Staus und volle Straßen, wie hier in Sóller, sind besonders im Sommer auf Mallorca keine Ausnahme. | Archiv

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Mallorca steht vor einer neuen Herausforderung im Straßenverkehr: Die Behörden auf der Baleareninsel planen, den Zustrom privater Pkw und Mietwagen zu limitieren, um der chronischen Überlastung der Straßen Herr zu werden. So soll ähnlich wie auf Formentera während der Hochsaison eine tägliche Quote für ankommende Fahrzeuge eingeführt werden. Die Vorschläge, von Llorenç Galmés, Präsident von Mallorcas Inselrat, und seinem Verkehrsdezernenten Fernando Rubio ausgearbeitet, umfassen außerdem eine neue Einreisesteuer für alle Autos, die über die Häfen Mallorcas kommen und keine Kfz-Steuer auf den Balearen zahlen. Doch wie könnte dieses ambitionierte Ziel auf einer Insel, die von mehreren Festlandhäfen in Spanien und auch Frankreich aus per Fähre zu erreichen ist, in der Praxis überhaupt aussehen?

Eine zentrale Motivation für das Vorhaben ist das Verkehrsaufkommen durch Fahrzeuge von außerhalb: Laut einer Studie des Inselrats kommen jährlich über 324.000 private Pkw mit Fähren aus Spanien und Frankreich auf die Insel – ein Anstieg von 108 Prozent seit 2017. Zusammen mit 55.000 weiteren Fahrzeugen, die als Frachtgut in den Puertos der Insel gelöscht werden, macht das fast 380.000 zusätzliche Autos pro Jahr aus. An manchen Augusttagen werden bis zu 1,3 Millionen Fahrten auf den Straßen gezählt, darunter 75.000 Mietwagen. „Wenn wir uns in Richtung eines nachhaltigen Modells bewegen wollen, müssen wir mutige Maßnahmen ergreifen“, erklärte Galmés bei der Vorstellung der Studie zur Straßenbelastung.

Doch trotz des Konsenses aller politischen Parteien mit Ausnahme der rechtspopulistischen Vox trifft der Plan auf Widerstand, besonders von den Autovermietern, die das Vorhaben nicht nur als Eingriff in ihre Geschäftstätigkeit sehen, sondern auch an der praktischen Umsetzbarkeit zweifeln.

Insbesondere die Mietwagenverbände Aevab und Baleval kritisieren die Vorschläge als wenig realistisch und sehen praktische Schwierigkeiten bei der Kontrolle. Während Formentera eine kleine Insel mit nur einem Fährhafen ist, der sich relativ leicht überwachen lässt, kommen nach Mallorca täglich Dutzende Fähren aus mehreren spanischen Häfen, darunter Barcelona und Valencia, sowie von der französischen Küste. Baleval-Präsident Julio Nieto bezeichnet den Vorschlag als „unausgereift“ und fordert eine „gründliche Prüfung der Umsetzbarkeit“. Eine Lösung müsse hauptsächlich für den Zustrom der Mietwagen entwickelt werden, die durch extern registrierte Fahrzeuge auf den balearischen Markt drängen, was die Kapazitäten zusätzlich belastet.

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Der AEVAB-Vorsitzende Ramón Reus verweist auf die Notwendigkeit eines offenen Dialogs mit den Behörden: „Es gibt auf Mallorca einen Überschuss an Mietwagen, das stimmt, aber es muss uns ermöglicht werden, die Fahrzeugbeschränkungen gemeinsam zu gestalten.“ Auch Reus bezweifelt, dass das geplante Limitierungsmodell auf Mallorca mit seiner großen Fläche und den täglich eintreffenden Fähren umsetzbar ist. „Wir dürfen die besonderen Gegebenheiten nicht ignorieren. Die Verkehrsprobleme auf Mallorca erfordern Maßnahmen, die sowohl nachhaltig als auch praktikabel sind.“ Das jährliche Exportgeschäft von Mietfahrzeugen auf dem Festland und deren Rückführung zu Saisonbeginn ist eine bewährte Strategie der Branche, auf deren wirtschaftliche Bedeutung die Verbände verweisen.

Dass die Autovermieter zunehmend durch Unternehmen unter Druck gesetzt werden, die ihre Fahrzeuge auf dem Festland zu günstigeren Bedingungen versteuern, sieht Reus als Zeichen der Marktverzerrung, die zu einem starken Wettbewerbsdruck auf die lokal verankerten Anbieter führe. Die Zahlen sprechen jedoch eine deutliche Sprache: Laut der balearischen Statistikbehörde Ibestat gibt es auf 1000 Einwohner derzeit rund 900 Fahrzeuge. „Der Straßenverkehr Mallorcas sprengt längst alle Kapazitäten“, sagt Mobilitätsforscherin Joana Maria Seguí von der UIB. „Die Bevölkerung hat sich in den letzten drei Jahrzehnten verdoppelt, und auch die Besucherzahlen sind rasant gestiegen.“ Besonders die permanent überlasteten Zufahrtsstraßen nach Palma und das Tramuntana-Gebirge machen eine Verkehrspolitik ohne Einschränkungen kaum möglich.

Julio Nieto von Baleval fordert unterdessen eine fundierte Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des Gesetzesvorhabens. „Die Freizügigkeit von Personen und Waren sowie der freie Wettbewerb sind Grundrechte. Einschränkungen dieser Art erfordern strenge Begründungen und Abwägungen.“ Er verweist dabei auf die geplante Einreisebeschränkung auf Ibiza, die seiner Ansicht nach „ohne eine notwendige Bewertung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen“ entwickelt wurde. Die Nationale Kommission für Märkte und Wettbewerb (CNMC) habe die Regelung bereits kritisiert, und auch auf Formentera habe die Verordnung rechtliche Hürden durchlaufen müssen.

Ein weiteres Problem sieht Nieto in der fehlenden Koordination mit dem Festland. „Eine Begrenzung der Fahrzeugzahl auf Mallorca kann nur funktionieren, wenn sie auf nationaler Ebene abgestimmt wird. Andernfalls werden wir das Ziel, den Verkehr zu reduzieren, nicht erreichen.“ Die Entscheidung Mallorcas könnte somit an ihren technischen und juristischen Herausforderungen scheitern. Ob der Inselrat seine Vision einer Insel mit weniger Autoverkehr erreicht, wird sich zeigen – und die Frage, welche Konsequenzen der Plan für den Tourismus haben wird, bleibt ebenfalls unbeantwortet.