Mallorca Magazin: Wann kamen Sie erstmals mit der Insel in Berührung? Maria Margarete Gosse: Das war 1996, als ich am deutschen Generalkonsulat in Barcelona tätig war. Schon damals war Mallorca für viele Deutsche ein absolutes Traumziel. Ich hatte regelmäßig beruflich mit der Insel zu tun und nutzte später die Gelegenheit, sie auch privat kennenzulernen. Die Faszination, die Mallorca auf viele Menschen ausübt, konnte ich sehr gut nachvollziehen. Die Schönheit der Landschaft, das angenehme Klima und die herzliche Gastfreundschaft machten die Insel zu einem besonderen Ort.
MM: Wie hat sich Ihr Eindruck seither verändert? Gosse: Die Entwicklung Mallorcas ist beeindruckend. Der Tourismus hat in den vergangenen Jahrzehnten enorm zugenommen und die Insel wirtschaftlich stark vorangebracht. Gleichzeitig ist Mallorca internationaler geworden, nicht nur durch Touristen, sondern auch durch viele Menschen, die hier dauerhaft leben oder arbeiten. Trotz dieser Veränderungen hat die Insel ihren einzigartigen Charme bewahrt. Natürlich gibt es Herausforderungen, vor allem im Bereich Nachhaltigkeit, aber ich bin überzeugt, dass Mallorca den richtigen Weg findet.
Vize-Chefredakteur Alexander Sepasgorian (l.) und MM-Redakteur Andreas John im Gespräch
MM: Muss man als Deutscher wegen den zunehmenden Protesten der Bevölkerung gegen die Auswirkungen des Massentourismus auch in anderen spanischen Feriengebieten wie den Kanaren ein schlechtes Gewissen haben, wenn man hier Urlaub machen möchte? Gosse: Nein, ein schlechtes Gewissen ist nicht angebracht. Der Tourismus ist ein enorm wichtiger Wirtschaftsfaktor für Spanien und macht rund 14 Prozent des spanischen Bruttoinlandsprodukts aus. Millionen von Arbeitsplätzen hängen direkt oder indirekt mit dem Tourismus zusammen. Spanien ist ein offenes und gastfreundliches Land, das deutsche Besucher nach wie vor mit großer Herzlichkeit empfängt. Natürlich sollte jeder Tourist verantwortungsvoll handeln und respektvoll mit der Umwelt und der lokalen Bevölkerung umgehen. Nachhaltiger Tourismus ist ein Thema, mit dem sich sowohl Deutschland als auch Spanien intensiv beschäftigen müssen.
MM: Gibt es Forderungen an die Botschaft zur Regulierung des Tourismus? Gosse: Nein, solche Forderungen erreichen uns nicht. Die Diskussion über eine mögliche Begrenzung der Besucherzahlen wird auf regionaler Ebene geführt. Die Balearen-Regierung ist sich bewusst, dass ein Gleichgewicht gefunden werden muss zwischen wirtschaftlicher Abhängigkeit vom Tourismus und dem Schutz der natürlichen Ressourcen. In bestimmten Regionen, insbesondere in Naturschutzgebieten oder stark frequentierten Orten, könnten Maßnahmen zur Begrenzung sinnvoll sein – ähnlich wie in anderen beliebten Reisezielen, etwa in den Alpen. Wichtig ist, dass diese Entscheidungen gut durchdacht und langfristig tragfähig sind.
MM: Wie sehen Sie den Party-Tourismus deutscher Urlauber? Gosse: Es gibt immer wieder Schlagzeilen über Exzesse, aber das betrifft nur einen kleinen Teil der deutschen Urlauber. Die überwiegende Mehrheit verhält sich respektvoll gegenüber der Insel und ihren Einwohnern. Gleichzeitig hat die balearische Regierung bereits Maßnahmen ergriffen, um Auswüchse des exzessiven Party-Tourismus einzudämmen, etwa durch strengere Regeln für den Alkoholkonsum in bestimmten Zonen. Es geht darum, ein gesundes Gleichgewicht zu finden: Mallorca soll weiterhin ein Ort sein, an dem man sich entspannen und genießen kann, aber ohne negative Begleiterscheinungen für die Anwohner.
MM: Wäre es sinnvoll, Mallorca als „sensibles Gebiet“ einzustufen, um Tourismuszahlen oder insbesondere die Zahl der Immobilienkäufe zu deckeln? Gosse: Diese Entscheidung liegt bei den balearischen Behörden. Die Insel lebt vom Tourismus, aber ihre Ressourcen sind begrenzt. Es geht nicht darum, Touristen fernzuhalten, sondern um nachhaltiges Wachstum. Eine kluge Stadt- und Regionalplanung kann dabei helfen, Überlastung zu vermeiden. Auch beim Thema Immobilienkäufe gibt es Diskussionen, aber Maßnahmen müssen rechtlich fundiert und verhältnismäßig sein.
Hinweis:Das vollständige Interview mit der deutschen Botschafterin Maria Margarete Gosse in Spanien lesen Sie in der kommenden MM-Printausgabe am Donnerstag 13. März.
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