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Ein Schnurren, ein Rattern, ein Klacken liegt in der Luft, lässt einen kaum sein eigenes Wort verstehen. Vor und zurück schieben sich die fünf massigen Webstühle aus dunklem Metall. Blitzschnell schießt das Schiffchen durch die 1100-Faden dichte Decke, verkettet sie zu einem robusten Stoff. Prüfend lässt Guillermo Bujosa seine Finger über das 70 Zentimeter breite Gewirkte gleiten, auf dem ein flammenartiges Muster in Blau entsteht.

Der Familienbetrieb Bujosa ist einer der wenigen Werkstätten Mallorcas, in denen noch Stoffe auf Handwebstühlen hergestellt werden. Der Großteil des edlen Textils trägt ein rautenförmiges Muster. „Tela de Lengua” nennen die Mallorquiner diese Stoffart. „Das Typische an diesem Muster ist, dass es an den Kanten verläuft, geradezu hochflackert – wie eine Feuerzunge”, erklärt Guillermo. Das Muster ist etwas ur-mallorquinisches, wenngleich man im Orient manchmal auf ähnliche Flammen-Zeichnungen treffen könne.

,Ikat' nennt sich unsere Webetechnik und ursprünglich kommt sie wohl aus Indonesien”, sagt Guillermo und erzählt, die „Telas de lengua” gingen noch auf die Zeit der Seefahrerei zurück. Schiffe brachten Stoffe mit diesem Muster auf die Insel, es gefiel – und wurde kopiert. Heute gibt es neben der Weberei Bujosa in Santa Maria del Camí nur noch eine weitere in Pollença und Lloseta.

Guillermos Großvater, einst Angestellter einer Stofffabrik, eröffnete 1948 seine eigene kleine Werkstatt. Schon als kleiner Junge spielte Guillermo hier zwischen den Webstühlen, lernte, die komplizierten alten Metallkolosse, die den dunklen Raum komplett ausfüllen, in Schuss zu halten.

Einmal die Woche ist „Färbetag” in der Werkstatt: Dann heizen Guillermo, sein Vater und seine Schwester im Patio die großen Steinzuber mit Farblösungen an. An Stangen werden die Fadenbündel in das Farbbad gehängt: An vielen Stellen sind sie eng umwickelt, damit sie dort keine Farbe annehmen – heraus kommen Fäden, die nur abschnittsweise eingefärbt sind.

Diese farbig gemusterten Kettfäden – die Schussfäden sind immer weiß – sind das Geheimnis des Stoffes. Sind sie in der schwarz-gusseisernen und mit Mandelschalen geheizten Schleuder getrocknet, beginnt die Feinarbeit: Sie müssen, über eine riesige Spulen gezogen, einzeln geordnet werden. So ergibt der gleiche Faden, einmal nach oben, einmal nach unten verschoben, das Muster. Jeweils 1100 Fäden fädelt Guillermo flink in den Webstuhl: „Das ist eine ganz schöne Feinarbeit, aber wir müssen es nur einmal am Anfang machen – neue Fäden legen wir dann automatisch über eine kleine Maschine ein, die die neuen Fäden mit den alten verknüpft.”

Rund 50 Meter Stoff kann er pro Tag weben, in einem Webstuhl hat er immer Seide eingespannt, in einem anderen festes Leinen. „Rund 90 Prozent unserer Ware verkaufen wir auf der Insel”, sagt er. Die „Telas de Lengua” seien am meisten gefragt, vor allem in Blau und Olive. Aber im großen Stofflager nebenan hat er auch Streifenstoffe, einfarbig Gewirktes. „Vieles produzieren wir speziell auf Anfrage” – denn sieht die „Tela de Lengua” auch auf den ersten Blick fast gleich aus, jede Musterung ist ein Unikat und die Anordnung der Kettfäden ist ein Geheimnis, durch das sich die eine von der anderen Werkstatt unterscheidet. Guillermo ordnet die Fäden noch im Stil des Großvaters. Übrigens: Dass die Stoffe handgewebt sind, erkennt man daran, dass Vorderund Rückseite das gleiche Muster aufweisen. Ist ein Stoff nur bedruckt, ist seine Rückseite deutlich heller.

Bujosa, Bernardo Santa
Eugenio 53, Santa María del
Camí, Tel. 971-620054