Wenn es Nacht wird in La Mola, wird es finster.
In der Urbanisation, in der sich eine Luxusvilla an die andere
reiht, gibt es keine Straßenbeleuchtung. Hier und dort steht zwar
eine Laterne, funktionstüchtig ist aber keine. Nicht der einzige
Mangel: Die Straßen sind in einem erbarmungswürdigen Zustand und
würden vermutlich auch in Bangladesh als renovierungsbedürftig
angesehen. Immerhin wird klar, warum großrädrige Geländewagen bei
den Bewohnern der Luxusurbanisation so beliebt sind: Alle paar
Meter tut sich im Asphalt ein tiefes Schlagloch auf. Unkraut
wuchert von rechts und links, um sich das einst von Menschenhand
abgerungene Terrain zurückzugewinnen.
"Ich warte nur darauf, dass der ganze Berg irgendwann
zusammenbricht", sagt Johann Ertl, Chef im Wirtshaus von La Mola.
Der gebürtige Österreicher hat Mallorca satt und will die Insel
möglichst bald verlassen. 3600 Euro zahlt er jährlich für die
Mülltonne schräg gegenüber. Benutzt wird sie aber auch von den
Bewohnern des Hügels - die Müllabfuhr kommt nur selten nach La
Mola. Auf dem Brachland ein paar Schritte von seinem Lokal entfernt
lebt eine Katzenkolonie. Hunderte. "Und dann kommen die
Millionärinnen mit ihrem Butler und füttern die auch noch",
schimpft Ertl. Im Sommer stinkt es nach Fäkalien. Da es kein
Abwassersystem gibt, müssen sich die Villenbesitzer mit
Sickergruben zufrieden geben. "Versickern tut da aber nichts", sagt
Ertl: "Ist doch alles Fels."
Unten am Hafen hat Heidi Lübke eine Boutique. Die deutsche
Geschäftsfrau lebt seit Langem in Andratx und kennt die Sorgen der
Dorfbewohner. "Endlich wird es eine Infrastruktur geben, die dem
Wert der Immobilien angemessen ist", sagt sie. "Die Leute freuen
sich." Dann muss auch der Wasserwagen nicht mehr ausrücken, wenn in
La Mola die Vorräte zur Neige gehen. Auch Wasserleitungen gibt es
dort oben nicht.
Bald soll all das besser werden. Die Gemeindeverwaltung hat
angekündigt, alle zehn Urbanisationen des Ortes innerhalb von zwei
Jahren mit einer modernen Infrastruktur auszustatten. Schon im
Frühjahr sollen die Bauarbeiten losgehen. Es wird laut in La Mola
und den anderen Siedlungen.
Die Gründe für den auffallenden Gegensatz zwischen Luxus auf der
einen und Verfall auf der anderen Seite der Grundstücksgrenzen
liegen weit zurück. Zum Teil wurden die Urbanisationen vor
Jahrzehnten erschlossen. Verantwortlich für den Bau der
Infrastruktur waren die damaligen Bauunternehmer, die ihrer
Verpflichtung aber nicht nachkamen und heute zum Teil nicht mehr
existieren. Darum hat die offizielle Bauabnahme durch die Gemeinde
in den Urbanisationen bis heute nicht stattgefunden. Der
Gemeinderat hat nun beschlosssen, in die Bresche zu springen und
für Kanalisation, Straßenbeleuchtung, Telefonanschlüsse und
Instandhaltung zu sorgen. Die Kosten werden auf die Anwohner
umgelegt.
Es gibt aber auch Kritik an der frohen Botschaft. Zum Beispiel
von Günter Rusch, einem der größten Bauunternehmer am Ort. "Schön,
dass sie sich im Rathaus endlich dazu aufgerafft haben", sagt er.
"Die Bauarbeiten könnten aber viel schneller erledigt werden, als
in den veranschlagten zwei Jahren."
Für Rusch hängt vom Ausbau der Infrastruktur in den
Urbanisationen nicht weniger als seine geschäftliche Zukunft ab.
Denn solange das Projekt nicht abgeschlossen ist, vergibt die
Gemeindeverwaltung von Andratx keine Baulizenzen mehr in den
Urbanisationen. Das schreibt der mallorquinische Territorialplan
von 2006 so vor. Gebaut werden darf nur dort, wo es eine
funktionierende Infrastruktur gibt. 30 Beschäftigte habe er noch,
sagt Rusch. Im Jahr 2007 seien es 200 gewesen. Die letzten
verbliebenen wird er im Frühjahr auch noch entlassen müssen. Ohne
Lizenzen keine Arbeit. "Wenn die das Projekt wirklich erst in zwei
Jahren fertigstellen, dann können wir frühestens in drei Jahren
wieder mit dem Bauen anfangen", sagt Rusch.
1 Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.