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Für nicht wenige ist die Rente ein Buch mit sieben Siegeln. Sich mit dem eigenen Altersgeld auseinanderzusetzen, ist weniger anheimelnd als ein Besuch beim Zahnarzt. Wer kann, überlässt den Papierkram lieber professionellen Dienstleistern. Ähnlich wie Steuerberater, die jeden Kniff in Sachen Einkommensteuererklärung kennen, wissen so genannte Rentenberater die Wust an Formularen zu bewältigen.

Dass der Beratungsbedarf nicht nur in Deutschland, sondern auch unter den deutschen Residenten in Spanien groß ist, zeigt unter anderem die Tatsache, dass es auf Mallorca künftig zwei Dienstleister in Sachen Rente geben wird. Die beiden Unternehmen sind nach Angaben des Bundesverbandes der Rentenberater in Köln die einzigen, die spanienweit Kunden in Sachen Pensionsgeld mit Tipps und anwaltlicher Vertretung vor den Sozialgerichten zur Seite stehen.

Seit 1996 unterhält Jürgen Gros ein Büro in Palma. Jeden zweiten Monat fliegt er auf die Sonneninsel, um Beratungsgespräche mit den Mandaten zu führen. In seiner Societät in Darmstadt bearbeitet der 47-Jährige die Fälle.

Neu auf der Insel ist die Rentenberatung Weißbach und Parche, die ihre Kanzlei in Leipzig hat. Vor wenigen Wochen eröffneten die Dienstleister ein Büro auf dem spanischen Festland in Denia, ein zweites wurde nun in den Räumen des Mallorca Business-Center in Betrieb genommen. Im Rahmen eines Info-Vortrages wollen sich die Berater am 7. Februar Interessierten präsentieren.

Je jünger ein Mensch, desto schwerer fällt es ihm, sich sein Pensionsdasein auszumalen, geschweige denn, die finanzielle Situation in griffigen Zahlen zu erfassen. „Ach, wer weiß, was bis dahin überhaupt ist”, sagen Teenager, denen die Zukunft noch sperrangelweit offen steht. Aber auch Ältere bedürfen häufig der Überwindung, um sich mit der eigenen Rentenerwartung zu beschäftigten. Denn ungeachtet aller Schönfärberei des Lebensabends zu „Erntezeit” und „Goldenem Herbst” trägt das Ruhestandsgeld in sich Anklänge an Unterforderung, Einsamkeit, Gebrechen und Tod. Nach der Rente kommt nicht mehr viel.

Unangenehm ist das Thema nicht nur wegen seines emotionalen Gehaltes. Auch die Bevölkerungsentwicklung und daraus resultierende, langfristige Konjunkturprognosen geben wenig Anlass zu Optimismus. Die Probleme liegen auf der Hand: Immer mehr alte Menschen beziehen immer länger Rente. Die Geburtenjahrgänge werden in ganz Europa hingegen immer schwächer, so dass die Last rein zahlenmäßig auf immer weniger jungen Schultern ruht. Heute stehen drei Jüngere einem Älteren über 60 gegenüber. Im Jahre 2030 müssen zwei Personen für einen Rentner zahlen.

Seit Jahrzehnten streiten sich die politischen Parteien darum, wie der Vergreisung der Gesellschaft finanziell beizukommen ist. Auf Reförmchen folgte Reförmchen, mit der so genannten Riester-Rente, die seit vergangenem Jahr in aller Munde ist, versprach die amtierende Bundesregierung unter dem Motto „Solidarität mit Gewinn” den großen Wurf. Doch die Kritik an der Rentenreform ließ nicht auf sich warten. „Zu wenig, zu teuer, zu spät”, monierten laut Nachrichtenmagazin „Der Spiegel” die Experten der Gegenseite.

