Der 11. September 2001 hat für die Familie McGuiness begonnen
wie viele andere Tage. Tom, der Familienvater, verabschiedet sich
wie so oft sehr früh am Morgen von seiner Frau Cheryl mit einem
Kuss und macht sich auf den Weg zu seinem Arbeitsplatz, dem Cockpit
einer Boeing 767 auf dem Flughafen Boston. Bald gehen auch Tochter
Jennifer (16) und Son Tom (14) aus dem Haus in New Hampshire.
Wenig später rast der America-Airlines-Flug 011, er war
ursprünglich auf dem Weg von Boston nach Portland, in den Nordturm
des World Trade Centers in New York. Die Trümmer des einstürzenden
Hochhauses begraben Tausende Opfer, unter ihnen der Pilot Tom
McGuiness. Für seine Familie ist nichts mehr so, wie es vorher
war.
Am vergangenen Dienstag, fast fünf Monate später, kamen seine
Witwe und seine beiden Kinder nach Palma. Eingeladen von der
internationalen Stiftung Frieden und Kooperation, die am Mittwoch
im Colegio La Salle zum 16. Mal seit ihrem Bestehen die Preise für
die Sieger eines Wettbewerbs verleiht. Kinder aus Afrika und
Südamerika wurden ebenso ausgezeichnet wie Teilnehmer aus Europa
und Asien. „Das Thema war eigentlich das internationale Jahr der
Freiwilligen”, erklärt Joaquin Artuña, der Präsident der Stiftung,
„aber am internationalen Tag des Friedens wollten wir auch an die
Schüler unter den Opfern der Gewalt erinnern.” Jennifer und Tom
sind Opfer, „und auch die Kinder in Afghanistan, dem Nahen Osten
und anderen Teilen der Welt”, sagt Artuña. Zwölf Botschafter nahmen
neben anderen an der Preisverleihung teil, einer der ersten Preise
ging an Grunula Syed aus Pakstian. „Es ist uns besonders wichtig,
dass auch alle großen Religionen vertreten sind”, sagt Artuña.
Schon seit fünf Jahren unterstützen die Airline Ambassadors,
eine Hilfsorganisation von Mitarbeitern aus zwölf
Fluggesellschaften, die Stiftung Frieden und Kooperation. Sie hilft
beim Transport von Medikamenten. Auch ihre Angehörigen trafen die
Attentate. Nancy Rivard kam davon. Die Stewardess bei American
Airlines war in New York, kümmerte sich in den Wochen nach dem
Anschlag um Angehörige. Auch sie ist mit nach Palma gekommen.
Cheryl McGuiness, eine zierliche, fast zerbrechliche wirkende
Frau von Anfang 40, spricht über jenen Tag. Leise, aber mit fester
Stimme, ohne lang zu überlegen. Die Fragen hört sie nicht zum
ersten Mal. In Katalonien, Asturien und in Madrid waren sie und die
Kinder bereits. Fast einstudiert wirken einige Antworten, doch das
will nicht heißen, das die Frau des Piloten nicht das glaubt, was
sie sagt. Sie ist es nicht gewohnt, vor Journalisten, Kameras und
Mikofonen zu stehen.
„Viele Menschen in der ganzen Welt waren betroffen. Die Menschen
werden ihre Angehörigen nicht vergessen”, sagt Cheryl McGuiness.
Sich nicht allein gefühlt zu haben, in diesen Monaten, das sei ein
Trost gewesen. „Gott hilft meiner Familie durch die Unterstützung,
die wir überall erfahren.” Das Gute auf der Welt werde ewig währen,
sagt sie. „Wir haben unsere Freiheit behalten. Und die wollen wir
nutzen, um uns für das Gute einzusetzen.”
Der Chefpilot von American Airlines rief sie am 11. September an
und überbrachte die Nachricht. Dann holte sie die Kinder aus der
Schule. „Wir waren völlig fertig.” Wie beurteilt sie die Reaktion
der USA auf das Attentat? „Präsident Bush macht gute Arbeit. Er ist
ein kluger Mann.” Ihr selbst und den Kindern helfe der feste Glaube
an Gott. „Tom und Jennifer gehen in eine christliche Schule. Das
ist wie eine große Familie für sie. Wir sind alle von Liebe und
Unterstützung umgeben.” Die Anschläge, sie hätten die Amerikaner
enger zusammenrücken lassen, glaubt Cheryl McGuiness. „Was uns
zerstören sollte, das hat uns nur noch stärker gemacht.” War sie am
Ground Zero, dem Ort, wo jetzt die Trümmer des World Trade Centers
beseitigt werden? „Nein. Manche Menschen müssen es sehen, ich
denke, man muss es nicht.” Der Blick auf diesen Ort, er würde nicht
helfen, das zu fassen, was am 11. September ihr Leben veränderte.
„Überwinden können wir das nur, wenn wir an Gott glauben”, sagt
Cheryl McGuiness. „Verstehen werden wir wohl nie, was da passiert
ist.”
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