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Antonina Ricaurte hat Glück. Die 48-Jährige arbeitet als Zimmermädchen in einem Vier-Sterne-Hotel in Port d’Andratx auf Mallorca und kann sich nicht beklagen. Sie wird gut behandelt, die Arbeitsbelastung bleibt meist im Rahmen des Erträglichen und die Bezahlung ist in Ordnung. „Das ist aber die große Ausnahme”, sagt die Sprecherin des mallorquinischen Verbandes der Zimmermädchen. „In den meisten Hotels sieht es ganz anders aus.”

Dutzende Zimmer müssen die Frauen dort täglich unter großem Zeitdruck putzen. Häufig bleiben ihnen gerade einmal zehn Minuten, um das Bett zu machen, das Bad zu wischen und alles aufzuräumen. Viele der Frauen haben nur einen Tag pro Woche frei, Zeitverträge sind die Regel, im Winter wartet die Arbeitslosigkeit. Das größte Problem aber ist: Der Job macht auf Dauer krank.

Nach 15 Jahren hat Ricaurte zwei Schulteroperationen, sowie Eingriffe am Handgelenk, am Ellenbogen und am Sprunggelenk hinter sich. Damit ist sie keine Ausnahme. „Das liegt an den immer wiederkehrenden Bewegungsabläufen”, sagt sie. Rund 66 Prozent ihrer Kolleginnen litten unter ähnlichen gesundheitlichen Problemen.

So wie bestimmte körperliche Probleme etwa bei Kranführern, Fleischern oder Bergleuten offiziell anerkannt seien, so müsse das auch für Zimmermädchen gelten, sagt Ricaurte. Im Falle von anerkannten Berufskrankheiten springt die Berufsgenossenschaft ein und garantiert die Lohnfortzahlung in Höhe von 100 Prozent. Andernfalls zahlt im Krankheitsfall die Sozialversicherung – mit kräftigen Lohnabzügen.

Eine weitere Forderung ist die Möglichkeit zur Frühverrentung, wie sie in Spanien für andere Berufsgruppen gilt. „Es ist unmöglich, diesen Job bis 67 zu machen”, sagt Ángela Muñoz, eine der Gründerinnen des Verbandes der Zimmermädchen. „Wir sind Menschen, keine Maultiere.” Für die Frühverrentung sollten künftig 15 Beitragsjahre als Zimmermädchen ausreichen statt wie bisher 25, fordert Muñoz. „Gerade mit Zeitverträgen ist es praktisch unmöglich, 25 Beitragsjahre zusammenzubekommen.”

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Der Protest der Zimmermädchen zeigt mittlerweile Wirkung. Die Regierung in Madrid hat nun angekündigt, das Thema der Berufskrankheiten von Zimmermädchen angehen zu wollen. Zudem sollen Reinigungsfirmen verpflichtet werden, die im Hotelgewerbe gültigen Tarifverträge zu respektieren. Vor allem auf dem Festland verzichten immer mehr Hotels auf eigenes Reinigungspersonal, was zu Lohndumping und einer weiteren Verschärfung der Arbeitsbedingungen führt. „Das gibt es auch auf Mallorca”, sagt Antonina Ricaurte, „wenn auch nicht in dem Maß, wie in Madrid oder Barcelona.”

Ohnehin stehen die Zimmermädchen auf der Insel vergleichsweise gut da. Der hier gültige Tarifvertrag gilt als einer der arbeitnehmerfreundlichsten in Spanien. Ende vergangenen Jahres hatten sich Unternehmer und Gewerkschaften auf eine Lohnsteigerung von 17 Prozent im Laufe von vier Jahren geeinigt. „Das ist schön, wir sind dankbar dafür”, sagt Ricaurte, die rund 1300 Euro netto verdient. Das löse aber nicht das eigentliche Problem: Dass nämlich ihre Arbeit auf Dauer krank mache.

Die wichtigste Forderung der Zimmermädchen ist deshalb eine Reduzierung der Arbeitsbelastung. Die spanische Gesetzgebung sieht eine Evaluierung der beruflichen Gesundheitsrisiken durch die Hotels vor. Dieser Verpflichtung kämen viele Unternehmen jedoch nicht nach, die Kontrolleure der regionalen Arbeitsministerien wiederum würden allzu oft beide Augen zudrücken. So lange dieses Problem nicht gelöst sei, helfe auch eine Anhebung der Löhne nicht. „Das Plus beim Gehalt können wir dann dazu nutzen, mehr Schmerzmittel zu kaufen”, sagt Ricaurte sarkastisch.

Das Bewusstsein für die Belange der Zimmermädchen scheint jedenfalls zuzunehmen. Das bestätigt Antonina Ricaurte. „Seit wir auf unsere Probleme aufmerksam machen, merkt man auch eine Veränderung im Verhalten der Hotelgäste.” Es gebe zwar immer wieder mal welche, die sich danebenbenehmen und ihr Zimmer zumüllen. „Die meisten bemühen sich aber, uns die Arbeit zu erleichtern.”

(aus MM 34/2018)