Nicht wie geplant ab März, sondern erst ab Mai will die
Balearenregierung die sogenannte Ökosteuer kassieren. Das gab
Francesc Antich, der Ministerpräsident der Balearenregierung, am
vergangenen Donnerstag auf der Reisemesse Fitur in Madrid bekannt.
So habe die Verwaltung mehr Zeit sich auf die neue Steuer
einzustellen, sagte er zur Begründung. Die Hoteliers forderte
Antich auf, über die Art und Weise, wie die Steuer einzutreiben
ist, zu verhandeln. Davon scheinen die Unternehmer jedoch derzeit
weit entfernt; sie bezeichneten in Madrid die Ecotasa unabhängig
vom Zeitpunkt ihrer Einführung als "historischen Irrtum". Pere
Cañellas, Vorsitzender des mallorquinischen Hotelverbandes FEHM,
sagte auf MM-Anfrage, dass man gegen alle Zahlungsbescheide des
Finanzamtes und gegen die Ausführungsbestimmungen zum „Gesetz über
die Besteuerung von Aufenthalten in touristischen
Beherbergungsbetrieben” juristisch vorgehen werde. „Zur Zeit sind
unsere Fachleute dabei, alle Möglichkeiten auszuloten.” Ob die
Gäste zumindest vorübergehend darum herumkommen, beim Einchecken an
der Rezeption je nach Hotelkategorie zwischen 0'25 und zwei Euro
pro Person und Tag zu bezahlen, will er aber nicht bestätigen.
„Jetzt müssen wir erst einmal abwarten, wie die Abwicklung
überhaupt aussehen soll”, so der Hotelier. Sicher sei nur, dass man
sich weiter gegen die „ungerechte Ökosteuer” wehren werde.
Die Aussage einiger deutscher Reiseveranstalter, ihre Kunden
würden auf Mallorca nicht zur Ecotasa-Kasse gebeten, kommentiert er
mit einem Achselzucken. „Wir werden die von uns geforderten Summen
zwar nicht ans Finanzamt abführen, sondern während des anhaltenden
Rechtsstreits auf notarielle Anderkonten einzahlen”, sonst drohten
Bußgelder in Höhe von 20 Prozent der Steuerschuld plus
Verzugszinsen. „Aber irgendwo muss das Geld dennoch herkommen”, so
Cañellas, „und wenn es der Kunde nicht zahlt, müssen wir in die
eigene Tasche greifen”. Da bis zu einem endgültigen Urteil des
spanischen Verfassungsgerichts leicht drei bis vier Jahre ins Land
ziehen können, käme auf die balearischen Herbergsväter eine große
finanzielle Belastung zu. Es gilt als wahrscheinlich, dass
spätestens ab der Wintersaison 2002/03, für die noch keine
Reisekataloge gedruckt sind, die Hotelgäste zur Kasse gebeten
werden.
Nachdem der „Tribunal Constitucional” am 14. Januar völlig
überraschend die vorläufige Aufhebung des Ökosteuergesetzes
rückgängig gemacht hatte und die Balearenregierung die Taxe so bald
wie möglich erheben will, kommt die Tourismusbranche auf dem
Archipel nicht mehr zur Ruhe. Auf der Vorstellung des neuen
touristischen Images der Balearen ließ sich kein Branchenvertreter
blicken. Dafür kam im Rahmen der Tourismusmesse Fitur, die am
Mittwoch in Madrid ihre Tore öffnete, alles zusammen, was Rang und
Namen hat. Gespräche zwischen Vertretern der balearischen Regierung
und Touristikunternehmern gab es freilich nicht.
Die Vorstellung der spanischen Tourismuslobby Exceltur ehrte
König Juan Carlos durch seine Anwesenheit. In seiner Rede wies
Rodrigo Rato (PP), spanischer Wirtschaftsminister, auf die
negativen Folgen der Ökosteuer in einem schwierigen
wirtschaftlichen Umfeld hin. Weniger diplomatisch äußerte sich Abel
Matutes. Der ehemalige spanische Außenminister und Inhaber der
Kette Fiesta Hotels mit Sitz auf Ibiza kritisierte die Steuer als
unpassend und improvisiert. Nach seinen Worten wird ihre Erhebung
eindeutig negative Auswirkungen auf die balearische
Tourismuswirtschaft haben.
