobei die Kunden hauptsächlich Einheimische
sind. „Das wird auch so weitergehen”, glaubt Matthias Kühn, „weil
das Angebot nicht mit der Nachfrage mithält”. In und um Palma sucht
auch eine steigende Zahl von Ausländern einen Erstwohnsitz, denn
nach Beobachtung von Steffen Döhne von der Mallorca-Mietbörse
finden immer mehr arbeitende Deutsche den Weg auf die Insel.
Schließlich, und das wird bei allem Krisengerede gerne
vergessen, bietet Mallorca nach wie vor alle Vorteile, die zum Boom
der vergangenen Jahre geführt hatten: ideales Klima, optimale Lage,
gute Infrastruktur auch für Geschäfte, ausgezeichnete
Flugverbindgungen ins nördliche Europa. „Außerdem ist es hier wegen
der Insellage sehr sicher”, betont Matthias Kühn, „deswegen wird
sich hier weiterhin der Geldadel niederlassen, der beispielsweise
in Südfrankreich ohne Bodyguard kaum auf die Straße gehen
kann”.
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