Eine Invasion von Quallen hat in den vergangenen Tagen den
Badegästen rund um die Bucht von Palma das kühlende Vergnügen
verhagelt. ,,Sie waren überall”, sagt eine deutsche Residentin, die
am Sonntag in der kleinen Cala Falcó südlich von Palmanova baden
wollte.
Ein Taucher berichtet von seinem Schockerlebnis vor Bahia
Grande, an der anderen Seite der Bucht: ,,Ich bin zwischen lauter
Quallen aufgetaucht und musste durch einen Quallenteppich
schwimmen”, so der Wassersportler. Am liebsten wäre er wieder
abgetaucht, hatte aber keine Luft mehr. Der Taucheranzug schützte
den Mann vor hässlichen Verätzungen. Die vor Mallorca am meisten
vorkommende Quallenart ist bekannt für die schmerzhaften
Verbrennungen, die beim Hautkontakt entstehen.
Besonders heimgesucht von den glibbrigen Brenn-Tieren waren die
Strände der Gemeinde Calvià in Magaluf, Illetas und Palmanova. Die
Rettungsschwimmer mussten vier Playas am Sonntag sogar schließen,
an der Playa San Matias in Palmanova war das Baden noch am Montag
verboten.
,,Das war eine Vorsichtsmaßnahme”, sagt Calviàs
Gesundheits-Gemeinderat José Luis Olivares. Man habe nicht
riskieren wollen, dass Allergiker nach dem Kontakt mit den ätzenden
Quallen ernsthafte Gesundheitsprobleme bekommen.
Aber auch normale Verätzungen, die der Kontakt mit den
Quallen-Tentakeln hinterlässt, hielten die Rettungsschwimmer an den
Stränden auf Trab. Insgesamt haben die ,,Socoristas” laut Olivares
200 Personen mit erster Hilfe versorgt, eine Extra-Ration
entzündungshemmender Kortisonsalbe wurde herbeigeschafft. Ein
Badegast habe sogar Verbrennungen zweiten Grades davongetragen,
hieß es.
Mit Booten und Köchern versuchten die Rettungsschwimmer der
Gemeinde, die Glibbertiere aus dem Wasser zu fischen und vom Strand
zu klauben.
Gegen Ende der Woche war mit dem Wechsel der Windrichtung der
Quallenspuk an den Playas von Calvià vorbei, an allen Stränden
wehte wieder die grüne Flagge, Baden war wieder erlaubt. ,,Schon
wenn wir einzelne Quallen sichten, hissen wir die gelbe Fahne, um
die Badegäste zu warnen”, so der Gemeinderat, im Zivilberuf Arzt.
Kommen Personen mit den Quallen in Kontakt, wird per roter Flagge
das Baden verboten.
Über die Ursache der Plage können die Wissenschaftler nur
spekulieren. ,,Es gibt keine seriösen Studien über Quallen”, sagt
Isabell Moreno, Professorin für Meeresbiologie an der Universität
der Balearen. Angesichts der hohen Anzahl dieser Tiere mag das
verwundern, andererseits bringen die Medusen aber keinerlei
wirtschaftlichen Nutzen.
Sicher ist nur, dass die Quallen, die sich aus eigener Kraft nur
vertikal und nicht seitwärts bewegen können, von Strömung und Wind
an die Küste getrieben werden.
Im Meer um Mallorca habe es schon immer Quallen gegeben, sagt
die Professorin. Im vergangenen Sommer vergällten Quallen die
Badefreunden an den Buchten der gebirgigen Nordküste. In den
vergangenen Jahren hätten sie sich ,,vielleicht etwas vermehrt”,
glaubt Moreno.
Das könne daran liegen, dass der Mensch Meeresschildkröten und
bestimmte Fischarten, die die natürlichen Feinde der Quallen sind,
ziemlich dezimiert hat. Im vorhergehenden Teil ihres Lebenszyklus,
in dem sie wie etwa Raupen, die zu Schmetterlingen werden, eine
Metamorphose durchmachen, leben die späteren Quallen als kleine
Polypen auf dem Meeresgrund und werden von Fischen gefressen.
Andere Experten wurden in den Lokalzeitungen mit der
Einschätzung zitiert, der Temperaturanstieg des vergangenen
Wochenendes habe die Quallenplage ausgelöst. Diese These basiert
auch auf der Beobachtung, dass in früheren Jahren die Quallen eher
gegen Ende des Sommers aufgetaucht waren, als das Meer noch wärmer
war.
Die Biologen der Gemeinde Calvià halten hingegen den
Temperatursturz in der vorvergangenen Woche, als die Werte während
eines Sturms bis auf 20 Grad abgesackt waren, für den Auslöser der
Invasion. ,,Quallen leben normalerweise in mittlerer Tiefe, an der
Grenze zwischen kaltem und von der Sonne erwärmten Wasser”, erklärt
Olivares. Mit dem Kälteeinbruch sei die Wassertemperatur um vier
Grad abgesackt, die Quallen hätten versucht, nach oben ins wärmere
Wasser zu kommen und seien dann an die Strände an der Westseite der
Bucht von Palma getrieben worden.
Die Playas von Peguera und Santa Ponça auf der anderen Seite der
Halbinsel des Kaps von Cala Figuera blieben hingegen weitgehend
quallenfrei. ,,Diesmal waren eben wir dran”, seufzt Olivares.
Einen positiven Aspekt hebt der Vertreter von Mallorcas
wichtigster Touristengemeinde Calvià aber hervor: Quallen brauchen
Wasser von guter Qualität. ,,Sie haben ein sehr empfindliches
Atmungssystem und leben nur in sauberem Wasser.” Das bestätigt auch
die Meeresbiologin Isabell Moreno: ,,Eine Quallenplage hat absolut
nichts mit der Verschmutzung des Meeres zu tun.”
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