Celestí Alomar, Tourismusminister der Balearen und einer der
„Erfinder” der Ökosteuer, zeigt sich von der harten Kritik und dem
Boykott der Branche ungerührt. „Wenn einige Hoteliers nicht mit uns
über die Ausführungsbestimmungen reden wollen, werden es halt
andere tun”, womit er sich auf die Totalverweigerung des
Hotelverbandes bezog. Auch auf diese Äußerung ging Gabriel Escarrer
ein, Vorstandsvorsitzender und Hauptaktionär von Sol Meliá. „Die
Politiker zeigen eine Ablehnung des Tourismus und verkennen völlig,
das die gesamte Wirtschaft der Balearen davon abhängt”, kritisierte
er. Es gebe keine klare Linie, es werde alles unternommen, die
Urlauber zu vergraulen. Außerdem seien antideutsche Untertöne in
den Argumenten gegen den Massentourismus, der Basis allen Geschäfts
sei, festzustellen.
Sein Sohn Sebastián, Vizepräsident der größten spanischen
Hotelkette, befürchtet, dass nun merklich weniger Touristen auf den
Archipel kommen werden. Diejenigen, die in diesem Jahr noch
zweifelten – und das seien wegen der ungewissen wirtschaftlichen
und politschen Lage sehr viele –, würden wegen der höheren Kosten
auf den Balearen eher ein anderes Urlaubsziel wählen.
Diese Befürchtung wurde von Michael Frenzel, dem
Vorstandsvorsitzenden der Preussag AG, indirekt bestätigt. Zu
seinem Unternehmen gehören mit der TUI, Europas größtem
Reiseveranstalter, und Thomson, Großbritanniens Nummer eins, zwei
für die Balearen extrem wichtige Touroperator. Laut Frenzel liegen
die Buchungen für die Balearen trotz leichter Erholung in den
letzten Tagen nach wie vor deutlich im Minus. Dahingegen liefen
Ziele wie Bulgarien ganz hervorragend, aber auch Kroatien und die
Türkei lägen im Plus.
Nach klassischem Denkmuster hatten Insider eigentlich erwartet,
dass die Balearen als sicher geltendes Reiseziel von der instabilen
Weltlage profitieren würden. Nach dem Golfkrieg sowie während der
Auseinandersetzungen im Balkan und der Kurdenkrise in der Türkei
konnten die Statistiker für den Archipel Besucher– und
Einnahmenrekorde verbuchen. Jetzt stellt sich das Buchungsverhalten
der Kunden ganz anders dar: „Wir rechnen mit einem absoluten
Spätbucherjahr”, so Ines Stein, Balearendirektorin bei der
Rewe-Touristik (Reiseveranstalter ITS, Jahn Reisen und Tjaerborg),
„und gegenwärtig sieht es überhaupt nicht danach aus, als würden
die Balearen von der Krise profitieren.”
Aber selbst wenn die Kunden wirklich spät ins Reisebüro gehen
sollten (und es sich nicht anders überlegen und ganz zu Hause
bleiben), dürfte die Saison weder für Reiseveranstalter noch für
Hoteliers ein Zuckerschlecken werden. Schließlich sind die
aktuellen Rückgänge in der Belegung nicht mehr aufzuholen. Und von
Tag zu Tag steigt der Druck, mit Preissenkungen den Anreiz zum
Buchen zu erhöhen. Damit würde man freilich die eigenen Gewinne
schmälern.
Vor diesem Hintergrund sind die Worte von Preussag-Chef Frenzel
zu verstehen, als er sagte, die Ökosteuer komme zu einem sehr
ungünstigen Zeitpunkt.
Auf der Messe in Madrid gab es auch Kritik am neuen Stand der
Balearen. Der ist in den Farben des neuen Images gehalten, die
meisten Besucher finden ihn jedoch „hässlich”, vor allem zeige er
zu wenig von dem Reiseziel Balearen. Neidvoll blicken sie auf den
Fitur-Auftritt von Andalusien, der eine ganze Halle einnimmt. Die
südspanische Region scheint in diesem Jahr von der Flaute auf den
Balearen zu profitieren. Vor allem wegen des Negativ-Images
aufgrund der Ökosteuer kommen die Reservierungen für den Archipel
nicht in die Gänge, die Gäste, die nach Spanien fahren wollen,
ziehen Andalusien vor.
Während sich Touristiker wegen der drohenden schlechten
Hauptsaison, in der das Geld verdient wird, Sorgen machen, ist die
laufende Wintersaison schon als verloren abgehakt. In Palma
beispielsweise sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache. Von den
60.000 Hotelbetten, die es insgesamt gibt, stehen in diesem Winter
nur 3000 zur Verfügung. Normalerweise sind es in der Nebensaison
nach Aussage von Tourismusdezernent Joan Bauzá zwischen 22.000 und
25.000.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.