In den Touristen-Hochburgen der Balearen sind die Besucher
sicher wie in Abrahams Schoß. Eigentlich. Obwohl etwa Orte wie die
Playa de Palma – im Winter gemessen an der Einwohnerzahl ein Dorf –
in der Hochsaison mit rund 300.000 Menschen zur Großstadt wachsen,
sind Gewaltverbrechen selten. Niemand muss ernsthaft um Leib und
Leben fürchten.
Um den Inhalt seiner Geldbörse hingegen schon eher. „Es ist
leider die Klein-Kriminalität, die das Bild negativ beeinflusst”,
sagt José Manuel Sierra Álvarez, Palmas Dezernent für Polizei und
Sicherheit.
Dabei sind die Tricks weder besonders originell noch besonders
neu. Viel eher ist das genaue Gegenteil der Fall. Die meisten
Maschen gibt es mindestens so lange wie den Tourismus, vom
Ausgestorben sind sie deshalb nicht bedroht. „Das Problem ist, das
immer wieder Leute darauf hereinfallen oder aber unaufmerksam
sind”, sagt Oliver Francisco, der Sprecher der Nationalpolizei.
Schon am Flughafen werden die einschlägigen Broschüren verteilt,
die Besucher eindringlich auf die Gefahren hinweisen, doch die
Diebe, Nepper, und Schlepper und gibt es weiterhin. „Die
Nelkenfrauen zum Beispiel”, sagt Oliver Francisco. „Es gibt keine
Gruppe von Delinquenten, die wir so genau kennen wie sie.”
Sonderpatrouillen der Nationalpolizei überwachen die Damen an
ihrem „Arbeitsplatz”, etwa rund um die Kathedrale und an der Playa
de Palma. „Alle sind von uns registriert, fotografiert und mit
Namen bekannt”, sagt Francisco.
Werden sie bei der Ausübung ihres Gewerbes ertappt, werden die
Blumen beschlagnahmt und Platzverweise ausgesprochen. Haben sie
einem Touristen eine Nelke „verkauft” und ihn dabei um sein Geld
erleichtert, ist die Identifizierung anhand der Kartei zumeist kein
Problem. So weit müsste es nicht kommen, wenn niemand die Geldbörse
zückte. „Denn es gibt keine Nelkenfrau, die ihr Geschäft ehrlich
betreibt”, versichert Oliver Franciso. Sein Tip: „Wer dennoch eine
Nelke will, sollte vorher abgezähltes Kleingeld bereithalten.”
Wirksam ist die Arbeit der Beamten nur begrenzt. Denn das
Strafrecht setzt beim Strafmaß für Vergehen, bei denen der Schaden
unter der Grenze von 50.000 Pesetas liegt, Grenzen. Selbst
notorische Wiederholungstäter müssen allenfalls mit Geldstrafen
(die in der Regel mangels Einkommen nicht einzutreiben sind) oder
ersatzweise kurzen Arreststrafen rechnen. Deshalb setzen auch die
Beamten eher darauf, mit ständiger Präsenz Druck auf ihre
„Pappenheimer” auszuüben, als die ohnehin überlastete Justiz mit
weiteren Verfahren zu belasten. „Man muss sich fragen, was es
bringt, einen Prozess anzustrengen, der frühestens ein halbes Jahr
später stattfindet”, sagt der Polizeisprecher.
Gleiches gilt für die Hütchenspieler, die „Trileros”. Auch hier
hat die Polizei den Druck verstärkt, im letzten Jahr wurden von der
Lokalpolizei 695 Anzeigen geschrieben – ein Anstieg von fast 75
Prozent gegenüber '99 – und 2'3 Millionen Pesetas „Spielgeld”
beschlagnahmt, doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Doch die
Betrugsmasche funktioniert weiter, weil sich immer genügend
Leichtfertige finden.
Auch hier ergibt sich für die Gesetzeshüter bei der Verfolgung
das Problem der Beweisführung. Lösen ließe sich das durch die
Kamera-Überwachung von strategischen Punkten. „Für den Kampf gegen
die Trileros und die Straßenprostitution wäre das ein gutes
Mittel”, sagt Sicherheitsdezernent Sierra. „Allerdings gibt es noch
erhebliche rechtliche Probleme mit derartiger Überwachung des
öffentlichen Raums.” Dennoch, so der Polizei-Dezernent, wolle man
das Thema für die Playa de Palma weiter verfolgen. Zu rechnen sei
mit einer Kamera-Überwachung allerdings „frühestens im nächsten
Jahr”.
Mangels anderer Mittel setzt die Polizei auf verstärkte Präsenz.
In der „Operación verano” werden zusätzliche Einheiten von Guardia
Civil und Nationalpolizei, auch zum Schutz der urlaubenden
Königsfamilie, vom Festland auf die Inseln verlegt. „Wir verdoppelt
ungefähr die Zahl unserer Beamten”, schätzt Oliver Francisco. Das,
so der Polizeisprecher, erhöhe die Sicherheit für die Touristen
erheblich. „Denn nach unseren Erkenntnissen bleibt die Zahl der
Kriminellen auch im Sommer die gleiche.”
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