Als Juan Antonio Bayona im Jahr 2000 ein junger filmvernarrter, aber unbekannter Spund mit Tausenden Flausen im Kopf war, schlug er einmal auf Mallorca auf. Er nahm an einem Festival in Alcúdia teil und machte mit dem Kurzstreifen „Mis vacaciones” („Meine Ferien”) am Rande auf sich aufmerksam. Mehr als zwei Jahrzehnte später ist der in Katalonien aufgewachsene Andalusier ein gemachter Mann, den sie in Hollywood nur noch ehrfurchtsvoll „J. A.” nennen und der Regisseur-Gott Steven Spielberg so elektrisiert hatte, dass der ihm im Jahr 2018 das 260-Millionen-Dollar-Projekt „Jurassic World: Das gefallene Königreich” anvertraute. J. A. Bayona!
Top-Schauspieler wie Jeff Goldblum („Die Fliege”), Ewan McGregor oder Geraldine Chaplin rissen und reißen sich darum, mit dem kreativen Spanier zusammenzuarbeiten. Beim diesjährigen Festival in Cannes saß der Filmemacher in der Jury.
Jetzt, da in Palma das populäre „Atlàntida Film Fest” läuft, ist er auf der Insel, der Spitzenregisseur. Und wird, wo immer er auftritt, wie eine Lichtgestalt gefeiert. Noch hat der 49-Jährige seinen ersten Oscar nicht geholt, doch erst vor einigen Monaten schrammte er mit dem Drama „Die Schneegesellschaft”, das vom Flugzeugabsturz eines uruguayischen Rugbyteams in den Anden und aus bitterer Not geborenem kannibalischen Verhalten handelt, haarscharf an der filmischen Heiligsprechung vorbei.
Dass es bald soweit sein müsste, denken am späten Montagvormittag sicher einige im von mittelalterlichen Mauern umgebenen „Aljub”-Saal im Es-Baluard-Museum zu Palma. Anders als viele erwartet haben mögen, schreitet der Hollywood-Liebling in Anwesenheit von MM nicht mit geschwellter Brust und raumgreifendem Habitus herein. Fast unbemerkt und sichtlich scheu schleicht sich Bayona zu seinem Stuhl, in der ersten Sitzreihe nehmen fast ein wenig verängstigt seine Eltern Platz.
Im Publikum – der Saal ist mit Hunderten Anwesenden proppenvoll – brandet bei seinem Erscheinen ein dermaßen lauter Applaus auf, als würde sich Spielberg selbst die Ehre geben. Kaum fängt Bayona über sein Leben und seinen märchenhaften Erfolg an zu fabulieren, hängen ihm die Anwesenden – darunter viele blutjunge Filmstudenten – an den Lippen. „Es ist gut, Fehler zu machen”, sagt er, und seine Adepten nicken. „Du musst dich ins Material verlieben”, ist ein anderer Satz, die Jünger schauen den Regisseur fast gläubig an.
Im heimatlichen Spanien so richtig bekannt wurde J. A. Bayona im Jahr 2007: Damals reüssierte der Regisseur mit dem Gespenster-Schocker „El Orfanato” („Das Waisenhaus”) mit Starschauspielerin Belén Rueda. Mit mitunter fahlem Licht, einem perfekt dimensionierten Gruselhaus, schauerlichen Szenen und unerwarteten Volten versetzte der Film-Hexer sein Publikum damals in eine Art Starre. Der Streifen räumte gleich sieben Goya-Preise ab.
Ein weiterer großer Schritt nach vorn gelang J. A. Bayona 2012: Geschildert wird das wahre Schicksal einer Familie beim verheerenden Tsunami in Südostasien im Jahr 2004. Top-Mimen wie Naomi Watts und Ewan McGregor übernahmen die Hauptrollen. Sein Hollywood-Gesellenstück lieferte Bayona im Jahr 2016 ab: Der Fantasyfilm „A Monster Calls” („Sieben Minuten nach Mitternacht”) unter anderem mit Sigourney Weaver („Alien”) erfreute die Kritiker. Mit „Jurassic World: Das gefallene Königreich” ging es dann weiter.
Beim Fachsimpeln und Fragen beantworten im „Aljub”-Saal bleibt J. A. Bayona bewusst bescheiden. Nach dem Event steht der Regisseur auf, spricht mit nicht wenigen Anwesenden und macht sich von dannen.
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