"Die traditionellen Trachten“, sagt Gabriel Hernandez Rosselló, „sind im Alltag Mallorcas vollständig verloren gegangen. In den 50er und 60er Jahren, mit dem touristischen Boom, hat dieser Brauch aufgehört. Die Mallorquiner wollten von nun an nur noch mit der Mode gehen.“ Gabriel Hernandez (32) arbeitet in einem Architekturbüro und ist, gemeinsam mit seiner Frau Catalina Barceló, an der „Escola de Música i Dansa“ für die Kleidung verantwortlich, die die Gruppen der Volkstanzschule tragen. Durch intensive Beschäftigung mit dem Thema und durch Studien ist er im Laufe der Jahre zum Fachmann geworden. Er hat die Zeichnungen von Cristobal Vilella aus dem Jahr 1769 ebenso studiert wie die des österreichischen Erzherzogs Ludwig Salvator, die von Gaston Veuillier (1890) oder die Forschungen der Folklore-Vereinigung „Sarau Alcudienc“, deren Arbeit noch anhält. „Was wir heute an Trachten in der Öffentlichkeit sehen, stammt alles aus dem 19. Jahrhundert und wurde darüber hinaus auch immer wieder verändert, am längsten haben die Frauen das traditionelle Outfit beibehalten“, sagt Gabriel Hernandez. „Im Grunde genommen wird volkstümliche Kleidung nur noch bei Aufführungen von Folkloregruppen getragen.“ Er weist darauf hin, dass die typisch mallorquinischen Trachten fast ausschließlich die Kleidung der bäuerlichen Gesellschaft waren: „In den vergangenen zwei bis drei Jahrhunderten orientierten sich die Mitglieder des hiesigen Adelsstandes an der französischen und spanischen Aristokratie. Es gab großen Standesdünkel, der sich auch in der Kleidung äußerte.“ Aus der gleichen Zeit wie die Tänze, die man heute auf Mallorca sieht, stammt auch die Kleidung, die sich zunächst nur wenig veränderte. Ihr typischster Bestandteil war der Rebosillo. Diese Kopfbedeckung ist eine Mischung zwischen Haube und Kopftuch: „Dieses Kleidungsstück wirkt fast noch mittelalterlich“, sagt Hernandez. „Da der Rebosillo immer unter dem Kinn zusammengehalten wurde, konnten die Frauen weder Ohrringe noch Ketten tragen. Dadurch blühte der Brauch der Knöpfe, sowohl an den Ärmeln als auch am Mieder. Durch ihre Knöpfe aus Silber, Perlmutt oder Gold, die oft von Generation zu Generation vererbt wurden, zeigten die Frauen ihren Wohlstand. Oder eben auch nicht.“ Nach den finanziellen Möglichkeiten richtete sich auch die Wahl des Stoffes: Wie der Rebosillo, so der Rock – mal aus Baumwolle oder Leinen, mal auch Seide oder gar Brokat. „Erst im Laufe der Jahrhunderte wurde der Rebosillo immer transparenter, immer feiner, immer durchsichtiger. Im 19. und 20. Jahrhundert wurde er gelegentlich nur noch aus Spitze gefertigt und unter dem Kinn mit einer stets größer werdenden Schleife verschlossen“, erzählt Hernandez.
Trachten: Knöpfe als Zeichen des Wohlstands
Hauben, Schürzen und lange Gürtel:Mallorquinische Trachten stammen aus der bäuerlichen Gesellschaft. Mit dem Aufkeimen des Tourismus sind sie fast völlig verloren gegangen
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