Jeder Ausstellungsraum ein Lebensabschnitt, hinter jeder Tür
eine neue Facette. Im Casal Solleric in Palma ist zur Zeit eine
Retrospektive des mallorquinisches Künstlers Andreu Terrades (geb.
1947) zu sehen. Ein ganzes Künstlerleben von 1967 bis heute.
Das erste Bild („Kommunion”, 1968) ist fast noch konservativ,
doch schon bald lösen sich Formen in Terrades Bildern auf.
Politische Ereignisse ließen den jungen Künstler niemals
gleichgültig; so sind in seinen Arbeiten die Pariser
Studentenrevolution ebenso indirekt sichtbar wie der Tod von
Francisco Franco 1975.
Terrades selbst hat sich immer als „gegen den Strom schwimmend”
gesehen. Seine Biografie beweist diese Einstellung. 1967 tritt er
in die Kunstschule in Barcelona ein, wird bald danach Mitglied
verschiedener avantgardistischer Künstlergruppen, veröffentlicht
gemeinsam mit seinem Bruder Esteve Terrades die Kunstzeitschrift
„Neon de Suro”.
Aus dieser Zeit stammen die Landschaftsbilder, teilweise noch
von der Jugend des Künstlers in Andratx geprägt, aber in der Form
bereits verfremdet: Bäume wachsen aus Bilderrahmen heraus, Wolken
schweben auf Wäsche an der Leine, das Hemd als Landschaft oder die
Landschaft im Hemd?
Vögel malt Terrades zu dieser Zeit immer wieder,
schablonenartig, wie von Kinderhand gefertigt. Ein Zeichen für
Freiheit, für Hoffnung? Spielzeug für Erwachsene – das ist der
Eindruck vieler Arbeiten aus den frühen 80er Jahren. Spielzeug, das
immer wieder mit Wasser und Schiffen zu tun hat. Auch hier klingt
wieder der Begriff von Freiheit, von Weite an. Gegen Ende der 80er
Jahre dann surrealistische Landschaftsbilder mit vermeintlich
sanften Sujets wie „Kind und Schaf” und Porträts: Menschen am
Strand oder im Wasser. Bilder, die von Magritte oder de Chirico
beeinflusst sind.
1994 entstand die Serie „Zirkus”. Bei diesem
Zyklus handelt es sich um heitere, manchmal bittere Collagen aus
Holz, Fundstücken und Acryl. In dieser Serie tauchen zum ersten Mal
Menschen mit versetzten Köpfen auf, ein Motiv, das der Künstler
über viele Jahre beibehalten wird. Auch der „verkabelte Mensch” ist
immer wieder zu finden – Holzpuppen, die quasi unter Strom stehen,
per Landkarte angeschlossen an die ganze Welt und dennoch allein
und allen Widrigkeiten ausgesetzt.
Andreu Terrades ist ein Magier, der mit scheinbar simplen Formen
unsere Welt ad absurdum führt.
Andreu Terrades 1967 bis 2001. Casal Solleric, Palma, Passeig del
Born 27. Geöffnet bis Anfang Januar, Dienstag bis Samstag von 10.30
bis 13.45 und von 17.30 bis 21 Uhr, sonn- und feiertags von 10 bis
13.45 Uhr.
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