Wer kennt sie nicht, die Geschichten von Abgezockten,
Betrogenen, Ausgenommenen auf Mallorca. In der deutschen
Parallelgesellschaft blüht das Verbrechen. Genaue Zahlen gibt es
nicht, denn es wird selten gerichtsnotorisch, wenn Rechnungen nicht
bezahlt, Miethäuser verkauft oder Anzahlungen ohne Gegenleistung
eingesackt werden. Viele Opfer schämen sich. Viele buchen den
Verlust unter Lehrgeld ab – und sehen zu, dass sie den Schaden bei
der nächsten Gelegenheit auf andere abwälzen. So gedeiht eine
verhängnisvolle Unkultur.
Selbst wenn nicht alle Betrugs-Geschichten bis ins Details wahr
sind: Die Bereitschaft, andere übers Ohr zu hauen, dürfte unter den
Mallorca-Deutschen erheblich weiter verbreitet sein als unter
jenen, die schon seit Generationen in ihrem Heimatort leben.
Hier weiß man nichts vom anderen, jeder kann in eine neue
Existenz schlüpfen – und sich im Notfall aus dem Staub machen.
Viele gescheiterte Existenzen und zwielichtige Gestalten treiben
sich auf der Insel herum. Man nutzt die Sicherheit, die das Ausland
bietet, bewegt sich aber unter den vielen Landsleuten wie ein Fisch
im Wasser. Eine einmalige und für Ganoven außerordentlich
praktische Situation.
Viele Neuankömmlinge fallen nur allzu naiv auf die gewieften
Abzocker herein – von der Mallorca-Krankheit ist die Rede, bei der
die Sonne jeden Gedanken an Vorsicht aus den Köpfen zu brennen
scheint. Vielen verstellen Dollarzeichen in den Augen offenbar den
Blick, wenn sie auf die aberwitzigen Renditeversprechen der
Anlagebetrüger hereinfallen.
Hinzu kommt, dass in der mallorquinischen Gesellschaft der
Umgang mit Schwarzgeld schon vor der Ankunft der Alemanes
verbreitet war. Wo ein Schmuggler binnen weniger Jahre zum
respektablen Banker aufsteigen konnte, sind die Grenzen zwischen
Verbrechen und Geschäft fließend.
Die Justiz ist hilflos, und die Bereitschaft, sich zum eigenen
Ärger auch noch mit sprachunkundigen Alemanes auseinanderzusetzen,
hält sich in engen Grenzen.
Schlimm ist auch, dass selbst respektable Menschen es auf
Mallorca plötzlich sexy finden, sich mit Kriminellen zu umgeben,
nach dem Motto ,,Put a gangster in your life”. Die Gesellschaft auf
der Insel ist viel egalitärer als daheim. In der Badehose sind wir
alle gleich. Und Gauner sind perfekt getarnt.
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