Es geht in den Endspurt. Noch eine Woche – und alle Geschenke
müssen fertig sein. Oft muss man viel Phantasie aufbringen, um zu
erraten, was denn wohl das Richtige für Tante Trude oder den
kleinen Fritz ist. Schenken ist eine Kunst, die bei Gott nicht
jeder beherrscht.
Und es gibt ganz unterschiedliche Schenkertypen. Zum Beispiel
den Schenker mit Hintergedanken. Er überreicht seinem Filius ein
mehrbändiges Lexikon in der Hoffnung, der Sprössling möge sich doch
etwas Bildung aneignen. Solche Absichten verpuffen oft sinnlos,
denn auch die brave Gattin wird durch das gewagte Spitzen–Dessous
mit Straußenfedern noch lange nicht zu männermordende Megäre.
Es gibt den faulen Schenker, der vor dem Fest rein gar nichts
einfällt. Er verteilt schlicht einen Gutschein. Das mag angehen,
wenn es ein bestimmter Betrag für einen bestimmten Laden ist.
Schlimmer gerät die Sache, wenn da in wohl gesetzten Buchstaben
steht: Ein Pullover eigener Wahl. Dann geht – zwangsläufig – mit
dem Beschenkten die Bescheidenheit durch. Er greift errötend zu dem
roten Fummel aus Acryl, obwohl er von Kashmir geträumt hatte.
Auch die praktischen Schenker treffen nicht immer ins Schwarze.
Vielleicht will man gar keinen Zwiebelschneider, auch wenn dessen
Testergebnisse spitze sind.
Liebevoll zu Werke gehen die Selbermacher. Sie wurden mit
einschlägigen Tipps aus den Frauenzeitschriften animiert. Und so
schmort denn in der Speisekammer des Beschenkten das Quittenmus mit
Calvados neben sauer–pikant eingelegten Schalotten des vergangenen
Jahres. Andere müssen jedes Jahr am 1. Weihnachtstag die grässliche
grüne Pudelmütze aufsetzen. Dann kommt Tante Emmy, und die liebt
Selbstgestricktes. Schließlich will man Tante nicht verärgern.
Anstrengend sind die qualitätsbewussten Schenker. Sie erkundigen
sich nicht nur am Weihnachtsabend immer wieder, ob's denn auch
gefallen hat. Sie prüfen das ganze Jahr über, ob man das Geschenk
in Ehren hielt.
Eine Plage sind die Weitergeber. Seit Pralinenschachteln ein
Verfallsdatum haben, ist ihnen ein Teil ihres Wirkungskreises
genommen. Aber Schauspieler–Memoiren und Bildbände über die Südsee
sind eingeschweißt jahrelang haltbar. Schenken ist eine Kunst. Eine
Kunst, die man nicht durch die Betrachtung von Schaufenstern
erlernen kann. Höchstens durch Zuhören.
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