Badende an der Playa de Palma. | Patricia Lozano

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Einem Paukenschlag gleich ist am Freitagabend vor einer Woche die Nachricht von der bundesdeutschen Reisewarnung für Mallorca auf der Insel bekannt geworden. Am Dienstag zogen Österreich und die Schweiz nach.

Mit Ausnahme der Kanaren hat die Bundesregierung ganz Spanien zum Risikogebiet erklärt und den Bürgern empfohlen, nicht nach „España” zu fliegen. Auch nicht nach Mallorca. Der Grund: Die Sieben-Tage-Inzidenz war auf den Balearen in den vergangenen Tagen leicht auf über 50 Fälle pro 100.000 Einwohner gestiegen. Am Dienstag (18. August) lag sie auf den Balearen bei 62,6, am Donnerstag (20. August) bei 61,4, teilte das spanische Gesundheitsministerium mit.

Für die Hotellerie auf der Insel ist die deutsche Entscheidung ein Fiasko. „Wir haben alles getan, um den Urlaubern einen sicheren Aufenthalt zu garantieren, und dennoch werden wir nun abgestraft”, sagt Gabriel Llobera, Präsident des balearischen Hotelkettenverbandes ACH. Die Branche habe aufwendig investiert in Covid-19-Schutzmaßnahmen, Desinfektionen und Mitarbeiterschulung. Das Gleiche gelte für andere Dienstleistungsträger wie Busunternehmer, Mietwagenverleiher, Gastronomie. Die Reisewarnung und das Ausbleiben von Gästen sei somit „eine sehr schlechte Nachricht” für den Sektor.

Und dabei sei es im Hoteltourismus auf Mallorca zu keiner nachgewiesenen Infektion gekommen, betont Llobera. Der einzige bekannte Fall sei ein Festlandspanier gewesen, der bereits erkrankt nach Menorca geflogen war. Er wurde entdeckt und isoliert. Nach Lloberas Worten haben nicht die deutschen Urlauber auf Mallorca für steigende Fallzahlen gesorgt, sondern – zu seiner Verärgerung – lokale Zirkel von Einheimischen, insbesondere junge Menschen, die in großen Gruppen zu Privatpartys oder Familienfeiern zusammenkamen.

Wie auch das balearische Gesundheitsministerium betont, sind viele der festgestellten Fälle frei von Symptomen. Zudem seien, so Llobera, die Fallzahlen in die Höhe gegangen, weil viel mehr getestet und gezielt nach Kontaktpersonen gesucht wurde. „Das waren keine Ausbrüche, sondern ein Aufspüren von Infizierten, die gar nicht wussten, dass sie das Virus in sich tragen.” Llobera kritisiert, dass die spanische Regierung die gute Vorsorge- und Eindämmungsleistungen der Behörden auf Mallorca unzureichend kommuniziert habe – insbesondere an die deutschen Stellen in Berlin, die dann die Reisewarnung aussprachen.

Mit seiner Kritik an der getroffenen Entscheidung steht Llobera nicht alleine. In Deutschland nannte der Reisekonzern Tui die pauschale Warnung fragwürdig, weil große Teile der Insel von der Pandemie nur minimal betroffen seien. Es wäre besser gewesen, das Auswärtige Amt hätte eine begrenzte Reisewarnung, etwa für Orte wie Palma oder Magaluf verhängt, wo die erhöhten Fallzahlen festgestellt wurden.

„Es gibt keinen Grund, die ganze Insel mit der Reisewarnung zu belegen”, sagt auch der Tourismusexperte Professor Karl Born. Die deutschen Behörden würden zweierlei Maß anlegen: Im eigenen Land werden bei einer Überschreitung der Inzidenz lediglich lokale Beschränkungen ausgerufen, etwa für Wohnblöcke oder Stadtviertel. Im Falle Mallorcas wurde jedoch das gesamte Eiland mit der Reisewarnung belegt. „Das ist nicht verhältnismäßig – und eine Katastrophe für die gesamte Tourismusbranche.”

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Nach Borns Worten herrscht in deutschen Medien und bei Politikern derzeit eine „negative Grundstimmung gegen Mallorca”. Die Inselurlauber werden pauschal als „Buhmänner” hingestellt, die angeblich Infektionen nach Hause bringen. „Das ist vollkommen unangebracht.” Denn insbesondere bei Reiserückkehrern aus Balkanstaaten werden viel höhere Infektionsraten festgestellt. Notwendig sind, so Born, eine konsequente Kontrolle bei der Einreise an deutschen Airports. Doch dort schließen die Schalter teilweise noch vor Ankunft der Abendmaschinen. Und: „Es kann sich jeder ohne große Mühe vor dem Test drücken.”

Auch deutsche Inselresidenten kritisieren den Berliner Schritt. „Die Entscheidung ist ungerecht. Mallorca lebt vom Tourismus, das ist nicht berücksichtigt worden”, sagte die Auswanderer-Beraterin Doris Kirch.

Medien berichten, dass Ryanair und andere Airlines eine Reduktion der Inselverbindungen um bis zu 40 Prozent für September ankündigen. Immerhin wollen Lufthansa und Eurowings ihre Flugkapazitäten nach Mallorca beibehalten. Das liegt, so der Airline-Experte Cord Schellenberg, daran, dass deutsche Finca-Besitzer meist mit diesen Linien zu ihren Feriensitzen fliegen.

Der Chefredakteur des Tourismusfachmagazins „fvw”, Klaus Hildebrandt, glaubt, dass ungeachtet der Reisewarnung Immobilieneigentümer und Individualtouristen auch weiterhin die Insel anfliegen werden. „Es gibt Leute, die reisen wollen. Zudem sind Nord- und Ostsee ausgebucht, die Preise dort gestiegen.” Sollte die Reisewarnung bald fallen, könnte Mallorca im Oktober punkten. Denn: „Die Herbstferien sind von ihrem Reiseaufkommen für die Tourismusbranche fast genauso wichtig wie die Sommerferien.”

Auch die Hoteliers auf Mallorca wollen die Hoffnung nicht aufgeben. Zum einen will die spanische Tourismusministerin Reyes Maroto in Deutschland für eine rasche Rücknahme der Reisewarnung werben.

Zum anderen kündigte ACE-Chef Llobera an, dass nicht jedes Hotel schließen werde, sondern manches im „Stand-by”-Modus verharre, um im Herbst wieder hochfahren zu können. Alltours, größter deutscher Bettenanbieter auf Mallorca, teilte mit, seine Häuser geöffnet zu halten. Eine Reisewarnung sei „ja kein Reiseverbot”, zitierte Alltourschef Willi Verhuven Bundesaußenminister Heiko Maas und fügte hinzu: „Wir überlassen es den Kunden, ob sie ihren Urlaub auf Mallorca verbringen möchten.”

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