Die Frage, ob die auf den Weg gebrachte Rentenreform die Menschen in Scharen in die Sprechstunden treibt, kann der neue Rentenberater auf Mallorca, Frank Parche, nur gequält beantworten: „Die Riester-Rente beraten wir zurzeit nicht, aber wir werden wohl nicht darum herumkommen.” Das Hauptproblem dabei: der geschützte Berufsstand der Rentenberater ist in Deutschland als Organ der Rechtspflege anerkannt und agiert somit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage. Die Dienstleister müssen wie Rechtsanwälte an den Sozial– und Landessozialgerichten zugelassen sein, wo sie ihre Mandaten bei Rechts– und Verwaltungsstreitigkeiten in Sachen gesetzlicher Rentenversicherung vertreten. Die Riester-Rente hingegen will mit staatlichen Zulagen und Steuervorteilen die Bildung einer freiwilligen Zusatzvorsorge anregen. Diese ist somit privatwirtschaftlich orientiert und fällt nach Parches Worten in den Bereich von Versicherungs– und Finanzberatern. „Der Staat hat mit der Riester-Rente etwas geschaffen, wo wir am Rande unseres Berufsrechts agieren.” Aber allein mit Verfahren zur gesetzlichen Rentenversicherung sieht Parche genug Arbeit auf den neuen Standort Palma zukommen. Das zeigten bereits Erfahrungen aus Denia, so der 39-Jährige. Dort hatten er und seine Kollegin Cornelia Weißbach nach einem Beratungstag ein dutzend neue Mandanten gewonnen. „Der Bedarf ist dicke da!” Gerne schmücken sich Rentenberater mit einem Fazit, das der Deutsche Bundestag bereits 1980 über den Berufsstand (rund 650 Mitglieder) ausgesprochen hatte: „Die Rentenberater haben sich bei der Unübersichtlichkeit und der zunehmenden Bedeutung des Sozialversicherungsrechtes im Rechtsleben – insbesondere auch bei der Kontrolle der Versicherungsanstalten – als unentbehrlich erwiesen.” Im Normalfall ermitteln die Dienstleister, wieviel Rente ein Arbeitnehmer später zu erwarten hat („Rentenberechnung”). Für angehende Ruheständler stellen sie auf Wunsch den Rentenantrag („Durchführung des Rentenverfahrens”). Erfolgt schließlich die Rentenauszahlung etwa durch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), überprüfen die Rentenberater die Höhe des „Rentenbescheids”.

Unter Rentenberatern kursiert, dass etwa jeder dritte Rentenbescheid fehlerhaft ist, unter anderem weil beitragsfreie Zeiten wie Kindererziehung, Arbeitslosigkeit oder die Wehrpflicht nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. „Das kann sich in der Summe neutral auswirken, in manchen Fällen aber auch 100 Euro im Monat ausmachen”, so Parche. Für ihre Dienste stellen die Rentenberater Rechnungen nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung aus. Eine Rentenberechnung schlägt demnach je nach Aufwand mit 100 bis 200 Euro zu Buche.

Einen „typischen Mandanten auf Mallorca” gibt es nicht, sagt Jürgen Gros, der seit sechs Jahren seine Dienste als Rentenberater auf der Insel anbietet. Zum einen kommen Menschen, die lange in Deutschland gearbeitet haben, dann aber nach Spanien auswanderten und sich dort einen neuen Job suchten. Zum anderen melden sich Angestellte, die in Deutschland kurz vor dem Ruhestand stehen, und beabsichtigen, sich nach der Pensionierung auf Mallorca niederzulassen. In anderen Fällen geht es um die Anerkennung strittiger Rentenansprüche im Krankheitsfall. Gelegentlich wandten sich auch Spanier an Gros, die in ihrem langen Berufsleben Stationen in Deutschland aufzuweisen hatten. Einer spanischen Krankenschwester, die vier Jahre in Gelsenkirchen gearbeitet hatte, konnte Gros nach Prüfung ihrer „Versicherungsbiographie” zur Freude der Frau Ansprüche auf eine deutsche Teilrente von monatlich rund 100 Euro nachweisen.

Gelegentlich müssen Rentenberater ihre Mandaten trösten, wenn die Rente klein ausfällt. „Die Überraschung ist oft groß: Das, was über die Jahre eingezahlt wurde, und das, was später herauskommt, steht in einem Verhältnis, das von keinem mehr nachvollzogen wird”, sagt Gros. Vergleiche man den Rechtsstand von 1984 mit heute, dann ergebe sich, dass Rentner bei gleicher Einzahlung monatlich 400 bis 500 Mark weniger in der Tasche haben als früher, so der Rentenberater. „Der Gesetzgeber hat da ganz ordentlich eingespart, in den vergangenen zwei Jahrzehnten.” Auch auf die Riester-Rente ist Gros nicht allzu gut zu sprechen. Von den verschiedenen Möglichkeiten zur Zusatzvorsorge sei der Pensionsfonds des Arbeitgebers „die einzig lukrative Pensionsform im Riester-Modell.” Ob Gros sich angesichts der Rentenreform mit einem Mehraufwand in seinem Beratungs-Alltag konfrontiert sieht? „Dazu pflege ich nur eines zu sagen: Warten wir mal die nächste Bundestagswahl ab.”