Der Boden ist mit Puzzlematten ausgestattet, die Steckdosen vorsorglich mit Kindersicherungen versehen, ein Wickeltisch steht bereit und unter der großen Fensterfront ist eine Bewegungslandschaft aufgebaut, inklusive Rutsche, Spieltunnel und Pezzibällen.
„Kinder brauchen Bewegung! Krabbeln, hochziehen, balancieren – all das ist wichtig für die Motorik, die Kraft, die Ausdauer und das eigene Körpergefühl. Beim Kinderturnen fördern wir die ganzheitliche Bewegung spielerisch und stärken die sozialen Fähigkeiten. Hier entstehen Freundschaften fürs Leben – und das nicht nur bei den Kindern”, erzählt Caroline Bartmann und strahlt dabei über das ganze Gesicht. Die 26-Jährige aus Köln leitet seit Februar das „Mamallorca” in Llucmajor, ein neues Zentrum für die Förderung frühkindlicher Bewegung, das bald auch zum Familien-Wohnzimmer werden soll: „Unser Ziel ist es, Eltern einen geschützten Raum zu geben, in dem sie sich austauschen können, während die Kinder herumtoben”, so Bartmann. Die Brasilianerin zog als junges Mädchen nach Köln und kam mit Ehemann Leon und Sohn Raphael vor eineinhalb Jahren während der Elternzeit nach Mallorca. Wie so viele wollte die junge Familie eigentlich nur eine schöne Zeit auf der Insel verbringen und ist dann doch irgendwie hier geblieben. „Mir fiel sofort auf, dass hier eine große Nachfrage an Kinderturn- und Spielangeboten besteht. In Deutschland gibt es so etwas an jeder Ecke, in Spanien ist das Konzept noch nicht sehr bekannt.”
Unbekannt ist es aber auch nicht: Spielgruppen für Eltern und Kinder gibt es sogar staatlich gefördert und für Teilnehmer gratis in Manacor und Capdepera. Auch in Llucmajor werden bereits seit fünf Jahren regelmäßige Spieltreffs von der Gemeinde organisiert. Im Unterschied zu Mamallorca richtet sich das Angebot bisher an Familien aus der jeweiligen Gemeinde, freie Plätze sind rar. „Mamallorca gibt es erst seit ein paar Wochen, aber schon jetzt haben wir inselweit Stammkunden und viele Anfragen”, erzählt die Gründerin stolz. Ist das steigende Angebot an Spiel- und Turngruppen einem coronabedingten Babyboom geschuldet? Wohl kaum, berichtet das spanische Statistikamt INE doch von einem Geburtenrückgang: Im Januar 2021 kamen 19 Prozent weniger Babys zur Welt als noch im Vorjahresmonat. Eher ist es die steigende Nachfrage an der Förderung frühkindlicher Bewegung und das Bedürfnis, Gleichgesinnte zu treffen, wie Simone Schweitzer bestätigt: „Das ist eine ideale Möglichkeit, um mit dem Kind in sicherer Umgebung zu turnen, und ein super Treffpunkt, um andere Eltern kennenzulernen, gerade nach der Corona-Situation.” Mit ihrem Mann und Tochter Soé hat Schweitzer das „Freien Turnen” besucht, ein Kurs, der bei Mamallorca aktuell zweimal wöchentlich für Kinder im Alter von einem bis vier Jahre stattfindet. „Caro achtet besonders viel auf Details, das gefällt mir sehr gut. Es gibt Pampers und Babybrei, falls man mal was vergessen hat, und sie nimmt sich beim Turnen viel Zeit für jedes Kind. Meinem Mann hat es so viel Spaß gemacht, dass er das Kinderturnen ab jetzt übernimmt.”
Mit ihren 14 Monaten wird Soé bald bei den „Äffchen” mitmachen, eine Turngruppe für acht bis 18 Monate alte Sprösslinge. Dauer: 60 Minuten, Einzelpreis: 14 Euro. Wer sich für das „Sparpaket” entscheidet, kann den Acht-Wochen-Kurs für 99 Euro buchen. Babys ab sechs Wochen landen bei den „Schneckchen”, ein Kurs mit Bewegungsspielen, Kinderliedern und Babymassagen. Wiederum für ältere Kinder (18 Monate bis drei Jahre) gibt es den Kurs „Pferdchen”. Weitere Informationen sowie den Link zur Anmeldung finden Interessierte auf der Website www.mamallorca.es .
Die Eltern sind beim Turnen immer dabei. Ab März gibt es außerdem Yogakurse für Schwangere und frisch gebackene Mamas, und in Zukunft möchte Bartmann das Studio zudem für Seminare und Workshops nutzen: „Ich werde Experten einladen und Eltern so die Möglichkeit geben, sich zu bestimmten Themen zu informieren.” Den Start soll schon bald eine Kinderkrankenschwester machen, die sich den Fragen unsicherer Mamas und Papas stellt, während die Kinder unter Aufsicht zusammen spielen. Auch Ausflüge und Events plant die ambitionierte junge Mutter, darunter Spieltage am Strand, Picknicks oder auch das hierzulande weniger bekannte Eierbemalen zu Ostern.
„Mamallorca soll eine Brücke zwischen den Kulturen schlagen. Gerade während der Lockdown-Zeit hatten deutsche Eltern auf Mallorca nur selten Gelegenheit, mit spanischen Familien in Kontakt zu treten.” Mit Absperrband umzäunte Spielplätze, geschlossene Schulen, Vereine und Kindergärten, Ausgangssperre und Kontaktverbote –die vergangenen zwei Jahre haben gerade bei den Jüngsten deutlich Spuren hinterlassen, sagt Bartmann „Die Pandemie beeinträchtigt die kognitiven, motorischen und sozialen Fähigkeiten von Kindern ungemein! Das können wir natürlich von heute auf morgen nicht wieder gut machen. Aber wir machen einen Anfang.”
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