Die Balearenregierung hält trotz aller Kritik aus der
Reisebranche an ihren Plänen fest, die Steuer auf Übernachtungen in
touristischen Beherbergungsbetrieben zu erheben, besser bekannt als
Ökosteuer. Obwohl Finanzminister Joan Mesquida (PSOE) bereits im
März kassieren will, müssen Urlauber wohl trotzdem nichts berappen.
Laut Gesetz sind pro Nacht und Person je nach Kategorie zwischen
0'25 und zwei Euro fällig, in Hotels der Kategorie zwei bis vier
Sterne, also der Mehrzahl der Fälle, ein Euro.
Der mallorquinische Hotelverband FEHM hat in einer
außerordentlichen Vollversammlung am Mittwoch beschlossen, alle
möglichen juristischen Möglichkeiten gegen die Ecotasa
auszuschöpfen. Danach wollen die einzelnen Hoteliers, die die
Steuer von ihren Gästen eintreiben und an die regionale
Steuerbehörde weitergeben müssen, während der andauernden
Rechtsstreitigkeiten die fälligen Summen auf ein notarielles
Anderkonto („aval bancario") einzahlen. Dort bleibt es eingefroren,
bis die Richter zu einer Entscheidung kommen.
„Damit gehen wir davon aus, dass unsere Gäste nicht an der
Rezeption zur Kasse gebeten werden", sagt Sybille Jeschonek, beim
Reiseveranstalter Alltours für Marketing und PR zuständig. Die
Veranstalter der Rewe-Touristik, ITS, Jahn Reisen und Tjaereborg,
hatten bereits vorige Woche erklärt, dass ihre Kunden keine Steuer
bezahlen. „Wir finden eine Lösung mit unseren Partnern vor Ort", so
Balearen-Direktorin Ines Stein.
Noch haben die Hoteliers keine konkreten Pläne, wie sie
juristisch gegen die Ausführungsbestimmungen zur Ökosteuer vorgehen
wollen, weil diese noch gar nicht vorliegen. Nach der Aufhebung der
einstweiligen Verfügung durch den spanischen Verfassungsgerichtshof
am Donnerstag vergangener Woche (MM 3/2002) dauert es noch etwa
zwei Wochen, bis dieser Beschluss im öffentlichen Gesetzblatt
veröffentlicht ist, danach will Mesquida die Regelung in weiteren
drei Wochen auf den Tisch legen. Trotz wiederholter Angebote von
Ministerpräsident Francesc Antich (PSOE) an die Hoteliers, man möge
sich zusammensetzen, um diesbezüglich eine Einigung zu erzielen,
wird es zu einem solchen Treffen nicht kommen.
„Wir sind gegen die Ökosteuer, weil sie ungerecht ist und zu dem
denkbar schlechtesten Zeitpunkt erhoben werden soll", so
FEHM-Präsident Pere Cañellas, „warum sollten wir also mit der
Regierung darüber reden?" Wie Miquel Vicens, Hotelier und
Vorsitzender des mallorquinischen Fremdenverkehrsvereins Fomento de
Turismo, gegenüber MM erläuterte, ist dieses Vorgehen eine
Art Wette auf das endgültige Urteil des Verfassungsgerichts. Wenn
diese das Gesetz als verfassungswidrig kippen, holen die
Herbergsväter das Geld wieder von der Bank. Wenn nicht, zahlen sie
die Ökosteuer aus eigener Tasche.
Die Tourismusbranche, die sich wegen der schlechten
Wirtschaftslage in den wichtigsten Quellmärkten Deutschland und
Großbritannien und der Folgen der Terroranschläge vom 11. September
in einer ernsten Krise befindet, erwartet wegen der Ökosteuer, dass
die Balearen im Vergleich zu Konkurrenzdestinationen weiter an
Boden verlieren. Wie Juan José Güemes, Staatssekretär für Tourismus
im spanischen Wirtschaftsministerium, bei einem Besuch am Mittwoch
in Palma erklärte, beläuft sich das Buchungsminus auf den Balearen
auf etwa 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, damit liege es höher
als in allen anderen spanischen Urlaubsgebieten.
Auch Ines Stein von der Rewe-Touristik rechnet mit weiterhin
schlechter Presse in Deutschland: „Das sind Schlagzeilen, die wir
gerade jetzt nicht gebrauchen können." Direkt nach dem Beschluss
der Balearenregierung, die Steuer so schnell wie möglich zu
erhöhen, hielt sich das Medienecho in Deutschland jedenfalls in
Grenzen. Eine kleine Meldung in der „Bild", eine Meldung der
Presseagentur dpa, die von vielen Regionalzeitungen abgedruckt
wurde, einige Beiträge in den Fernsehnachrichten. „Aber man stelle
sich die Berichte vor, wenn Urlauber wirklich an der Rezeption zur
Kasse gebeten werden", so die Touristikerin.
Unter deutschen Reiseveranstaltern herrscht nach wie vor
Nervosität, wie sich die Saison 2002 entwickelt. Gegenwärtig liegen
die Reservierungen deutlich im Minus. Doch lässt der
Preussag-Konzern, zu dem Europas größter Reiseveranstalter TUI
gehört, bereits einen „starken Anstieg der Buchungsnachfrage in den
letzten Tagen" verkünden. Die Kunden buchen immer kurzfristiger,
warten vor allem in diesem Jahr ab, wie sich ihre persönliche
Finanzlage entwickelt und hoffen zudem auf günstige
Last-Minute-Preise.
Fomento-Chef Vicens findet, dass die Ökosteuer nicht einen so
starken Negativ-Effekt auf die Buchungen haben wird: „Mallorca ist
mit oder ohne Ecotasa eine konkurrenzfähige Destination, nirgendwo
bekommt man mehr für sein Geld." Das beste sei, jetzt in Ruhe zu
arbeiten und keiine polemischen Diskussionen vom Zaun zu
brechen.
Nicht alle sind so ruhig. Der britische Reisebüro-Verband hat
angedroht, seine Jahrestagung 2003 wegen der Ökosteuer nicht wie
geplant auf Mallorca auszurichten. Das würde bedeuten, dass 2500
Reiseverkäufer zu Hause blieben - ein herber Verlust in Sachen
Werbung für die Insel.
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