Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Der Immobilienmarkt auf
Mallorca hat sich deutlich abgekühlt. Und zwar nicht erst seit den
Terroranschlägen am 11. September. Rechtsanwalt Jaime Lamas, der
sich auf Immobilienrecht spezialisiert hat, schätzt „dass wir uns
auf 30 bis 40 Prozent des Volumens von vor einem Jahr” bewegen. Vor
allem deutsches Kapital fließe deutlich spärlicher.
Lamas' Kollegen Hans von Rotenhan und Klaus Beyer bestätigen den
Rückgang: „Es ist ruhig geworden”, so Beyer. Über die Gründe dafür
herrscht unter den Juristen und unter den Immobilienmaklern auf
Mallorca weitgehend Einigkeit. Zum einen ist in den vergangenen
Jahren zu viel gebaut worden, wodurch ein Überangebot entstanden
ist. Dies vor allem in Lagen, die nicht erste Klasse sind. Matthias
Kühn, Mallorcas bekanntester Immobilienunternehmer, weist auf die
allgemein schlechte wirtschaftliche Lage in Europa und der Welt
hin: „Wir reden überall von Rezession. In Deutschland läuft der
Immobilienmarkt auch nicht so toll”. Hausgemacht ist das Problem
der Baupolitik, die potentielle Käufer regelrecht „abschreckt”, wie
Rotenhan feststellt. Man könne sich beim Kauf eines Baugrundstücks
nicht darauf verlassen, darauf auch wirklich etwas bauen zu dürfen.
Dazu kommt der „massive Niedergang der Aktienmärkte”, so Günter
Pölzelmayer von Casas & More. Der „hat viele deutsche Anleger
zutiefst verunsichert und die Mittel vernichtet, welche
normalerweise für den Erwerb einer Ferienimmobilie im Ausland
verwendet werden”.
Konsequenz: Die Preise stagnieren – allerdings auf hohem Niveau.
Immobilienunternehmer wie Edith Minkner von Profi-Konzept gehen von
„leichten Steigerungen” zwischen fünf und zehn Prozent pro Jahr
aus, allerdings lediglich bei „guten Lagen und guten Produkten”.
Ohnehin: „Das Preisniveau ist mit das höchste in Europa”, so Anwalt
Lamas. Ein Einfamilienhaus, das vor drei Jahren umgerechnet 750.000
Mark gekostet hat, sei jetzt für 1'5 Millionen zu haben. Während
eine Immobilie noch vor wenigen Jahren für den deutschen
Besserverdienenden auf Mallorca günstiger als in der Heimat war,
muss er jetzt mindestens so viel investieren wie in
Deutschland.
Ein Grund für nachlassende Nachfrage ist ein heißes Eisen, dass
kaum einer anfassen will: Schwarzgeld. Wegen der Einführung des
Euro musste einiges undeklarierte Geld untergebracht werden, und
das geschah eben oft im mallorquinischen Immobilienmarkt.
„Noch nie sind die Preise für Immobilien auf Mallorca gefallen”,
weiß Anwalt Hans von Rotenhan. Doch „jetzt ist es so weit”, ist er
überzeugt. Vor allem „in Lagen, die am Bedarf vorbei gebaut wurden,
zum Beispiel in der zweiten und dritten Linie in Santa Ponça”,
meint sein Kollege Beyer, „ist ein leichter Preisverfall
festzustellen.” Dazu kommt nach Meinung von Rotenhan eine wachsende
Zahl von Notverkäufen. Wegen der schlechten Wirtschaftslage gingen
viele pleite, und oft sei eine Immobilie auf Mallorca in der
Konkursmasse. In den vergangenen Jahren seien eine Vielzahl der
Ferienimmobilien auch über Kredite finanziert worden. Wer die jetzt
nicht mehr bedienen könne, werde zu einem Verkauf unter Preis
gezwungen.
Doch zum Eldorado der Schnäppchenjäger dürfte Mallorca künftig
dennoch nicht werden. Denn es ist fraglich, in welchem Umfang
Immobilien günstig angeboten werden. Zum einen werden sich „die
Preise für interessante Objekte in guten Lagen” in jedem Fall
halten, glaubt Heidi Stadler von First Mallorca. Zum anderen haben
Immobilienbesitzer, die Hypotheken bedienen müssen, gerade wegen
der schlechten Wirtschaftslage einen entscheidenden Vorteil: „Die
Zinsen sind so günstig wie seit vielen Jahren nicht mehr”, betont
Karl Klobuznik, Finanzdirektor bei der mallorquinischen Sparkasse
Sa Nostra. „Während der letzten Wirtschaftskrise in Spanien lagen
die Zinsen bei 14 oder 15 Prozent”, erinnert sich der gebürtige
Madrilene mit österreichischem Pass, „das hat vielen das Genick
gebrochen”. Außerdem hätten viele Käufer einen Kredit aufgenommen,
um dadurch steuerliche Vorteile zu erlangen, nicht, weil es an
flüssigen Mitteln gefehlt hätte. Dennoch könne einigen die Luft
ausgehen.
Das dürfte am ehesten in der „mittleren” Preislage von 500.000
bis drei Millionen Mark der Fall sein. „Hochburgen wie Santa Ponça
oder Cala d'Or sind durch ein Überangebot im Moment problematisch”,
weiß Cliff Wenner von Sol-Viva-Immobilien in Palma. Aber auch diese
sollten sich nach seiner Überzeugung „aufgrund ihrer Lage und
Infrastruktur kurzfristig wieder erholen”.
Viele Immobilienbesitzer, die verkaufen wollen, haben
„unrealistische Preisvorstellungen” (Pölzelmayer). Kein Problem für
die meisten deutschen Eigentümer, meint Edith Minkner: „Sie sind
rezessionsresitent und können warten, bis ein Käufer kommt, der den
geforderten Preis zu zahlen bereit ist.” Geduld ist angesagt:
Konnte man noch vor zwei Jahren binnen drei Monaten verkaufen, muss
man dieses Jahr schon mal Wartezeiten von einem Jahr oder mehr
einkalkulieren.
Während alle Welt von Krise redet, auch und gerade einer
wirtschaftlichen, wittert Rechtsanwalt Klaus Beyer gerade deswegen
Morgenluft. „Mallorca ist kein Krisengebiet, wer vorher mit dem
Gedanken gespielt hatte, sich woanders eine Ferienimmobilie
zuzulegen, denkt jetzt wieder an die Insel”, ist er überzeugt.
Nachdem sich die erste Unsicherheit gelegt hätte, seien besonders
viele Anfragen eingegangen. Dazu kommt die Angst: „Hier lebt es
sich sicherer als in Metropolen wie London, Paris oder Berlin”,
finden nicht nur Kunden von Matthias Kühn.
So könnte sich durchaus eine weitere Krisentendenz verstärken:
Der Drang in „sichere” Anlagen wie Immobilien in Zeiten unsicherer
Aktienmärkte.
Es gibt noch einen Grund für Bewegung auf dem Markt: Auf
Mallorca verkaufen Besitzer deutlich öfter als in Deutschland – um
etwas Neues zu kaufen, das ihnen besser gefällt. Gut für die
Makler, die auch ohne „neue” Kunden gut zu tun haben.
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