Es gibt kaum ein Thema, das mehr Gesprächsstoff für den
täglichen Smalltalk liefert als das Wetter. Das ist auf der von
Sonnenschein verwöhnten Insel Mallorca nicht anders als anderswo.
Nur meistens ein wenig erfreulicher. Nicht umsonst zieht es so
viele Nordeuropäer in das freundliche Mittelmeerklima, das von
warmen Sommern und milden Wintern geprägt ist. Mallorca liegt
einfach goldrichtig – und ist auch für Meteorologen ein Punkt von
besonderer strategischer Bedeutung. Die Fülle der Daten, die die
staatlichen Wetterfrösche auf der Insel sammeln, fließen nicht nur
in die Berechnungen zur Vorhersage des regionalen Wetters. Das
Meteorologische Institut in Palma spielt auch bei der Vorhersage
des Europa-Wetters eine entscheidende Rolle. Und ist deshalb mit
besonders aufwendiger Technik ausgestattet.
,,Das Klima ist eine globale Angelegenheit”, betont Agustí
Jansa, Leiter des Meteorologischen Zentrums in Palma. Die
Wetterinstitute in aller Welt kooperieren miteinander. In Madrid
gehen alle Daten ein, die in den 15 Wetterzentren der Regionen
erhoben werden, in England sitzt die europäische Zentrale der
staatlichen Wetterdienste. Die Hauptzentrale aller Wetterdienste
befindet sich in den USA. In den Landeszentralen werden Großrechner
mit den ungeheuren Datenmassen gefüttert, die aus den Regionen
eingehen. Computerprogramme simulieren auf Grund dieser
Informationen die Entwicklung des Klimas bis zu einem Zeitraum von
zehn Tagen.
,,Die letzten Tage sind allerdings nicht mehr sehr verlässlich”,
sagt Jansa. Der Grund: Das Wetter entwickelt sich nicht linear nach
berechenbaren Mechanismen, es ist im wahrsten Sinne des Wortes
chaotisch, kann sich sprunghaft in eine völlig neue Richtung
verändern. Das heißt, je kürzer der Zeitraum ist, desto präziser
die Vorhersage.
Das Meteorologische Institut in Palma erarbeitet speziell für
die Balearen verschiedene Arten von Wettervorhersagen: Eine
allgemeine Wettervorhersage für die folgenden fünf Tage kann unter
Telefon 906-365307 abgefragt werden. Die Ansage erfolgt auf
Castellano. Bei allgemeinen Vorhersagen spricht Jansa von einer
Zuverlässigkeit von 70 Prozent.
Dieser Dienst für die Allgemeinheit ist im Prinzip nur ein
Abfallprodukt der eigentlichen Aufgaben der Wetterfrösche. In
erster Linie sollen sie für mehr Sicherheit auf See und in der Luft
sorgen. Zweimal am Tag wird der Seewetterbericht aktualisiert, der
telefonisch unter 906-365370 abgefragt werden kann. Er gilt für
drei Tage. Und sogar alle drei Stunden werden die Flughäfen mit den
neuesten Informationen zur Wetterlage versorgt.
Jansa weist darauf hin, dass sich vor allem Bootfahrer nicht auf
die Aussagen privater Wetterdienste verlassen sollten, die zu Hauf
in den Medien, vor allem im Internet, Vorhersagen treffen. Häufig
seien diese nicht fundiert und von Laien fabriziert. Die Methoden
der staatlichen Klimaforscher hätten sich in den vergangenen Jahren
erheblich verbessert.
Grundlage für Vorhersagen, aber auch von Statistiken und
Analysen der langfristigen Wetterentwicklung, sind die Daten, die
die Wetterstationen liefern. Die Balearen verfügen über ein ganzes
Netzwerk von verschiedenen Systemen: In zehn Stationen werden
Wetterfaktoren wie Temperatur und Niederschlag automatisch und rund
um die Uhr festgehalten, so dass die Meteorologen immer in Echtzeit
auf dem Laufenden sind. Außerdem werden in 180 Wetterstationen
Daten erhoben, die in mittel- und langfristige Studien und
Statistiken einfließen. Die meisten dieser Wetterstationen werden
von Freiwilligen betrieben, die unentgeltlich helfen.
Wegen seiner strategisch wichtigen Lage ist Mallorca außerdem
mit Radiosonden ausgestattet, die mit Heißluftballons in die
Atmosphäre geschickt werden, um Infos zu sammeln. Zwei solcher
Ballons steigen jeden Tag bis zu 30 Kilometer in die Höhe – ein
One-way-Trip, von dem es kein unbeschadetes Zurück gibt. 100.000
Pesetas werden so jeden Tag in die Luft geblasen, um wichtige
Hinweise für die Entwicklung des Wetters in den nächsten Tagen zu
erhalten.
In Spanien gibt es weitere sechs Wetterinstitute, die über
dieselbe Technik verfügen. In Europa sind es 50, und weltweit
werden etwa von 1000 meteorologischen Zentren solche Wetterballons
gestartet.
Eine weitere Spezialaufgabe, mit der das Team um Jansa betraut
ist, ist ein Forschungsprojekt, das sich mit den
Mittelmeer-Zyklonen beschäftigt. Wirbelstürme, die
Geschwindigkeiten bis zu 250 Stundenkilometer erreichen, sind im
Mittelmeeraum keine Seltenheit. Alleine im vergangenen Jahr zählte
das Meteorologische Institut drei Tornados in Italien, Katalonien
und der Region um Valencia. Die Windhosen, die teilweise mehrere
Kilometer hoch sind, legen in Sekunden Wälder flach, versenken
Schiffe und bringen Überschwemmungen mit sich. Die
Wahrscheinlichkeit, dass die Inseln von diesem Naturereignis
getroffen werden, sei relativ gering. Auf Mallorca wütete der
letzte Wirbelsturm 1989. Um das Phänomen noch besser studieren zu
können, wurde in diesem Monat die Kooperation von 25
meteorologischen Zentren beschlossen, wobei in Palma die Fäden
zusammenlaufen.
,,Mallorca ist als ein Ort des guten Wetters bekannt, und
normalerweise stimmt das ja auch”, sagt Jansa. Aber manchmal könne
es eben auch im klimatisch bevorzugten Mittelmeerraum zu
plötzlichen und gewaltsamen Phänomenen kommen. Auch das
normalerweise so friedliche Mittelmeer verwandelt sich manchmal in
ein gefährliches Gewässer. In Stürmen türmen sich die Wellen, die
normalerweise etwa einen Meter betragen, fünf bis sechs Meter hoch
auf. Sogar Wellenberge bis zu zehn Metern seien schon
vorgekommen.
In der Regel sorgt die Insellage im Mittelmeer aber für ein
ausgesprochen mildes Klima. Mallorca ist groß genug, um ein eigenes
Windsystem hervorzubringen, das die Mallorquiner ,,embats” nennen.
Sie lassen die Meeresluft eindringen und sorgen für Kühlung im
Sommer und milde Brisen im Winter. Inselbewohner wissen: Mallorca
hat nicht nur ein Klima. Durch die geografischen Gegebenheiten, vor
allem das die Westküste dominierende Tramuntanagebirge, kann das
Wetter im bergigen Norden ganz anders aussehen als an der Südküste.
Manchmal lohnt sich also durchaus ein Anruf bei Bekannten am
anderen Ende der Insel, um ein wenig übers Wetter zu plaudern.
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